Contentboard der PostFinance: Governance, Medienarbeit und Krisenkommunikation (Teil 2)

Contentboard der PostFinance Newsroom
Silvan Merki, Leiter Marktkommunikation PostFinance

Im ersten Teil des Gespräches mit Silvan Merki, Leiter Marktkommunikation, ging es darum, wie das Contentboard der PostFinance geplant und aufgebaut wurde. Zudem haben Sie Einblick in die Organisation und Prozesse erhalten. Dieser zweite Teil beleuchtet Themen wie Governance, Agendasetting, die Veränderung der Medienarbeit und Krisenkommunikation.

Wenn Sie wissen wollen, wie der Newsroom die Kommunikation bei der Postfinance in den ersten zweieinhalb Jahren verändert hat, lesen Sie im ersten Teil was Silvan Merki auf meine drei Fragen geantwortet hat. (Am Ende dieses Beitrags.)

Auffällig ist euer Gewicht auf der Governance. Wie entscheidet ihr, welcher Content auf die Agenda kommt?

Diese werden von der Unternehmens- und Marktkommunikation gemeinsam mit den internen Stellen, in denen ein Thema aufkommt, gefällt. So bringen zum Beispiel die Finanzen ein Treasury-Thema oder Compliance ein Regulationsthema ein. Gemeinsam mit dem Themenmanager aus der Kommunikation wird das Thema dann beleuchtet und geplant. Gemeinsam beschliessen sie dann, in welchen Kanälen das Thema gespielt wird. Das kann grundsätzlich am Contentboard-Meeting vorbei laufen. Voraussetzung dafür ist, dass alle Beteiligten im gleichen Tool planen und arbeiten, die Masterplanung ist für alle im Unternehmen zugänglich.

Im Contentboard-Meeting behandeln wir nur noch Themen, die inhaltlich, zeitlich oder formal zueinander in Konflikt stehen könnten. Die Sitzung findet alle zwei Wochen am Montagmorgen statt und dauert nur eine Stunde. Wir schauen uns an, ob wir verschiedene Themen zu einer grösseren Geschichte zusammenfassen können. Damit stellen wir auch die integrierte Kommunikation sicher. Wenn also die IT zum Beispiel einen Software-Release mit Kundenimpacts plant, passen wir die Kundenkommunikation entsprechend an. Thema sind auch Überlastungen von Channels und die Lösung von Themenstaus.

Denken die Verantwortlichen im Unternehmen bei ihren Themen an die Kommunikation?

Ja, das funktioniert sehr gut. Im Gegenteil, wir haben eher zu viele Themen. Dann besprechen wir gemeinsam, wann, wie und auf welchen Kanälen wir die Themen spielen. Der Vorteil des Planungstools ist, dass alle Beteiligten schon auf einen Blick sehen, welches die Schwerpunkte im Jahr sind. Diese sind aus der Vision und Strategie abgeleitet. So vereinfachen wir Diskussionen und können leichter Prioritäten setzen.

Ihr seid regulatorisch der Finma unterstellt, wie spielen diese Regelungen in die Arbeit des Contentboards?

Sie haben keinerlei Einfluss auf die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten. Sehr wohl aber bestimmen sie die Themen mit. Wir müssen alle Regulationen berücksichtigen, die auf der Ebene der Geschäftsprozesse spielen. Oft sind diese auch für die Kommunikation relevant, zum Beispiel die Ausführungen zum Automatischen Informationsaustausch mit verschiedenen Ländern. Ohnehin wird jeder Output zu einem Thema, von einem Mailing bis hin zu einem Tweet, vor der Veröffentlichung fachlich und juristisch geprüft. Der Kanalmanager holt dazu die nötigen Freigaben ein.

Im E-Finance hattet ihr Anfang Jahr ein paar Pannen und habt auch mal den Krisenstab aktiviert. Wie spielt der Krisenstab mit dem Contentboard zusammen?

Wir haben verschiedene Eskalationsstufen von Normalbetrieb bis zum Krisenstab. Der Krisenstab ist im Krisenfall auch gleichzeitig der Newsroom, aus dem die Kommunikation gesteuert wird. Dafür treffen wir uns in einem eigenen Krisenraum. Die Kommunikationsleitung, also die Leitung des Contentboards, hat gleichzeitig Einsitz im Krisenstab. Im Normalbetrieb führe ich als Leiter Marketingkommunikation das Contentboard gemeinsam mit dem Leiter Unternehmenskommunikation. Die Masterplanung ist übrigens auch in Notfall- und Krisenräumen einblendbar. So sehen wir, welche Themen gerade laufen und können abschätzen, ob diese von Notfällen oder Krisen beeinträchtigt werden. Je nachdem stoppen wir Massnahmen oder ergänzen Aktivitäten.

Welche Rolle spielen Soziale Medien in der Krisenkommunikation?

Wir nutzen sie erstens als Früherkennung und sehen, wenn irgendwo Rauch aufsteigt. Dann gilt es, die Reaktionen zu gewichten. Wir schauen also auch, wie hoch die Wellen bei Mitbewerbern schlagen. Dabei interessieren uns in jedem Fall Ausschläge gegenüber dem durchschnittlichen Gesprächsaufkommen. In Krisen sind die Socials wichtige Channels für ad-hoc Meldungen.

Hat sich durch das Contentboard der PostFinance die Medienarbeit verändert?

Ja, wir spüren besser, was den Bürger bewegt und was entsprechend von den Medien nachgefragt wird. Wenn wir zum Beispiel eine Mitteilung zu E-Banking vorbereiten, nehmen wir die Fragen, die uns im Laufe der Zeit über soziale Medien gestellt wurden, gleich auf und beantworten sie.

Hat sich die Rolle der Pressesprecher verändert?

Ja, diese müssen mehr an die digitalen Kanäle und die weitere Kommunikation denken und im Dialog müssen sie noch viel schneller arbeiten – um die relevante Haltung von PostFinance zu vielen neuen Themen rechtzeitig bereit zu halten. Sie sind auch die einzigen, die gleichzeitig Themen- und Kanalmanager sind.

Welche Rolle spielen Influencer im Contenboard? Wie werden sie genutzt oder einbezogen?

Wir bezahlen bewusst keine Influencer, betreiben also kein Influencer-Marketing. Wir pflegen aber sehr wohl Influencer-Relations, indem wir sie beispielsweise zum Schulterblick für ein neues Produkt einladen. Dabei behandeln wir sie gleich professionell wie Medien. Zum Thema Twint haben wir zum Beispiel schon mehrmals Blogger aus dem Finanz- und Fintechbereich eingeladen.

Wie löst ihr die die Mehrsprachigkeit?

Praktisch jeder Output ist viersprachig, das heisst, dass jeder Beitrag in der Realisationsphase übersetzt wird.

Macht ihr eine Erfolgskontrolle?

Ja, wir machen Wirkungs- und Erfolgskontrollen, sowohl für grosse Themen mit viel Impact, als auch auf der Produktebene für Marktbearbeitungs-Pushs. Das heisst, dass wir analysieren, was wie angeschaut und geklickt wird – und natürlich, wo Abschlüsse stattfinden. Die Resultate fliessen zurück ins Contentboard. Themen, die nicht gut gelaufen sind, bringen wir entweder nicht mehr oder anders.

Was zieht am meisten?

Relevante Neuigkeiten wie Twint als neues mobiles Bezahlsystem ziehen klar mehr als technische Updates in der App. In Bezug auf die Gestaltung werden kurze Geschichten als Bewegtbild sehr gut aufgenommen.

Was hat sich seit der Einführung des Newsrooms in der Zusammenarbeit verändert?

Sie ist für die an Kommunikationsarbeit Beteiligten transparenter geworden, jeder weiss vom anderen, woran er arbeitet. Das Marketing weiss so immer, was in der PR geplant ist und umgekehrt. Aber auch das ganze Unternehmen hat die Chance, zu wissen, was kommunikativ läuft und zu welchem Thema PostFinance welche Botschaft bereithält.

Ist der Newsroom fertig gebaut oder stehen weitere Entwicklungsschritte an?

Im nächsten Schritt werden wir uns sicherlich den Channels selbst annehmen. Heute verschicken wir zu einem festgelegten Rhythmus Newsletter. Hier wollen wir prüfen, wie wir Relevanz als oberstes Kriterium, aber auch die Personalisierung besser ausschöpfen können. Da gehen wir also nochmals einen Schritt weiter. Künftig denken wir nicht mehr ausschliesslich vom Thema her, sondern wollen vom Kunden her gesehen verstehen, welche Themen ihn wirklich interessieren und wo er diese sucht. Die digitale Kommunikation eröffnet da viele Chancen.

Ich danke Silvan Merki für dieses Gespräch zum Contentboard der PostFinance, für die Zeit, die er sich genommen und das Wissen, das er geteilt hat.

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