ARD/ZDF Onlinestudie 2015: nicht mehr User aber intensivere Nutzung

Wie entwickelt sich die Internet-Nutzung in Deutschland? Dieser Frage geht die ARD/ZDF Onlinestudie jährlich seit 1997 nach, befragt wurden 1’800 Personen. Soviel vorweg: Seit 2012 steigt die Internetverbreitung nur noch moderat aber die Nutzung ist intensiver geworden. Im Vordergrund steht über alle Altersgruppen gesehen die Kommunikation, gefolgt von der Informationssuche. Reine Konsumation geschieht weiterhin bevorzugt via Fernsehen und Radio.

2015 ard zdf logoDie ganze Auswertung der Studie steht hier zum Download bereit. Nach 2012 und 2013 habe ich auch dieses Jahr die Resultate analysiert. Aus dem Bericht von Beate Frees und Wolfgang Koch fasse ich mit Blick auf die Unternehmenskommunikation die wesentlichen Befunde zusammen.

Neu: Fünf Nutzungs-Kategorien

In der aktuellen ARD/ZDF Onlinestudie wurde erstmals der Versuch unternommen, die Tätigkeiten und Angebote nach Anwendungsklassen zu kategorisieren. Daran anschliessend wurde gefragt, wie viele Minuten die Onliner mit diesen Anwendungsklassen verbringen. Diese Frage konnte sich jeweils nur auf den Vortag beziehen, das ist auch nachvollziehbar. Viele von uns wissen schon nicht mehr, was sie am Vortag zu Mittag gegessen haben, geschweige denn, wieviel Zeit sie für welche Medien verwendet haben.

Die Unterscheidung der Tätigkeitsfelder war nicht immer eindeutig. Die Verantwortlichen haben darum das Augenmerk auf die Zuordnung zum Hauptmotiv beziehungsweise der überwiegenden Tätigkeit gerichtet:

  1. Informationssuche (I)
  2. Kommunikation (K)
  3. Mediennutzung (M)
  4. Transaktionen (T)
  5. Spielen (S)

Informationssuche

In dieser Kategorie wurden Anwendungen und Tätigkeiten rund um die Suche nach Informationen beispielsweise mit Google oder bei Wikipedia in den Vordergrund gestellt. Erfasst ist hier also die aktive und gezielte Suche nach Informationen im Sinne von Recherche.

Kommunikation

Facebook, WhatsApp oder Social-Media-Angebote nutzen, chatten oder E-Mails schreiben oder lesen sind Tätigkeiten, die unter Kommunikation eingeordnet werden können. Zugeordnet ist hier auch das Angebot „Foto-Communitys wie Instagram nutzen“,  da neben dem Einstellen von Bildern oder Videos vor allem die Kommunikation und die Bewertung der eingestellten Bilder relevant sind.

In der Kommunikation spielt weiterhin das Senden und Empfangen von E-Mails die Hauptrolle . Zudem verlagern sich Telefonieren oder Gespräche führen mit Anwendungen wie WhatsApp ins Internet. Über die Hälfte (54%) der Onliner nutzt 2015 Instant-Messagingdienste mindestens einmal die Woche, bei den unter 30jährigen sind es bereits 83%, täglich aktiv sind 44%.

Schon in den letzten Jahren deutete sich an, dass sich die Kommunikation im Sinne von Chatten mit vielen Menschen in sogenannten Chatrooms (halb-öffentliche Räume) auf die direkte Kommunikation in privaten Räumen verlagert. WhatsApp, geschlossene Facebook-Gruppen aber auch eher geschlossene Anwendungen wie Snapchat kommen diesem Trend entgegen. Unternehmen müssen sich sehr genau überlegen ob und mit welchem Angebot sie in diese Räume eindringen wollen.

Rückläufig ist die regelmässige Nutzung von Online-Communities: Allen voran hat Facebook 5% gegenüber Vorjahr eingebüsst, liegt aber immer noch auf 34% bei der mindestens wöchentlichen Nutzung, 22% der Onliner sind täglich auf Facebook. Für den Rückgang werden der Vorwurf der Kommerzialisierung und unter anderem die Angst vor Datenmissbrauch verantwortlich gemacht.

Facebook und noch deutlicher Fotocommunities wie Instagram sind Anwendungen der Jüngeren. 45% der 14- bis 19jährigen nutzen Foto-Communities, bei den 20- bis 29jährigen sind es noch rund 16%. Twitter liegt bei einer Nutzung von 5 bis 6% bei den 14 bis 29jährigen und bleibt ein Nischennetzwerk.

Mediennutzung

Lesen, Sehen und Hören sind Tätigkeiten der Mediennutzung. 59% der Online lesen mindestens wöchentlich Artikel oder Berichte im Internet, 53% nutzen aktuelle Nachrichten. 53% schauen Videos und 33% hören Audio-Beiträge.

Bei der Nutzung von Blogs fällt auf, dass die 14- bis 29jährigen mit 15% fast doppelt so häufig wie der Durchschnitt (8%) Blogs zumindest einmal die Woche aufsuchen. Es dürfte auch in dieser Studie keine klare Trennschärfe zwischen den verschiedenen Formen (Artikel, Nachrichten, Blog) geben. Unternehmen haben jedoch die Chance, mit einer klaren Content-Strategie mit nutzwertigen Inhalten ins Gespräch zu kommen und ihre Online-Präsenz zu stärken.

In der Kategorie Mediennutzung dominieren die Männer. Ausserdem ist der Anteil bei den Jüngeren weit höher als der anderer Altersgruppen: 86% der 14- bis 29jährigen sehen mindestens einmal die Woche Videos im Netz und 59% der 14- bis 29jährigen hören Audios im Netz – wobei es sich hier eher um Musik denn um Podcasts handeln dürfte. 

Transaktionen

Erfasst sind hier Tätigkeiten wie nach Produkten im Internet stöbern, Onlineshopping und Onlinebanking. Jeder Dritte nutzt Online-Banking, da hat sich im Vergleich zum Vorjahr nichts verändert. Interessant der Befund zum Online-Shopping: “… auch hier gibt es keinen prozentualen, sondern nur einen absoluten Zuwachs analog zur Zunahme an Internetnutzern.”

Spielen

Wichtig: Hier wurden nur Spiele im Internet erhoben, lokal auf dem Rechner installierte oder via App genutzte Spiele sind in den Zahlen nicht erhalten.

Online-Tätigkeiten 2015

2015 ard zdf nutzung altersvergleich

Senioren sind pragmatische Nutzer

Online immer aktiver sind die über 70jährigen, da ist in einem Jahr einiges gegangen: Satte 44% dieser Altersgruppe sind gegenüber Vorjahr mehr täglich online. Insgesamt 37.6% der Rentner und nicht Berufstätigen nutzen das Internet täglich. In den Diskussionen, die ich verfolge, ist meist die Jugend im Fokus. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass gemäss Bericht die ab 60jährigen nach Anzahl und Potenzial die stärkste Gruppe darstellen. Dies zumal gemäss dem Statistischem Bundesamt der Anteil der unter 20jährigen rückläufig und der Anteil der Generation 65+ wachsend ist.

Die Generation 65+ ist heute, im Vergleich zur vorherigen Generationen, vielfältiger interessiert und hat einen breiteren Aktionsradius. Sie fällt auf durch eine sehr pragmatischen Umgang und bewegt sich anwendungs- und anlassbezogen und damit sehr gezielt im Netz. Für sie muss sich der direkte Mehrwert im Alltag erschliessen.

Senioren nutzen primär Mail (73% zumindest wöchentlich), “googeln” oder suchen nach Informationen. Foto-Communities oder Microbloggingdienste wie Twitter finden bei den Älteren so gut wie keine Anwendung. 43% der ab 60jährigen lesen regelmässig Artikel und Berichte im Internet und 36% dieses Alterssegmentes nutzen mindestens einmal wöchentlich aktuelle Nachrichten.

Nach wie vor besteht bei der älteren Generation eine klare Kompetenzzuweisung für die einzelnen Medien. Aktuelle Information, Unterhaltung und Entspannung sind für sie die Aufgaben von Fernsehen, Hörfunk und Tageszeitung. Gleichzeitig gewinnen der schnelle Abruf von Informationen im weitesten Sinne sowie der funktionale Umgang mit dem Netz zunehmend auch für Ältere an Bedeutung.

Internet als „All-in-one-Medium“ immer dabei

Das Netz ist insbesondere für die jüngeren Nutzer ein „All-in-one-Medium“ geworden. Im Vergleich zu 2010 hat besonders der Austausch mit unterschiedlichen Menschen im Netz an Bedeutung gewonnen. Mit 41% gibt ein nicht unerheblicher Anteil der 14- bis 29jährigen an, dass das Internet für sie heute wichtiger ist als Fernsehen, Radio und Zeitungen/Zeitschriften.

Hauptnutzungsmotive des Internets sind Informationen, Nützliches für den Alltag erfahren und Spass haben. Suchmaschinen und E-Mails bleiben Hauptanwendung in allen Altersgruppen. 28 bzw. 20% sagen, dass sie regelmässig (mindestens einmal wöchentlich) digitale Landkarten oder Stadtpläne nutzen. Online- Nachschlagewerke wie Wikipedia nutzen 45% der Onliner mindestens wöchentlich.

Über ein Viertel der unter 30-Jährigen sagt zudem, dass sie auf das Internet unterwegs nicht mehr verzichten können.

Fazit zur ARD/ZDF Onlinestudie

Die ARD/ZDF Online-Studie bestätigt: Menschen suchen online. Und sie wollen finden. Was profan unter dem Begriff “googeln” zusammengefasst wird, hat für Unternehmen weitreichende Konsequenzen: Nur wer online gefunden spielt im Markt mit. Gefunden zu werden ist ein Resultat einer Gesamtleistung, des Zusammenspiels eines starken Online-Auftritts mit Website/Blog als Hub und Präsenten in sozialen Medien und andern Online-Plattformen, welche immer wieder zum Hub zurückführen und zu einer starken Online-Reputation beitragen.

Unternehmen muss es gelingen herauszufinden, was ihre Zielgruppen wünschen und was ihre Nutzungsmotive sind. Wollen sie zunächst mit Spass und Unterhaltung, möglichst mit Fotos und Bewegbild abgeholt werden wir die jüngere Generation? Oder suchen sie klare, nachvollziehbare und für sie nützliche Informationen, wie die fokussierten Senioren? Unternehmen und Organisationen, die online glaubwürdig auftreten wollen müssen einen Nutzen erbringen, egal wie dieser aus der jeweiligen User-Perspektive definiert wird.

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3 Kommentare zu “ARD/ZDF Onlinestudie 2015: nicht mehr User aber intensivere Nutzung

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