ARD/ZDF Online-Studie 2012 – drei Berichte und eine Auswertung zur Nutzung von Communities

Seit 15 Jahren gibt es die Online-Studie von ARD/ZDF bereits und diese wohltuend feste Grösse im allgemeinen Studien-Dschungel macht sie auch so wertvoll. So lassen sich manche Entwicklungen wie beispielsweise die Online-Nutzung bis ins Jahr 1997 zurückverfolgen. Etwas weniger weit, nämlich sechs Jahre zurück, greifen die Zahlen zum Onlinezugang und die mobile Nutzung sowie zur Multimedianutzung. Interessant zu beobachten ist die Veränderung der Nutzung von Web 2.0-Anwendungen. Neben diesen Vergleichstabellen umfasst die diesjährige Studie Ergebnisse zur Nutzung von mobilen Endgeräten (pdf), zur Geräteausstattung der Online-Nutzer (pdf) und zur Habitualisierung der Social Communities (pdf). Ich habe mir den letzten Bericht genauer angeschaut und die wichtigsten Befunde herausgepflückt. Hinter dem etwas sperrigen Titel verbirgt sich übrigens nichts anderes, wie die Nutzung von Social Communities.

  • Business Netzwerke wie Xing und LinkedIn haben gegenüber dem Vorjahr geringfügig auf 8%, d.h. 4,19 Millionen Onliner zugelegt. Trotz des leichten Aufwärtsschubs im Vergleich zu 2011 (+2%) stellen berufliche Communities im Langzeitvergleich eine eher moderat genutzte Web-2.0-Anwendung dar.
  • Ungebrochen hoch ist das Interesse an privaten Communities. 2,88 22,88 Millionen Erwachsene ab 14 Jahren besitzen ein Profil in einem privaten Netzwerk, das sind rund 43% der Onliner.
  • Die Nutzer fokussieren sich dabei zunehmend auf nur eine Mitgliedschaft: 58% beschränken sich 2012 auf die Mitgliedschaft in einer privaten Community, knapp ein Drittel (31%) unterhält zwei Profile. 11% der Communitynutzer besitzen drei und mehr Profile.
  • Beliebtestes Netzwerk bleibt Facebook: 81% aller Communitynutzer unterhalten hier ein Profil (+3,58 Millionen gegenüber 2011). Nicht erstaunlich, dass dieses Netzwerk bei vielen Unternehmen erste Wahl ist (wobei weiterhin gilt: deswegen konzeptlos mit Facebook zu starten ist weiterhin keine gute Idee und ein vorprogrammierter Rohr-Krepierer).
  • Im Altersvergleich sind 2012 56% der 20 bis 39jährigen Mitglied einer privaten Community, das entspricht einer Steigerung von 11 Prozentpunkten im Vergleich zu 2011. Bei 40- bis 49jährigen sinkt die Mitgliederzahl um 4 Prozentpunkte bzw. 0,57 Millionen, ein herber Dämpfer verglichen mit dem starken Zuwachs von 9 Prozentpunkten 2011. Damit ist ein Viertel der Altersgruppe Mitglied eines privaten Netzwerks.
  • Die Differenz zwischen gelegentlicher und regelmässiger Nutzung, wird immer geringer. 59% aller Communitymitglieder nutzen ihre (Haupt-)Community mindestens einmal täglich, 2011 lag dieser Anteil bei 55%, bei den Teens macht der Anteil gar 85% aus (2011: 63%). Erwartungsgemäss liegt die durchschnittliche Nutzung pro Tag bei Teens und Twens mit 77 bzw. 62 Minuten pro Tag deutlich über dem Mittelwert von 54 Minuten. Dieser hohe Wert lässt auch auf die parallele Nutzung von Sozialen Medien zu anderen Aktivitäten, wie z.B. TV-Konsum schliessen.
  • Hauptnutzungszeit von Communities ist am späten Nachmittag und in den Abendstunden: 64% der Communitynutzer lesen und posten aktiv von 18 Uhr bis Mitternacht. Immerhin nutzt jeder dritte Communitynutzer Facebook & Co auch am Nachmittag zur Überbrückung zwischendurch, zum Beispiel an der Uni oder im Bus.
  • Die Bedeutung der One-to-many-Kommunikation steigt, 43% aller Communitynutzer stimmen der Aussage zu, ihre Community vor allem zu nutzen, um ihre Interessen und Erlebnisse mit anderen zu teilen (also nicht mehr ausschliesslich One-to-one wie beim Chat).
  • Und wo posten die Onliner? 91% posten auf Privatseiten, 32% in Gruppen und gerade mal 10% schreiben und kommentieren auf den Seiten, die sie abonniert haben. Die private Community dient vornehmlich der Beziehungspflege, die Rezeption von Information ist nachrangig.
  • Klassische Informationsportale verlieren an Bedeutung: mit 19% stimmt ein etwas grösserer Teil als im letzten Jahr der Aussage zu, Angebote wie spiegel.de, sueddeutsche.de oder tagesschau.de und heute.de würden für sie stark an Bedeutung verlieren, da sie alle wichtigen Informationen auch innerhalb der Community erhielten (2011: 15%). Ein Befund, der mich überrascht.
  • Adaption anderer Internetanwendungen durch die Community schreitet voran, 23% geben an, Videoportale heute seltener zu nutzen als früher (häufiger als früher: 22%, unverändert: 55%). Organisationen, die ihre Videos bekannt machen wollen, müssen sie demnach via Facebook anbieten (Verlinken, nicht nochladen).
  • Der grösste Teil der Community-Mitglieder (85% dabei überwiegend junge Nutzer) nimmt Einstellungen zum Schutz der eigenen Privatsphäre vor. Besonders weit verbreitet ist die Skepsis bei den Älteren. 92% der Onliner ab 50 Jahren fürchten Datenmissbrauch und verweigern eine Weitergabe von Daten, z.B. beim Online-Shopping, konsequenter als alle anderen Altersgruppen.
  • E-Mail ist allen Unkenrufen zum Trotz nicht tot: Sie bleibt auch 2012 die meistgenutzte Internetanwendung und wird von 79% aller Onliner mindestens einmal wöchentlich genutzt. Aus der Umfrage geht nicht hervor, ob hier die rein private Nutzung von Mails gemeint ist, denn aus dem Business-Kontext ist sie bis auf Weiteres nicht wegzudenken.
  • Bei Twitter klaffen zwischen öffentlicher Wahrnehmung und tatsächlicher Nutzung offenbar weiter Welten. 4% der deutschen Onliner ab 14 Jahren nutzen den Microblog, hochgerechnet sind das 2,08 Millionen Nutzer. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Zuwachs um eine halbe Million User, der Grossteil der Neulinge stammt aus der Altersgruppe der 20- bis 29jährigen. Weiterhin setzen rund 40% User Tweets ab, der Rest verdingt sich als blosser “Follower”, der anderen, aktiven Usern folgt.
  • Weblogs zählen zur Kategorie der wenig genutzten, aber aufmerksamkeitsstarken Social-Media-Anwendungen. Konstante 7% der Onliner, befassen sich mit Weblogs, zumeist eher sporadisch. Die mittlere Generation der 30- bis 49jährigen hat im Altersvergleich hier leicht die Nase vorn, wobei nur jeder zehnte Weblog-Nutzer auch selber ein Blog führt.

Die Wachstumsraten bei Netzwerken fallen 2012 moderater aus als in den Vorjahren, soziale Medien werden je länger je mehr normaler Bestandteil in der Alltagskommunikation und zeigen in der Nutzung durch Private Online erste Anzeichen einer Konsolidierung. Soweit sind Unternehmen noch nicht, sie sind zwar beim Bewusstsein angekommen, dass soziale Medien nicht mehr aussen vor gelassen werden können. Aber sie haben bis zur Normalität der PR im Social Web noch einige kulturelle und strukturelle Hürden zu nehmen.

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