Crossmedia bei SBB Cargo: Keine Hauptgeschichte ohne Zweitgeschichte!

Wie funktioniert crossmediale Kommunikation im B2B-Bereich? Dazu habe ich meinen Kunden Martin Radtke befragt; er leitet bei SBB Cargo das Crossmedia-Team.

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Bildquelle: SBB Cargo

SBB Cargo ist die Nummer eins im Schweizer Güterverkehr. Die Güterbahn fährt fast ein Viertel der Transportleistung in der Schweiz. SBB Cargo verbindet in der Schweiz ein leistungsfähiges Netz von Bedienpunkten im Wagenladungsverkehr. Im europäischen Vergleich ist dieses Netz sehr dicht. Das Unternehmen gehört den Schweizerischen Bundesbahnen, SBB und beschäftigt knapp 3000 Mitarbeiter. Täglich meistern sie nicht nur logistische, sondern auch kommunikative Herausforderungen – auch in den sozialen Medien.

Martin Radtke, du leitest bei SBB Cargo das Crossmedia-Team, was dürfen wir uns darunter vorstellen?

Wir bewirtschaften alle schriftlichen Kommunikationskanäle von SBB Cargo. Dazu gehören unsere Unternehmenspublikation «Cargo Magazin», die Website, der Cargo Blog, sämtliche Social-Media-Accounts, interne Newskanäle etc. Zudem liefern wir Beiträge für die Kommunikationskanäle des Konzerns, wie etwa die Mitarbeiterzeitung Unterwegs. Wir arbeiten eng mit unseren Beraterinnen und Beratern zusammen. Sie unterstützen die verschiedenen internen Bereiche bei der Kommunikation. Im Jahresdurchschnitt planen, koordinieren, recherchieren, produzieren und publizieren wir jeden Tag einen Beitrag – meist dreisprachig. Unsere Spezialität ist, Geschichten über mehrere Kanäle zu erzählen.

Was bedeutet für dich im Alltag integrierte Kommunikation?

Eine eng verzahnte, widerspruchsfreie Kommunikation braucht gemeinsame Planung und gegenseitiges Vertrauen. Wir haben einen guten Stand erreicht. Ein Beispiel: Unsere Marketing-Kollegen verschicken regelmässig einen Kunden-Newsletter. Die jüngste Ausgabe verlinkt auf einen Beitrag über Marktleistungen im kombinierten Verkehr und auf einen Beitrag über ein politisches Thema. Dabei geht es um die Position der SBB zur Vorlage «Schienengüterverkehr in der Fläche». Die Vorlage wirkt sich auch auf Rahmenbedingungen des kombinierten Verkehrs aus. Ein Beitrag stammt vom Marketing, der andere von der Unternehmenskommunikation.

Sind für euch als B2B-Unternehmen soziale Medien wie Facebook, Twitter und YouTube überhaupt geeignet?

SBB Cargo setzt strategisch auf den Cargo Blog. Unsere bescheidenen Mittel fliessen vor allem hierhin. YouTube nutzen wir für Filme. Gespräche mit unserer Community führen wir auf Facebook und Twitter, weil unsere Gesprächspartner sich dort austauschen. Die Reaktionen zeigen ungefiltert, wie unsere Kommunikationsarbeit ankommt. Das ist von hohem Nutzen. Bei Bedarf reagieren wir umgehend. Für Geschäftskontakte bedeutender als Facebook sind Xing und LinkedIn. Doch im Kern geht es immer darum, mit Menschen zu sprechen, die Interessen und Bedürfnisse haben.

Ihr habt kürzlich den Relaunch eures Blogs gefeiert. Worauf habt ihr beim neuen Auftritt besonders Wert gelegt?

Wir haben in den Mehrwert für unsere Leser investiert: Jetzt zeichnen unsere Autorinnen und Autoren die Beiträge – endlich! Damit lernen unsere Leserinnen und Lesern die Menschen besser kennenlernen, die bei SBB Cargo arbeiten. So ist nicht mehr jeder Beitrag automatisch eine Verlautbarung des Unternehmens. Zudem haben wir Rubriken geschaffen. Das vereinfacht den Zugang zu den gewünschten Informationen. Neu publizieren wir ausgewählte Beiträge dreisprachig. Und: Das Design passt sich optisch dem Endgerät an.

Content Strategie und Content Marketing sind in aller Munde. Wie packt ihr das ganz konkret an?

Unser grösster Güterwagen hat eine Ladefläche von über 60 Quadratmetern. Das entspricht einer 2-Zimmerwohnung. Eine solche Kapazität verkauft sich anders als beispielsweise ein Kaugummi. Unser Geschäft ist in mancher Hinsicht eher wie der Verkauf eines Investitionsguts. Das beeinflusst auch die

Kommunikation: Seit jeher betonen wir zum Beispiel im Cargo Magazin und neu auch auf dem Cargo Blog das Expertenwissen unserer Exponenten. Und wir publizieren auf unseren Plattformen attraktive Illustrationen und Infografiken. Mit erfreulichem Ergebnis: Fachlehrpersonen verwenden sie im Unterricht für Nachwuchskräfte.

Welche Rolle spielt Monitoring in deiner Arbeit?

Monitoring ist ein unverzichtbares Instrument und ich verfolge Fachdiskussionen, die für meine Arbeit wichtig sind. Regelmässig bekomme ich so Hinweise, die ich dann in einem persönlichen Gespräch vertiefen kann. Monitoring-Tools helfen, den Überblick zu behalten. Ich arbeite mit Hootsuite und Engagor, unterwegs nutze ich oft Feedly und Flipboard.

Erfolgskontrolle, gibt es das bei euch? Falls ja, wie packt ihr das an?

Klar: Vierteljährlich rapportieren wir dem Management. Wie viele andere zählen auch wir externen Besucher, registrieren Besuchszeiten und verfolgen, welche Beiträge ankommen und welche nicht. Beim Konzern haben wir angestossen, für die internen Zielgruppen sogenannte «Empfängerporträts» zu entwickeln. Dank dieser Porträts kennen wir nun unsere internen Gesprächspartner sehr gut. Wir wissen, welche Informationen unsere Mitarbeiter in einer Serviceanlage erwarten. Und mit welchen Endgeräten Angehörige des mittleren Kaders Unternehmensinformationen am liebsten lesen. Solche Informationen helfen, den Erfolg echt zu messen.

Welche Fähigkeiten muss ein Mitglied in deinem Team mitbringen?

Wir haben einen hohen Kostendruck und müssen entsprechend effizient arbeiten. Eine Vorgabe lautet: Wer vor Ort recherchiert, muss neben der

Hauptgeschichte eine Zweitgeschichte mitbringen – inklusive Bild. Dafür hat jeder ein Smartphone. Es ist zu teuer und zu aufwändig, exklusiv für einen einzigen Kanal zu produzieren. Jedes Thema handeln wir mindestens auf zwei Kanälen ab. Dabei adaptieren wir für den jeweiligen Kanal. So zu arbeiten ist für jeden von uns anspruchsvoll. Jeder muss sich laufend weiterentwickeln – niemand kann stehenbleiben.

Gibt es zum Schluss einen Tipp, den du an unsere Leser weitergeben kannst?

Kürzlich bin ich am Swiss Economic Forum in Interlaken gewesen. Was mir aufgefallen ist: Alle waren in Gespräche vertieft, niemand hat an seinem Smartphone herumgedrückt. Denn das persönliche Gespräch ist und bleibt die wichtigste Art der Kommunikation. Darum: Legt regelmässig das Smartphone weg!

SBB Cargo Martin Radtke.jpgMartin Radtke leitet das Crossmedia-Team bei SBB Cargo. Er arbeitet seit 2004 im Unternehmen und war in verschiedenen Funktionen der Unternehmenskommunikation mit Schwerpunkt Print- und online-Publikationen tätig. Davor arbeitete er für mehrere Kommunikationsagenturen und leitete die Kommunikationsabteilung einer kantonalen Direktion.

Martin Radtke ist eidgenössisch diplomierter Public-Relations-Berater. Er hat bei der Schweizerischen Text Akademie Nachdiplomstudien absolviert und sich weitergebildet in Corporate Writing, Digital Publishing und Corporate Publishing.

Disclaimer: www.mcschindler.com begleitet SBB Cargo in strategischen Fragen rund um Social Media. Gemeinsam mit required+ haben wir im dieses Jahr den Relaunch des Blogs begleitet und realisiert.

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3 Kommentare zu “Crossmedia bei SBB Cargo: Keine Hauptgeschichte ohne Zweitgeschichte!

  1. “Youtube nutzen wir für Filme.” Potz.
    Blog: “Jetzt zeichnen unsere Autorinnen und Autoren die Beiträge.” Das ist genial!
    “Dabei adaptieren wir für den jeweiligen Kanal.” So innovativ!

    Gibt es hier ein Icon, das einen Smiley zeigt, der seinen Kopf an die Wand schlägt? Nicht?

  2. Während der erste Punkt ja noch trivial klingen mag (es gibt ja auch noch Vimeo und zweite Aussage ist, dass auch mit Film gearbeitet wird), sind Punkte zwei und drei noch nicht selbstverständlich. Zentral finde ich die Multiautoren-Strategie, die auch Experten sichtbar macht. Und die Erkenntnis, dass nicht der gleiche Inhalt auf alle Kanäle ausgewalzt wird. Das fordert insbesondere bei der Recherche und am Ort des Geschehens: Der Berichterstatter muss in der Lage sein, mehrere Geschichten zu sehen, im Kopf zu haben und diese multimedial sowie passend für die jeweiligen Kanäle aufzubereiten. Darum, lieber kein Smiley, das den Kopf an die Wand schlägt, denn der muss für den anspruchsvollen Job auf jeden Fall frei bleiben.

    Kleines à propos: Ich bin dauernd auf Ausschau nach crossmedialer Best Practice. Welches ist deine?

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