Am 17. Oktober 2013 hat British Gas eine Preiserhöhung von 9.2% für November angekündigt. Am gleichen Tag bot der Energieanbieter unter #AskBG eine Twitter-Fragestunde mit dem Customer Services Director an. Limitiert hat man die Runde mit Bert Pijls auf eine Stunde und ihm wurde auf Twitter tüchtig eingeheizt: Fast 11’500 Tweets erreichten innerhalb eines Tages den Account @BritishGas, der über 23’800 Follower zählt.
11’500 Tweets lassen sich auch im besten Crisis Management nicht mehr beantworten, zu den Spitzenzeiten, um die Mittagszeit, waren das um die 160 Tweets pro Minute. Die wenigen Antworten, die gegeben wurden, waren denn auch nur ein Tropfen auf den heissen Stein und vermochten die Wogen nicht ansatzweise zu glätten. Das lag aber nicht allein an der Menge, sondern auch in der Tonalität. Den überwiegend emotionalen Anfragen und meist eher Anwürfen folgten zunächst sachliche Antworten:
Das Gleiche trifft auch auf den Erklärvideo von Bert Pijls auf YouTube zu:
Auch hier wird dem Zuschauer eine Fülle von Fakten zugemutet, in Rekordzeit heruntergeleiert. Keine Erklärgrafik, keine Bilder, dafür ein nerviger, unverbindlichen Musikteppich – wurden damit überhaupt Kunden angesprochen? Der Dank folgt auf den Fuss; auch hier über die Kommentare.
Auch die Reaktionen auf Facebook zeigen eine riesige Unmut der Kunden, die da und dort regelrecht in Hass umschlägt. Auf dem eigenen Google-Plus-Account hat British Gas die Preiserhöhung noch nicht thematisiert. Stattfinden tut sie logischerweise auf der Website, aber auch hier nüchtern, sachlich. Das Kundenkommunikation im Energiebereich auch näher beim Kunden sein kann, zeigt sei Jahren YelloStrom.
Die englischen Zeitungen haben das Thema sofort aufgegriffen: The Guardian, The Telegraph, BBC Mirror, Daily Mail. Google spuckt keine 24 Stunden später 41’200 Resultate zur Suche #askBG aus, 1’900 allein im Sektor News. Tempo lässt grüssen: Viele Medien listen im Wesentlichen eine Sammlung von Tweets auf, bleiben aber die Einordnung oder Interpretation schuldig.
Preiserhöhungen sind in England an der Tagesordnung und die Grafik zur Preisentwicklung der „Big Six“ zeigt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit auch alle anderen Anbieter mit der Erhöhung nachziehen werden. Dass selbst Premierminister David Cameron den Kunden rät, den Anbieter zu wechseln, zeigt die Verdrossenheit der Regierung im Umgang mit den Energielieferanten. Allerdings mutet dieser Rat in einem faktischen Kartell etwas naiv an, aber das ist hier nicht das Thema. Die Frage stellt sich aber zu recht, ob die Verantwortlichen mit der Fragerunde #aksBG nicht besser zugewartet hätten, bis alle grossen Marktplayer die neuen Preise angekündigt haben.
Nach einer hektischen Runde hat sich Bert Pijls aus der Diskussion zurückgezogen und den Ball an die Kollegen von @BritshGasHelp zugespielt (die werden sich darüber sicher gefreut haben). Und am Ende des Tages hat British Gas auch verlautbarungsmässig das bisschen Empathie gezeigt, das man von ihnen bisher vermisste:
Unklar ist, ob British Gas die Fragerunde zur Abfederung der Unmut zur Preiserhöhung angesetzt hat oder ob hier eine dilettantische Kommunikationsplanung vorlag. Klar ist auf jeden Fall, dass die Verantwortlichen das Volumen massiv unterschätzt haben. Und es liegt die Vermutung nahe, dass das Unternehmen – oder auch die ganze Branche – schon vor der Preiserhöhung ein Imageproblem hatte. Und wiederum unklar ist, wie sich die Online-Gespräche ohne Gesprächsangebot von British Gas entwickelt hätten. Ich habe dazu keine schlüssige Antwort und bin darum gespannt auf die Einschätzung meiner Leserinnen und Leser.
Schwierig.
Mir scheint es auch eine sehr ungeschickte Idee zu sein, in dieser Situation einen Dialog anzubieten. Die Menschen sind sauer, dass sie mehr bezahlen müssen. Der Fakt der Preiserhöhung ist nicht verhandelbar und die ein, zwei Argumente, mit denen Energieanbieter solche Entscheidungen begründen, sind in der Regel sehr schlicht und nicht erklärungsbedürftig. Welches Ziel soll dazu also ein Dialog haben? Echter Dialog bedeutet doch immer, dass damit Meinungen, Positionen ausgehandelt werden sollen und ggf. auch andere Handlungen erschlossen werden. Insofern ist für jeden durchsichtig, dass hier kein echter Dialog möglich ist, also kann das Ganze nur als Affront aufgefasst werden. Dies hätte durch eine emphatische Kommunikation abgemildert werden können, aber auch daran hat es gefehlt. Es waren also Strategie und praktische Umsetzung nicht gelungen.
Wäre also diese schräge Idee nicht entstanden, hätte sich der Frust dann an anderer Stelle entladen? Das halte ich für wahrscheinlich. Aber: Ich gehe davon aus, dass dies nicht in diesem Umfang geschehen wäre. Denn einerseits muss das Ganze Verbrauchern als Provokation erscheinen (s.o.), andererseits hat die Aktion den Netzwerkeffekten, die diese unglaubliche Dynamik entwickelt haben, erst den Boden bereitet.
Ich denke auch, dass der Frust sich dann an anderer Stelle entladen hätte. Was ich jetzt nicht so einfach beantworten kann, ist die Frage, wo die Konsequenzen für den Konzern schlimmer sind. Mal provokant gefragt: Was passiert denn nun bei diesem Shitstorm und wie war das z.B. damals bei der Deutschen Bahn? Die DB hat es überlebt und British Gas wird es auch überleben.
Ich finde es nicht ungeschickt, den Leuten ein Ventil zu geben, wo sie Dampf ablassen können. Warum nicht im Social Web? Pluspunkte können sie im Moment eh nicht sammeln…
Die Leute haben im Quasi-Monopol noch fünf weitere grosse und einige kleinere Anbieter. Es ist also eine minimale Wahl vorhanden. Soweit ich das recherchiert habe, sparen frühzeitige Wechsler zumindest für das nächste Jahr – bis der nächste Grund zum Wechseln wegen Preiserhöhung kommt. Und ja, ich denke auch, dass sich der Frust anderswo entladen hätte, aber dann nicht zwingend nachvollziehbar über einen Hashtag gebündelt.
Was die Diskussion oder eben Verhandelbarkeit der Sache anbelangt, so kann ich Thomas Pleils Argumentation nachvollziehen. Für mich stellt sich einerseits die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt, aber auch die Überlegung, ob hier die proaktive Nutzung von sozialen Medien völlig fehl am Platz ist. Wenn ich YelloStrom anschaue denke ich, dass ein Energieunternehmen zumindest auf emotionaler Ebene mehr Nähe zum Kunden schaffen kann.
Die Idee des Ventils ist in der Krisenkommunikation weit verbreitet und an sich vermutlich meist richtig. Mein Eindruck ist aber, dass hierdurch in diesem Fall (der Anbieter ist durch seine Stellung von vornherein unbeliebt) die Kritik in einer solchen Dichte gebündelt wird, dass das Thema möglicherweise stärker nachwirkt als bei Bahn oder INGDiba. Während es bei letzteren nicht um den Kern des Geschäfts ging, geht es hier ja mehr oder weniger um die Licence to operate (die unausgesprochene Frage lautet vermutlich: Warum erlaubt die Politik das?) verbunden mit sozialen Problemen. Insofern erscheint mir durch die Bündelung vor diesem Hintergrund die Gefahr viel größer, dass das Thema nicht nur in die klassischen Medien, sondern auch in die Politik schwappt (im Artikel ist dies ja angedeutet). Ob verteilte, weniger provozierte Kritik diese Wirkungskraft entfaltet hätte? Ich bin mir nicht sicher, meine aber “eher nicht”.
Die Rolle der Politik und die Verankerung in der Gesellschaft durch soziale Probleme macht, Thomas, die Sache nochmals komplexer. Die Rolle der Politik wird in den Medien und Tweets auch durchaus kontrovers diskutiert.
Vermutlich kommen wir deiner Frage näher, wenn wir uns die Verbreitung genauer anschauen. Bei Twitter habe ich das mit http://mentionmapp.com/beta/classic/index.php#user-britishgas gemacht. Auch Tweetreach.com gibt ein Bild, wie heiss das Thema gerade noch gegessen wird. Bei mentionmapp gibt es immerhin ein paar Knoten, Tweetreach lässt darauf schliessen, dass primär Individualinteressen via Tweet vertreten werden, eine Organisation der Kunden lässt sich hier nicht ausmachen. Mit welchen Tools schaust du dir die Verbreitung einer Meldung/eines Hashtags sonst noch an?
Danke Marie-Christine für die Einladung hierzu etwas zu sagen. Und, nun ja, nachher kann man immer schlauer sein. Allerdings hatte ich gerade den Fall mit einem Kunden. Da ging es auch um eine deutliche Preiserhöhung und um Unmut. Allerdings betraf es nicht so viele Leute. Trotzdem haben wir da vorher Dinge besprochen, die British Gas hier schlichtweg übersehen hat. Ein guter Kommunikator *muss* die sehen. Deswegen ganz klar die Benotung: 6. Setzen. Und wie Thomas ja schon angesprochen hat: Die Bahn ist ja in einer ähnlichen Situation.
In aller Kürze:
– Einen Blitzableiter zu schaffen war ja auch explizite Strategie bei der Bahn. Aber wenn man sowas macht, dann langfristig und nicht als singuläre Aktion.
– Zwingend notwendig wäre gewesen, ganz viele “Dossiers” vorzubereiten, wie wir es genannt haben. Also alle möglichen Fragen zu antizipieren und richtig gut aufzubereiten. Dann beantwortet man die Fragen nicht auf Twitter sondern verlinkt quasi nur zu den aufbereiteten Antworten. Man kann einen so komplexen Sachverhalt einfach nicht auf Twitter erklären. Wer da den Vorschlag gemacht hat muss einfach hirnamputiert gewesen sein. Das hätte selbst dann nichts gebracht, wenn es nur 50 Leute gewesen wären.
– Stichwort Twitter: Das ist hier das mit Abstand schlechteste Medium. Erstens wegen der Fülle an Nachrichten (man kann als User wegen der Kürze ganz viele produzieren) andererseits weil die Antworten regelmäßig nur 1:1 sichtbar sind. Dass BG dann immer einen Punkt vor das @reply gemacht hat, zeigt das Problem, ist aber nur eine Krücke. Und wenn, dann eben nur, indem man den Leuten brutal schnell einen Link twittert.
– Was gleich zum nächsten Punkt führt: BG konnte vielleicht nicht mit mehr als 10.000 Tweets rechnen – aber mit 1.000 mussten die doch *mindestens* rechnen. BG ist doch ein Riesenladen! Und selbst 1.000 Tweets hätten auch in einer Stunde nie beantwortet werden können – es sei denn, man macht sich Gedanken darüber, wie man das organisieren kann. Und das geht. Auch 10.000, da wiederspreche ich die Marie-Christine. Zum Beispiel mit Conversocial oder Social Com. Da kann ich 20 Agents anbinden, die dann eben die Links verschicken. So schaffen die 2 bis drei Antworten in der Minute. Das sind insgesamt 50 in der Minute oder 3.000 in einer Stunde. Immerhin.
– Und dann kann man natürlich darüber diskutieren, ob Twitter ohnehin das richtige Medium war. Es braucht auf jeden Fall einen Content Hub, da wo die Dossiers drinnen sind. Das wäre auch total interessant im Sinne einer Content Strategie. Denn die dort eingestellten Inhalte wären ja auch für ganz viele andere Stakeholder interessant. Und wenn man diesen Content schon hat, dann kann man das Prinzip von Twitter ja auch noch auf Facebook und Google+ erweitern. Zumindest aber auf den Content verweisen.
– Und man hätte auch an einen Hangout on Air denken können, wo man 5 oder 6 Kunden aussucht und dann quasi eine Podiumsdiskussion macht. Auch da kann man ganz schön was rüber bringen.
Unter dem Strich: Ich frage mich, ob es hier irgendeine “Strategie” gab. Oder zumindest mal eine Zielsetzung. Wollte man einfach mal so “Dialog anbieten” und hat nicht weiter gedacht? Oder war das Ziel, Verständnis zu schaffen – also Inhalte zu transportiere? Man weiß es nicht.
Das ist nebenbei gesagt auch der Grund, warum ich mich immer so aufrege, wenn alle sagen “man müsse in den Dialog gehen”. So für sich alleine ist das hanebüchender Unsinn.
P.S. merke gerade das der Post oben etwas ungeordnet ist.
Die Frage nach der Strategie und dem Ziel muss natürlich oben stehen.
Wenn es nur um den “Blitzableiter” geht, dann muss man dafür sorgen, dass die Leute auch das Gefühl haben gehört worden zu sein. Das hat BG fahrlässig nicht sicher gestellt.
Wenn man den Leuten nur die Gelegenheit geben wollte “sich auszukotzen”, dann hätte es die Aktion nicht gebraucht. Die Leute finden dazu schon ihre Kanäle.
Und wenn es darum ging, Hintergründe zu erläutern, dann haben die total die Aufgabe verfehlt. Das geht bei dem Setup bei so einem komplexen Thema nicht.
Also ganz egal, ob das nun einen langfristigen Schaden verursacht oder ob das eben nur mal intern für Wirbel und Ärger sorgt (das wird es sicher) es war im Wortsinne eine “dumme” (im Sinne von “nicht intelligent”) Aktion.
Mirko, vielen Dank für dieses Lehrstück. Mein Vorschlag: Auf Englisch übersetzen und deinen Stundensatz dazu schreiben :-)
Hier haben wir es mit einer Dimension zu tun, die unter uns Berufsleuten diskutiert werden muss, damit wir uns gemeinsam weiter entwickeln können. Nicht umsonst gehört der Blog in der internen Kommunikation zu einem wichtigen Instrument im Knowledge Management und um Wissen weiter zu entwickeln. Umso wichtiger für mich dein Hinweis zu den Agents. Hast du dazu mal gebloggt, wie das konkret läuft? Wie sie sich abstimmen? Wann sie wissen, dass sie ein Thema, weil nicht mehr einfach verlinkbar, zurück zur Basis schieben? usw.?
Ich denke, dass viele Berufsleute und auch PR-Studenten, die über ihren Arbeiten brüten, viel davon profitieren, wenn sie das, was Fachleute hier weitergeben, lesen und sich ihre eigenen Gedanken dazu machen. Sie sind herzlich eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen. Ich habe den Fall aufgearbeitet, bin dann aber etwas ratlos zurück geblieben und schätze darum den fachlichen und klärenden Austausch sehr!
Das an dieser Stelle zu erläutern halte ich für nur bedingt sinnvoll. Würde in einem Kommentar etwas verschenkt sein, fürchte ich :-)
Das Problem für die heutigen Kommunikatoren ist einfach, dass es erhebliche neue Kompetenzen braucht – und auch den ständigen Überblick über die Technologie. Das ist irre aufwändig. Das Management von 3.000 Tweets in der Stunde geht nicht ohne die richtige Software.
Aber ganz kurz kann ich es sagen, das funktioniert eigentlich ganz einfach. Alle Tweets (oder Google-Posts oder Facebook-Posts oder Facebook-Kommentare, egal) kommen bei den Tools in einen Stream. Man muss das Tool auch richtig einrichten. Viele zeigen den ersten zuerst, was aber falsch ist. Deswegen spreche ich auch mit den Herstellern und sage, sie müssen das ändern. Das würde zu einem “First in Last Out” führen. Okay, die kommen also in den Stream. Dann klickt ein Agent die Nachricht an. Damit wird sie für die anderen gesperrt und verschwindet aus dem Stream. Im Tool ist eine FAQ. Da kann ich nach Antworten und Textbausteinen suchen. Die nutze ich für die Antwort. Wenn ich das nichts finde, leite ich die Frage an ein anderes Team weiter, ich eskaliere also. Das zweite Tem braucht mehr Kompetenzen und Know-how.
Aber auch das steht und fällt damit, dass man vorher schon (fast) jede Frage antizipiert hat. Man muss die Fragen für das zweite Team maximal reduzieren.
Aber hier ist schon das Problem. Ich kenne keine “Social Media Abteilung”, die für so eine Aktion das Budget bekommen würde. Die Dossiers vorzubereiten, die Agents zu schulen und die Software dürften eine mittlere 6-stellige Summe verschlingen.
Aber die Unternehmen sehen das eben nicht im Gesamtzusammenhang.
Guten Morgen,
schöne Anmerkungen, denen ich mehr oder minder komplett zustimme. BG hat wie viele Unternehmen, die in einer Oligool-Situation oder ggf. Monopol-Situation operieren, eine Rolle, die immer Kritik auf sich ziehen wird. Millionen Kunden und ein Markt, der geprägt ist von realen und zudem spekulativen Preisbewegungen. Jetzt kann man nicht sagen, dass BG mit ca. 5% Nachsteuerrendite (und weniger) zu den Großverdienern gehört. http://www.centrica.co.uk/files/reports/2012ar/index.asp?pageid=63. Wer aber mit als erster die Preise erhöht, zieht die immer die schlechteste Karte und kann nur versuchen, den kommunikativen Schaden möglichst gering zu halten. Außer er verfügt wie Apple & Co (mit Traumrenditen) oder der “gute” Bäcker an der Ecke (mindestens 5-mal höhere Preis als vor 30 Jahren) über ein starke Marke, die stetige Preiserhöhungen leichter verkraftet. Energie ist aber weder sexy noch schmeckt sie gut.
Das gemachte “Gesprächsangebot” ist in dieser Ausgangslage nicht erfüllbar – also lassen. Wer zu so einer Party einläd, muss einerseits gut vorbereitet sein und andererseits auch hinterher aufräumen und putzen. Wenn man wie ein BG Social Media Service Angebot vorhält, sollte man kritische Fragen über diese Organisation individuell abfangen. Damit vermeidet man das Auftauchen der “Social Media Diskussionstouristen”, die das Thema erst groß machen. Auch WIR würden hier nicht schreiben, wenn …
Im Corporate Blog von BG findet sich zwar alles zu Energiekosten und -sparen, was Energieversorger ihren Kunden anbieten. Gute Dossiers (wie von Mirko angeregt) finden sich nicht. Die vorliegenden zwei Dokumente (Text mit Grafik http://www.britishgas.co.uk/blog/articles/ian-peters-discusses-todays-price-announcement und Video und Text http://www.britishgas.co.uk/blog/articles/bert-explains-some-of-the-changes-weve-made-today ) sind sperrig, nicht Web oder Social-Web-adäquat und überhaupt nicht schnell erfassbar.
Da könnte man etwas mehr und besser machen. Das ändert aber nix an den Inhalten und der Unzufriedenheit der Kunden. Schlechte Nachrichten bleiben es dennoch, egal wie verpackt und rübergebracht. Nur die Welle hätte man dämpfen können und müssen.
Die anderen Marktteilnehmer werden nun leise mit den Preisen nachziehen und bei der nächsten Erhöhung muss ein anderer den ersten Schritt machen.
Vielen Dank, Marie-Christine, für die Aufbereitung dieses interessanten Falles.
Twitter war in dieser Situation nicht der ideale Kanal für die British Gas, um den Dialog nach Verkündung der Preiserhöhung mit den Kunden anzubieten. Eine tolle Einladung für einen Shitstorm. Die professionelle Vorbereitung und Orchestrierung war hier jedoch das Hauptproblem, wie bereits erörtert wurde. Der Unmut hätte sich auch sonst über Twitter entladen können, auf jeden Fall nicht so konzentriert, da gehe ich mit den «Vorrednern» hier einig und danke für ihre wertvollen und lehrreichen Kommentare.
Ich möchte noch eine andere Perspektive aufs Tapet bringen, die auch du mehrfach und hier nicht das erste Mal angesprochen hast, Marie-Christine. In Shitstorms, insbesondere bei deren Beurteilung, lesen und schreiben wir die Begriffe «auf Augenhöhe», «sachlich» und «empathisch». Ich beobachte, dass das, was Augenhöhe und Empathie sein soll, sehr unterschiedlich definiert wird. Es scheint unklar zu sein, wie sachlich und wie emotional, d.h. wie viel wovon und wann in einer Antwort drin sein soll. Ist es Gefühlssache, ein Erfahrungswert oder doch konkreter definierbar? Letzteres, bin ich heute der Meinung. Bert Pijls war zwar durch seine Ausgangslage – ob mit oder ohne Empathie chancenlos, den Shitstorm zu verhindern oder einzudämmen. Er wäre durch mehr Empathie wenig anders verlaufen. Doch hätten sie trotz allem sympathischer wirken und mehr Verständnis für ihr Handeln gewinnen können.
Du schreibst zu Recht von «ein bisschen Empathie», die bei British Gas schlussendlich doch noch ersichtlich war. Wir spüren genau, wann das Ziel erreicht ist und wann nicht, wann die Botschaft in unserem Herz nicht angekommen ist. Muss man das spüren – oder gibt’s dazu handfestere Hinweise?
Ein bisschen Gefühl zeigen, ist keine Empathie. Kommunikation «von Mensch zu Mensch» oder «Kommunikation auf Augenhöhe» muss von Verstand zu Verstand UND vor allem von Herz zu Herz stattfinden, auch mit Gefühl. Das klingt nicht sehr «wirtschaftlich», ist aber effizienter, weil die Botschaften erst dann wirklich ankommen. Wie können wir handfeste Anhaltspunkte dafür haben, dass wir echt empathisch kommunizieren?
Das MAZ gibt es einen praktischen Kurs http://kurse.maz.ch/de/kommunikation/kurse.htm?egruppeid=114&detailid=68338 dafür, speziell für die Anwendung in Sozialen Medien. Da lernt man, auch kurze Posts (für Twitter und Facebook oder Mail) empathisch abzufassen, auf das Gegenüber einzugehen ohne sich und seine eigene Motivation zu verstecken oder gar zu verleugnen, auch in Krisensituationen. Ich wünsche allen Menschen, besonders Führungskräften und Kommunikationsfachleuten eine solche Weiterbildung, weil ich sehe, dass sie nottut.
Das Thema Empathie finde ich sehr wichtig, zumal es eine Gratwanderung ist, dass so etwas – von einem Unternehmen resp. dessen Vertreter – auch als glaubwürdig wahrgenommen und akzeptiert wird. Und wir sind uns einig, dass bei BG das Potential von fernab von ausgeschöpft ist. Ich wusste nicht, dass es diesen Lehrgang am MAZ gibt, ist aber nachvollziehbar, dass es so etwas auch braucht. Ich wünsche dir für den Unterricht im November alles Gute.