Schweizer Studie 2012: KMU’s holen auf, Social Media Marketing dominiert, Potential nicht ausgeschöpft.

Die Bernet ZHAW Studie 2012 zeigt, wie Schweizer Unternehmen, NPO’s und Behörden in den sozialen Medien engagiert sind. Marcel Bernet, Inhaber von Bernet_PR und Guido Keel, Dozent und Medienwissenschaftler am Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW, haben im Dezember 5‘400 Unternehmen online befragt. An dieser bisher breitesten Stichprobe haben 419 Organisationen (7%) teilgenommen. Auffällig ist dieses Jahr die starke Beteiligung von KMUs mit einem Anteil von 54%, NPO’s waren mit 9% vertreten, jede vierte Antwort kam aus dem Kreis von Behörden, Politik und Verbände. Dieser Mix ergibt innerhalb der Erhebung interessante Vergleiche zur Herangehensweise an die Kommunikation im Social Web.

Ich habe die Studie gelesen und einige Resultate herausgepickt, die ich aus meiner Perspektive kommentiere:

Verhältnis von Aufwand zu Nutzen: Ernüchterung macht sich breit

Mehr als die Hälfte der Befragten schätzt den Aufwand für Social Media höher ein, als den daraus entstehenden Nutzen. Setzt man dies ins Verhältnis damit, dass 54% der Befragten ein Jahr oder weniger dabei sind, kann man davon ausgehen, dass sie noch an der Entwicklung von Arbeitsroutinen und internen Prozessen sind und die Früchte ihrer Arbeit bisher noch nicht ernten konnten. PR im Social Web ist Aufbauarbeit!

Mangelndes Interesse als eine der grossen Herausforderungen

Neben dem grossen Aufwand (43%) sehen sich Organisationen durch das mangelnde Interesse der Empfänger (32%) konfrontiert. Ich höre das zwar in dieser Form das erste Mal, bin aber nicht überrascht. Meist treffe ich im Gespräch eine Ideenlosigkeit an, was die Kommunikation zum eigenen Unternehmen oder Produkten angeht. Schliesslich ist ja alles schon mal gesagt worden und das Produkt ist meist zu wenig sexy, als dass es das Publikum in Massen anziehen würde. Die Antwort ist Storytelling. Jedes Produkt und jede Dienstleistung hat im Verlaufe der Entstehung von der Idee, über die Produktion bis zur Verwendung beim Kunden etliche Geschichten aufzuweisen. Oft ist dies eine Frage der Perspektive und der Distanz. Wer im Social Web zuhört, also Monitoring betreibt und den Austausch pflegt, nutzt die Chance auch andere, vielleicht gar überraschende Sichtweisen auf die eigene Leistung zu erhalten.

KMU’s nutzen das Potential noch nicht aus

Ein beeindruckender Teil der Umfrage-Teilnehmer verhält sich passiv (34%) wobei hier nicht herauskommt, ob wenigstens ein Monitoring gemacht wird, was ich dringend empfehlen würde. 33% sind noch am entnommen aus dem pdf der StudieExperimentieren. Lediglich ein Drittel der Befragten setzt Social Media ernsthaft ein oder rückt die Online-Kommunikation gar ins Zentrum. Das lässt auf jede Menge ungenutztes Potential schliessen. Dass sich KMU’s mit dem Schritt ins Social Web schwer tun ist zumindest aus Sicht ihrer Ressourcenlage nachvollziehbar. Ich vermute zudem, dass viele KMUs, abgesehen von ein paar Inseraten oder Mailings, bisher keine systematische PR betrieben haben. Jetzt fühlen sie den Druck, „auch bei Facebook zu sein“ und haben Schwierigkeiten, ihre bisher marginale Kommunikation ins Social Web zu verlängern. Hier appelliere ich an eine ehrliche Einstellung zur Bereitschaft, Ressourcen für die Kommunikation und den Dialog bereitzustellen – oder sich bewusst für die Minimallösung, ein einfaches Monitoring, zu entschliessen. Social Media sind gratis, der Erfolg aber nicht umsonst.

Strategie zum ersten, zum zweiten, zum dritten

Vor einem Jahr gaben 22% der Befragten an, eine Strategie zu haben, jetzt hat sich die Zahl auf 53% mehr als verdoppelt. Meine Erfahrung zeigt, dass – abgestimmt auf die Ziele – vorerst eine provisorische Strategie reicht. Über die Hälfte der Teilnehmer ist ein Jahr oder weniger lang dabei und hat vermutlich jetzt so langsam erfasst, was geht und was nicht. Sie wissen, welche Ziele realistisch sind und sind soweit, dass sie ihre erste holzschnittartige Strategie schärfen können. Möglicherweise geht es auch darum, die Erwartungen zu korrigieren, denn was die Organisation im Social Web plant und was die Community fordert stimmt oft nicht überein. Die meisten Unternehmen gehen ins Social Web auf Kundenjagd, dass die Online-Kommunikation noch ganz andere Facetten haben kann, eröffnet sich ihnen meist erst bei der Umsetzung.

Integration in die Prozesse dauert

Bei den meisten Unternehmen und Organisationen ist die Integration gar nicht (16%) oder wenig (31%) sichergestellt. Immerhin 39% melden ein halbwegs zufriedenes „ziemlich integriert“. Damit stehen sie im Vergleich zu US-amerikanischen Unternehmen ähnlich da, die auch bei längerem Einsatz auf einem Wert von „ziemlich“ landen. Wenn man sich überlegt, wie ein vordergründig harmloses Unterfangen wie einen Facebook-Account zu eröffnen zu einer veritablen Knacknuss für die Organisation werden kann, muss man das langsame Voranschreiten nicht nur verstehen, sondern selber in Kauf nehmen. Wer beantwortet die Fragen zu den Produkten? Wie geht man mit Reklamationen um? Welche Antworten hat man für den entlassenden Mitarbeiter bereit, der sich plötzlich auf der Wand zu Wort meldet? Meist reicht die PR-Abteilung nicht mehr aus, eine breitere Abstützung und interne Abstimmungs-Prozesse werden nötig. Und da es letztlich immer Menschen sind, die sich anpassen und verändern sollen, kann das dauern, denn damit tun sie sich bekanntlich schwer.

Die Kunden im Visier, und dann lange nichts mehr

Nach dem externen Dialog (86%) und Image/Reputation (68%) folgt auf dem dritten Platz die Information über Produkte. Und die Folgefrage verdeutlicht das Bild: 79% wollen potenzielle Kunden und 76% Kunden ansprechen. Das ist zwar völlig verständlich, zumal dieses Jahr die ROI-Diskussion im Zusammenhang mit

den sozialen Medien in Schwung kommt. In der klassischen PR kennen wir aber über den Absatzbereich hinaus noch andere wesentliche Zielgruppen wie Investoren, Medien, Interessensverbände, politische Gruppierungen, Behörden und allen voran natürlich die Mitarbeiter. Menschen sind auch im Web in unterschiedlichen Rollen unterwegs. Und nicht immer sind sie nur Konsumenten, die sich durch ihre persönliche Maslow-Pyramide durchbeissen. Meist sind sie auch Menschen, die je länger je mehr auch über Büroschluss hinaus ihren beruflichen Hut aufhaben. Ihnen allen präsentieren sich Unternehmen im Social Web und sie sollten sich bewusst werden, dass sie weit mehr zu sagen haben, dass sie gute Produkte verkaufen, denn davon kann der Konsument ja hoffentlich ausgehen.

Die ganze Studie Bernet ZHAW Studie 2012 gibt es hier zum Download.  (pdf)

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