Die neusten Resultate der ARD/ZDF Online-Studie 2016 zeigen: Das Internet durchdringt die deutschsprachige Bevölkerung immer mehr. Dieses Jahr wurde bei den Onlinenutzern erstmals die 80%-Schwelle überschritten. Dabei spielt das Smartphone eine zentrale Rolle, zwei Drittel der Befragten gehen damit mobil ins Netz. Erstmals wird das Internet täglich mehr als zwei Stunden genutzt, mobil gar 2 Stunden und 43 Minuten. Das Smartphone hat den Laptop als wichtigstes Internetgerät abgelöst und damit den Weg für die mobile, dynamische und intensivere Nutzung frei gemacht. Zweistellige Zuwachsraten erzielen Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Facebook Messenger. Die Individual- und Massenkommunikation verschmelzen miteinander.
Mehr User und längere Nutzung
Im Jahr 2016 nutzen fast 84% der deutschsprachigen Bevölkerung das Internet zumindest gelegentlich, vor zehn Jahren waren es gerade mal 60%. Zwei Drittel der Befragten sind mittlerweile täglich online. “Heavy User” sind Menschen in Ausbildung, 98% von ihnen sind täglich im Internet. Nur zurückhaltend nutzen Rentner und nicht Berufstätige Online-Angebote, 61% sind selten im Internet und nur gerade 39% täglich. Gut 5% der Personen ab 60 Jahre, Rentner und nicht Berufstätige nutzen das Internet überhaupt nicht, hier tut sich eine Digitale Kluft (Digital Divide) auf, welche doch immerhin knapp 3 Mio. Menschen betrifft.
Mit erstmals über 2 Stunden pro Tag wird das Internet gegenüber Vorjahr um 20 Minuten länger genutzt, bei der mobilen Nutzung liegt der Wert mit 2 Stunden und 43 Minuten gar noch höher. Je jünger die Befragten, desto länger ist die Nutzungsdauer, doch auch Ältere nutzen das Netz unterwegs immer mehr. Wie die Zeit verbracht wird, lesen Sie weiter unten bei den meistgenutzten Internet-Anwendungen. Auffällig ist, dass Hörangebote über die letzten drei Jahre immer stärker genutzt werden, zwei Dritteln (64%) der Onliner greifen auf sie zurück.
Audio und Video legen zu
Fast jeder zweite Befragte zwischen 14 und 29 Jahren nutzt einmal pro Woche einen Musik-Streamingdienst wie zum Beispiel Spotify oder Soundcloud. 40% aller Befragten laden sich zumindest gelegentlich Audiodateien aus der Internet herunter, nicht selten sind das Podcasts von verpassten Sendungen am Radio. Dass solche Konsumarten schnell in eine höhere Nutzungsdauer umschlagen ist absolut nachvollziehbar. Nicht im Audio-Nettowert enthalten ist übrigens die Konsumation von Musik über YouTube, die nochmals 54% ausmacht, bei den 14 bis 29jährigen liegt sie gar bei 89%.
72% der Bevölkerung nutzen zumindest selten bewegte Bilder im Internet, das sind 7% mehr wie noch im Vorjahr. Damit nähert sich der Anteil der Online-Videonutzer dem Anteil der Bevölkerung an, der überhaupt das Internet nutzt (84%), die Videoabdeckung ist also beachtlich. Bei den Onlinern, welche Videos zumindest selten nutzen, sind folgende Angebote am beliebtesten:
1. Videoportale (59%)
2. Fernsehsendungen live oder zeitversetzt (42%)
3. Mediatheken der Fernsehsender (37%)
4. Fernsehsendungen zeitversetzt (34%)
5. Videos auf Facebook (32%)
Bei den Heavy Usern, die täglich Videos konsumieren, sieht die Reihenfolge leicht anders aus:
1. Videoportale
2. Videos auf Facebook
3. Videostreaming-Dienste und Fernseh-Sendungen live oder zeitversetzt.
Auf die grösste Reichweite kommen weiterhin Videoportale wie YouTube, mehr als zwei Drittel (70%) nutzen diese Plattform. Auch hier ist die Trennung zwischen Online- und klassischen Verbreitungswegen für die Befragten nicht immer erkennbar. Auf YouTube finden sich sowohl “klassische” TV-Inhalte wie auch reine Onlineinhalte, die Unterscheidung zwischen Fernsehen und anderen Videos wird schwieriger und, aus Sicht der User, wohl auch bedeutungslos. Über die Hälfte (53%) nutzen Fernsehen und Internet zumindest gelegentlich parallel (+9% gegenüber Vorjahr), dies ist eine Folge der stärkeren Verbreitung von Smartphones und Tablets.
Smartphone überholt Laptop
Das Smartphone (66%) überholt mit einer Zunahme von 14% bei der Internet-Nutzung den Laptop (57%), das Tablet spielt mit 38% eine kleinere Rolle. Das dürfte an der noch geringeren Marktabdeckung mit diesen Geräten liegen, was sich jetzt ändert. Bei den 30 bis 49jährigen entwickelt es sich zum beliebten “Sofagerät” und öffnet auch dieser Altersgruppe die Parallelnutzung von Internet und TV. Inzwischen sind 28% der Nutzer täglich mobil im Netz anzutreffen, das entspricht einer Zunahme von 10% gegenüber Vorjahr. Kaum vorstellbar: noch vor zwei Jahren gaben 40% der Befragten an, das Internet nie unterwegs zu nutzen.
Onlinenutzung nach Tätigkeiten
Welche Tätigkeiten gehören zu online zu den Favoriten? Dazu ist es wichtig zu wissen, wie gefragt wurde: “Was haben Sie gestern im Internet gemacht und wieviel Zeit haben Sie verwendet?” Messaging hat der E-Mail den Rang abgelaufen, die Messenger-Dienste verzeichnen eine zweistellige Zuwachsrate. Die Top fünf Tätigkeiten sind 2016:
- Instant-Messaging-Dienste wie WhatsApp nutzen (49%): in der Gruppe der 14-29jährigen liegt der Wert bei 84%.
- Senden/empfangen von E-Mails (45%): den höchsten Wert erzielten die 30-49jährigen mit 59%.
- Suchmaschinen wie Google nutzen (43%): die Gruppe der 14-29jährigen hat mit einem Anteil von 71% das grösste Gewicht.
- Informationen suchen (29%): hier liegen die 30-49jährigen mit 40% vorn.
- Videos schauen oder Chatten (je 26%): sowohl bei den Videos (58%) wie auch bim Chatten (69%) liegen die 14-29jährigen vorn.
Auf Onlinecommunitys wie Facebook entfallen lediglich 20%, dieser Wert ist ein Durchschnitt über alle Altersgruppen. Es sind eher die jüngeren Alterssegmente welche die Online-Angebot nicht nur intensiver, sondern auch breiter nutzen.
Meistgenutzte Internetanwendungen
Die 2015 erstmals geschaffenen 5 Nutzungs-Kategorien wurden auch dieses Jahr wieder erhoben. Den unangefochtenen Spitzenplatz in bezug auf die Nutzungsdauer nimmt die Kommunikation und damit das virtuelle Identitäts- und Beziehungsmanagement ein. Auf Position 2 befindet sich die Mediennutzung, wobei hier Videos aber auch Audio-Beiträge auf dem Vormarsch sind.
Der Wert der Transaktionen scheint mir, gerade mit Blick auf die Entwicklung des Online-Handels, sehr tief angesetzt. Allerdings sei hier nochmals daran erinnert, dass sich die Zahl auf die Nutzung “gestern” bezieht; Online-Shopping dürfte noch keine Tätigkeit sein, welche täglich ausgeübt wird. Zudem dürften sich die Werte der Informationssuche nach Angeboten und der effektiven Transaktion auch mischen.
1. Kommunikation (und Interaktion) 39%
2. Mediennutzung 24%
3. Informationssuche 17%
4. Spielen im Internet 14%
5. Transaktionen im Internet 6%
Fun Fact: Hätten Sie gedacht, dass es die Nutzer ab 70 Jahre sind, welche in der Kategorie “Spielen im Internet” mit einer Nutzung von 30% den Wert nach oben treiben? Gut denkbar, dass sie auch in der Kommunikation für einen etwas verspielteren Ansatz in der Informationsgestaltung und Ansprache zu haben sind.
Facebook, Instagram & Co.
Facebook behauptet den Spitzenplatz auch 2016 und, glaubt man diesen Zahlen, dann haben die Jungen Facebook doch nicht in Scharen verlassen, wie immer wieder behauptet wird. Allerdings sagen die Werte in der Tabelle nichts über die Nutzung aus. Interaktion ist ja auf Facebook ein knappes Gut geworden und böse Zungen behaupten, dass das Zuckerberg-Netzwerk zunehmend zum TV wird, auf dem nur konsumiert aber wenig selber beigetragen wird.
Bilder sind wichtig und so überrascht Instagram auf Rang zwei nicht. Was meiner Meinung nach hier fehlt ist YouTube. Das wird daran liegen, dass nicht alle in der Videoplattform auch ein soziales Netzwerk ausmachen. Eine Chance, die Unternehmen nicht verpassen sollten. Die Entwicklung von Twitter läuft verhalten, im Bericht ist gar die Rede von Stagnation.
Die wichtigste Resultate in Kürze
Die ARD/ZDF Online-Studie 2016 beschreibt in diesem Jahr so viele dynamische Entwicklungen wie schon lange nicht mehr:
- Die allgemeine Internetnutzung, die Unterwegsnutzung, Dienste zur Kommunikation, die Audio- und Videonutzung sowie die Smartphone- und Tabletnutzung steigen.
- Das Smartphone hat die Nutzung nochmals gravierend verändert: Auch Ältere nutzen das Internet unterwegs, insgesamt steigt die Nutzungsdauer, mobil gar durchschnittlich auf 2 Stunden 43 Minuten.
- Die Video- und Audionutzung hat im Vergleich zum Vorjahr nochmals überdurchschnittlich zugenommen. Dazu gehören zeitversetzte Fernsehsendungen, Videos auf Videoportalen sowie Facebook- oder Streaming-Dienste.
- WhatsApp und Facebook gewinnen auf hohem Niveau an Nutzung hinzu, Instagram und Spotify etablieren sich bei den Jungen und Twitter stagniert.
Die Resultate der Studie: Berichte unter Vergleiche von 1997 bis 2016.