Der Newsroom im Unternehmen: Wie sich Themen effizient steuern lassen

Moss Der Newsroom in der UnternehmenskommunikationWie lassen sich Themen steuern, um integrierte Kommunikation zu ermöglichen? Der Newsroom im Unternehmen wird breit diskutiert und das Fachbuch Newsroom in der Unternehmenskommunikation liefert dazu Antworten. Themen, die im Unternehmen gerade ‚aufpoppen‘ als Medienmitteilungen oder Newsletter zu versenden war gestern, das zeigen die Diskussionen rund um Content-Strategie und Content-Marketing. Diese decken jedoch meist nur die Dimension ‘nützliche Inhalte’ und ‘reichweitenstarke Kanäle’ ab. Selten jedoch kommen Strukturen und Prozesse, also die Organisation als Ganzes, zum Zug. Prof. Christoph Moss schliesst diese Lücke: Mit theoretischen Grundlagen und Fallbeispielen vermittelt er gemeinsam mit zahlreichen Experten aus Wissenschaft und Praxis das Wesentliche zum Newsroom.

Moss weiss, wovon er spricht, schliesslich hat er schon die Newsroom-Projekte von Siemens und Datev begleitet, die ich in diesem Blog beschrieben habe und im Buch auch erwähnt sind. Er stellt aber auch fest, dass das Thema noch weitgehend unerforscht ist. Mit seinem Fachbuch strukturiert er dieses noch unbeackerte Feld.

Von der Theorie zur Praxis

Die ersten sechs Kapitel beschäftigen sich mit den Grundlagen. Die Einführung eines Newsrooms im Unternehmen ist ein Change-Projekt, macht Christoph Moss schon im ersten Kapitel klar:

„Die Änderung von Kommunikationsstrukturen, Machtverhältnissen, architektonischen Zuschnitten, Arbeitszeiten oder Inhalten ist ein tiefgreifender Veränderungsprozess.“

Es folgt die Betrachtung der journalistischen Newsrooms, die „als Blaupause für die Unternehmenskommunikation“ genutzt werden. Klar ist die Trennung nach Themen und Kanälen, was ändert, sind die Bezeichnungen für die Macher. Letztlich entscheidet aber jedes Unternehmen selber ob es mit Editoren, Redaktoren oder Reportern arbeitet. Eine zentrale Rolle mit hoher Entscheidungskompetenz kommt im Tagesgeschäft dem Chef vom Dienst zu.  Im journalistischen Newsroom ist die Chefredaktion für die Steuerung der Themen verantwortlich. Im Unternehmen übernimmt das Strategieteam die themenorientierte Steuerung.

Das Buch begleitet den Leser durch die drei Phasen der Newsroom-Einführung: Vorbereitung, Konzeption und Implementation. Hier wird deutlich, wie wichtig es ist, alle Beteiligten möglichst früh mit Kommunikation und Workshops ins Boot zu holen.

Themendesks und Mediendesks

Die Aufgabenteilung ist gut verständlich beschrieben: „Die Themenmanager sind verantwortlich für die Themen. Sie schlagen dem Chef vom Dienst (CvD) neue Themen vor, recherchieren und schreiben. Sie liefern die fertigen Beiträge an die Mediendesks und informieren den Chef vom Dienst darüber. Die Mediendesks repräsentieren die Medien und Kanäle des Unternehmens. Sie sind, angelehnt an die Medienwelt, die Blattmacher die entscheiden, welches Thema in ihrem Medium wir gross präsentiert wird. Besonders wichtig: Die Mitarbeiter an den Mediendesks arbeiten „als Anwälte des Lesers, Nutzers oder Zuschauers“. Diese Aufbauorganisation aus Themendesk, CvD und Mediendesk wurde auch von den im Buch vorgestellten Unternehmen übernommen.

Die Ablauforganisation regelt die Prozesse und die Kommunikation. Der Leser erhält ein Muster für ein Konferenzsystem, Verhaltensregeln für Konferenzen im Newsroom und zahlreiche Beschreibungen von Musterprozessen.

Der Newsroom ist mehr, wie eine architektonische Lösung, vielmehr entsteht ein „ein Ausgleich zwischen Spezialisierung und Generalisierung“:

“Die Themenorientierung ermöglicht eine starke Ausrichtung auf inhaltliche Kompetenzen im Unternehmen auf der einen und Vermittlungskompetenzen auf der anderen Seite.“

Willkommener Zusatzeffekt: Das Vier-Augen-Prinzip ist gesichert.

Ebenfalls zu den Grundlagen gehört ein Kapitel zu den Säulen des Newsroomkonzepts, mit dem Ziel, Effizienz und Effektivität zu erreichen. Wertvoll, dass in diesem Zusammenhang auch das Kommunikationscontrolling aufgegriffen wird, mit dem sich die PR traditionell etwas schwertut.

Dass das Thema Newsroom in der Unternehmenskommunikation noch in den Kinderschuhen steckt, zeigt die Erhebung von Mona Sadrowski im Rahmen ihrer Abschlussarbeit an der Uni Mainz. Sie hat 2015 in Deutschland sieben Unternehmen ausgemacht, welche die obligatorischen Newsroom-Merkmale aufweisen. Diese sind bereits in einem früheren Beitrag zur Masterarbeit von Larissa Lauth erläutert.

Eigentlich passt das Kapitel zum “Social Media Newsroom als kommunikativer Hub” von Dominik Ruisinger nicht in dieses Buch. Das Thema ist jedoch für alle interessant, welche ihre Online-Präsenzen ihres Unternehmens in ein digitales Schaufenster stellen wollen.

Vier Fallbeispiele

Mit Christian Buggisch von Datev durfte ich mich schon vor dem Start des Newsrooms und dann nochmals acht Monate nach dem Start unterhalten. Neu und darum interessant war für mich die Herausforderung der Deutsche Telekom, mit dem Newsroom die Kommunikation fachlich weiterzuentwickeln. Einerseits ging es um die Verschlankung der Kommunikationsabteilung um 20 % bei gleichem Umfang der Aufgaben. Andererseits um die Verlagerung vom starken Fokus auf die Pressearbeit zugunsten anderer Bereiche. Nicht nur bei der Telekom, auch bei Sanofi wurde die interne und externe Kommunikation zusammengelegt, wie bei Siemens ja übrigens auch. Mit dabei ist – passend zum Kapitel von Dominik Ruisinger – die Casestudy des Porsche Social Media Newsrooms.

Bringt der Newsroom Effizienz?

Die Deutschen Telekom hat das Thema Effizienz im Rahmen des Projektes “Shape Headquarter” auch im Newsroom belegbar umgesetzt. Mona Sadrowski regt allerdings zu Recht nicht ganz unkritisch an, nach ersten Erfahrungen zu überdenken, ob Kommunikationsabteilungen mit Newsroom wirklich effektiver, effizienter und reaktionsfähiger sind als solche mit traditionellen Organisationsstrukturen. Für mich ist klar, dass der Newsroom der richtige Schritt in Richtung der integrierten, crossmedialen und vernetzten Kommunikation ist. Dabei sehe ich aber eher das gemeinsame Handeln im Vordergrund und die Einführung von Strukturen und Prozessen, die sich bewähren. Heute, so scheint es mir, werden gerne Medienmitteilungen verbreitet, mit Fotos von schönen Räumen, einem hippen Open Space, mit einem Tisch für “Stehungen” (Sitzungen sind out) und Videowall. Das Thema Newsroom ist zweifellos wichtig, es ist aber auch eine Frage der Umsetzung, welche einiges an Vorlauf und Zeit beansprucht, bis diese Kultur der Zusammenarbeit greifen kann.

Ich freue mich übrigens, dass Christoph Moss in seinem Buch auch auf praktisch alle Beiträge zum Thema Newsroom, verweist.

Der Newsroom in der Unternehmenskommunikation – Wie sich Themen effizient steuern lassen, ist mit knapp 180 Seiten schnell gelesen. Allerdings verliert das Fachbuch durch die wissenschaftliche Zitierweise etwas an Schwung. Es eignet sich für alle, die das Thema strukturiert angehen möchten.

Der Newsroom in der Unternehmenskommunikation. Wie sich Themen effizient steuern lassen.
Hrsg. Christoph Moss
Softcover: 182 Seiten
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaft
Sprache: deutsch
ISBN: 978-3-658-10853-3
Preis: SFR 31.50 (ohne Gewähr)

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2 Kommentare zu “Der Newsroom im Unternehmen: Wie sich Themen effizient steuern lassen

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