Anleitung zur Redaktionsroutine im Social Web

Wie verläuft die Redaktionsroutine in der Unternehmenskommunikation? Diese Frage ist zentral, denn Soziale Medien verändern die Art und Weise, wie Unternehmen und NPOs online mit ihren Zielgruppen kommunizieren. PR im Social Web ist aber auch in Bezug auf die Aufbereitung von Content komplexer geworden. Welche Medien und Kanäle eignen sich für die gewählten Inhalte? In welche Geschichten verpacken wir die harten Fakten, damit sie beim Publikum ankommen? Zeigen wir Hintergründe und Zusammenhänge mit Text und Bild oder braucht es ein Video, einen Podcast oder Infografiken? Ist das, was wir zu sagen haben, überhaupt resonanzfähig, das heisst fachlich fundiert, verständlich formuliert und für das Publikum interessant? Wer spricht? Worüber? Mit wem?

Intergriert, crossmedial und vernetzt: So habe ich die drei Dimensionen moderner PR definiert und im Kommunikationswürfel zusammengefasst, der auch in der dritten Auflage von PR im Social Web beschrieben ist. Mit meinen Kunden bin ich einen Schritt weiter gegangen und habe diesen Ansatz in die Praxis umgesetzt. Daraus ist eine Anleitung entstanden, wie eine interne Redaktionsroutine gestaltet werden kann:

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Sie trägt diesen Veränderungen Rechnung:

  • Die Kommunikation wird breiter abgestützt: Prozesse müssen entweder neu definiert, hinterfragt oder professionalisiert werden. Interne Kommunikation und Zusammenarbeit, sowie der Abbau von Silos sind für den Erfolg entscheidend.
  • Reines Broadcasting wird abgelöst durch Zuhören. Monitoring und eine systematische Erfolgskontrolle im Hinblick auf die Zielerreichung werden zur Daueraufgabe.
  • Die PR-Stelle wird zum Newsroom: Sie sammelt, gewichtet und entscheidet was auf die Agenda gesetzt wird. Dabei entscheidet sie nach journalistischen Kriterien über Mittel und Kanäle und sorgt auch für die Verbreitung.

Abläufe und Zuständigkeiten müssen definiert und gelebt werden. Beisst sich eine solche Redaktionsroutine mit der raschen, spontan wirkenden Kommunikation in den Sozialen Medien? Nein! Denn sie entspricht der folgenden Maxime aus meinem früheren Beitrag zum Thema Snackable Content: “Sei strategisch im Vorgehen, bleibe aber flexibel in der Umsetzung”.

Monitoring: online und social sind Pflicht!

Kommunikation beginnt mit Zuhören. Einerseits geht es darum, Issues frühzeitig zu erkennen, aber auch  herauszufinden, wo thematisch Anschluss gefunden werden kann, sei es an Beeinflusser, Kunden oder potentielle Partner. In die regelmässige Beobachtung gehören:

  • Eigene Kanäle (Blog inkl. Kommentare, Facebook, Twitter, YouTube usw.)
  • Online-Medien inklusive Kommentare, Foren und Bewertungsplattformen
  • Online-Präsenzen der klassische Medien

Viele Unternehmen beobachten über einen professionellen Ausschnittdienst, welches Echo sie in den den klassischen Medien erzeugen. Nur die wenigsten lesen jedoch systematisch, was über sie, ihre Schlüsselpersonen, ihre Branche und Konkurrenz online und in sozialen Medien geschrieben wird. Das dürfte daran liegen, dass es kein Google für die Beobachtung von Online- und sozialen Medien gibt. Ein einfaches Themen-Monitoring lässt sich mit etwas Fleiss und Ausdauer selber aufbauen. Mehr dazu findet sich auch in der Präsentation am Ende dieses Beitrags.

PR begin at home: intern solide abstützen.

Kommunikation in den sozialen Medien bleibt erklärungsbedürftig und es reicht bei Weitem nicht, das Thema einmal im Mitarbeitermagazin oder an einer internen Veranstaltung aufzugreifen. Wenn Sie wollen, dass

  • bei den Mitarbeitern die sozialen Medien “Top of Mind” sind und sie diese auch aktiv nutzen,
  • Mitarbeiter eigene Ideen entwickeln, mit welchen Themen sie zum Gesamtbild beitragen können,
  • die Geschäftsleitung nach einigen Monaten die Online-Kommunikation nicht in Frage stellt, sondern fördert,

dann müssen Sie regelmässig kommunizieren. Sprechen Sie intern darüber, was sie bei Twitter, Facebook & Co. tun. Tun Sie das auch plakativ mit Screenshots. Diese lassen sich auch in den Lift, neben den Fotokopierer – oder etwas weniger konventionell – an die Innenseite der WC-Tür hängen, wie ich das auch schon gelesen habe.

Stützen sie sich breit ab. Holen Sie sich aus allen Bereichen kompetente Mitarbeiter für den regelmässigen Austausch ins Boot und bilden Sie einen Kommunikationsausschuss. In regelmässigen Sitzungen und via Austausch im Intranet finden Sie gemeinsam heraus, welche Themen, die scheinbar unwichtig sind, für das Publikum da draussen eben doch von Interesse sein können. Entdecken Sie frühzeitig, an welchen Themen die verschiedenen Bereiche dran sind und stimmen diese im Sinne einer integrierten Kommunikation ab. Überlegen Sie sich auch den Aufbau von Ambassadoren, wie das z.B. Zühlke Engineering umgesetzt hat.

Alle Veränderungen und Trends im Auge zu behalten ist eine Herkulesaufgabe. Ein Social Media-Kernteam deckt alles ab: Erfahrungsaustausch, Brainstorming und Gestaltung von Inhalten für Kanäle, Aufbau von Social Media Guidelines und Weiterbildung. Und, wenn nötig, auch mal die gegenseitige Motivation.

Mit einem Lenkungsausschuss in dem Schüsselpersonen aus der Unternehmensleitung vertreten sind, tragen Sie der Corporate Governance Rechnung und ebenen den Weg für das Agenda Setting. Schliesslich ist Kommunikation noch immer Chefsache. Setzen Sie sich dafür ein, dass Kommunikation ein regelmässiges Thema auf der Agenda Ihrer GL ist. Und wenn sich das nicht bewerkstelligen lässt, sprechen Sie leitende Mitglieder auch in kurzen Gesprächen immer wieder auf die sozialen Medien an. Sie geben ihnen dadurch auch die Chance, ihre Fragen zum persönlichen Umgang zu Facebook oder Twitter zu stellen. Meist ist die Neugierde da, wird aber durch Unsicherheit überdeckt, was lähmend sein kann.

Content-Erstellung Schritt für Schritt

Ihre regelmässige Präsenz in den von Ihnen gewählten Kanälen trägt massgeblich zum Bild bei, das Sie online von Ihrer Organisation erzeugen. Kontinuität in der Kommunikation wird vom Kunden als Verlässlichlichkeit übersetzt.

  1. Bilden Sie ein festes Redaktionsteam, das sich – gleich wie eine Redaktion bei den klassichen Medien auch – wöchentlich trifft um die aktuellen Themen zu besprechen.
  2. Legen Sie mit dem Agenda-Setting die grossen Themen fest.
  3. Besprechen Sie im Redaktionsteam, in welche Teilthemen sich diese aufbrechen lassen. Aus welchen Perspektiven, mit welchen Exponenten, Mitteln und für welche Kanäle diese aufbereitet werden. Arbeiten Sie mit einem Redaktionsplan, der über mindestens  sechs bis acht Wochen gültig ist. Diese Planung ist für die Einbindung von Autoren wichtig. Sie nehmen sich damit nicht die Freiheit, auch mal spontan den einen oder anderen Post bei Twitter und Facebook einzustreuen.
  4. Machen Sie sich frühzeitig Gedanken zur Produktion, schliesslich ist dieser Punkt ja auch budgetrelevant.
  5. Qualitätssicherung ist unabdingbar, arbeiten Sie nach dem Vier-Augen-Prinzip.
  6. Auch die Verbreitung unterliegt einer Routine. Achten Sie darauf, dass Sie Filme auf YouTube, Bilder auf Flickr oder Präsentationen auf Slideshare sorgfältig beschreiben und mit aussagekräftigen Schlagworten versehen, damit sie auch dort wieder gefunden werden können.

Arbeiten Sie mit einer Routine, aber bitte nicht blind. Die regelmässige Erfolgskontrolle hilft Ihnen, diese regelmässige zu überprüfen

Diese Redaktionroutine passe ich mit meinen Kunden auf die jeweiligen Verhältnisse und an die Erfahrungen an. Sie sollte als dynamisches Hilfsmittel angesehen werden. Meinungen und Verbesserungsvorschläge sind herzlich willkommen.

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15 Kommentare zu “Anleitung zur Redaktionsroutine im Social Web

  1. Vielen Dank für das Beispiel einer Redaktionsroutine in der Unternehmenskommunikation. Bezogen auf die Qualitätssicherung ein hilfreiches Tool.

  2. Gerne, Monica Figel, die PR-Arbeit ist definitiv komplexer geworden – und der Hund liegt letztlich im Detail. Darum ist die Qualitätskontrolle so wichtig.

  3. Liebe Marie-Christine,

    herzlichen Dank für die Erwähnung von ForschungsWeb in deiner Präsentation. Ein sehr schöner Artikel, der die PR-Redaktion als einen wichtigen Anwendungsfall für Social Media Monitoring aufzeigt. Die Toolevaluation (Auswahl des passenden Monitoring-Tools für Unternehmen) ist für uns als unabhängiges Forschungs- und Beratungsunternehmen ein essentieller Teil einer professionellen Social Media Monitoring-Strategie – vor allem für die PR.

    Dein Artikel haben wir auch in die aktuellen #SoMeMo-News der KW 20 aufgenommen. Hier mehr dazu: http://bit.ly/SoMeMo_KW20

    Viele Grüße
    Claudia Gunkel i.A. von ForschungsWeb

  4. Liebe Claudia
    Ich habe natürlich gerne zu euch verlinkt, zumal ich euch regelmässig lese und auch schon an Veranstaltungen sprechen gehört habe. Nicht nur die Möglichkeiten der Anwendungen, sondern auch der Markt ist ja für den Laien sehr unübersichtlich. Umso wichtiger, dass es unabhängige, professionelle Hilfe gibt wenn es darum geht, erst einmal die konkreten Bedürfnisse zu definieren und dann die dafür passende Anwendung zu wählen. So von null auf hundert ist das ganz schön zeitraubend und birgt viele Unsicherheiten.

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