Der Weg zum BLS-Newsroom vom Kick-off bis zum Start: Ein Einblick ins Projektmanagement

Andrea Schweizerin Leiterin BLS-Newsroom
Andrea Schweizer, Leiterin Unternehmenskommunikation BLS

Im Februar 2023 ist der BLS-Newsroom gestartet und die Schweiz damit um einen Corporate Newsroom reicher. Aber: Wie packt man es konkret an, einen Newsroom zu entwickeln? Welches sind die ersten Schritte? Welche Rolle spielen die vier Handlungsfelder des Newsrooms in der Projektorganisation? Was gilt es zu klären, bis der Newsroom startklar ist? Ich durfte das Kommunikationsteam der BLS auf diesem Weg begleiten. Beeindruckt hat mich, mit welcher Umsicht und Zielstrebigkeit das Projektteam unter der Leitung von Andrea Schweizer gearbeitet hat. Im Gespräch haben Andrea und ich einen Rückblick über die neunmonatige Entwicklungszeit und ihre Erfahrungen gemacht. 

Die BLS ist mit ihrem breiten Angebot aus Bahn, Bus, Schiff, Autoverlad und Güterverkehr eines der grössten Verkehrsunternehmen der Schweiz. Andrea Schweizer ist Leiterin Unternehmenskommunikation und Leiterin des BLS-Newsrooms.  

Anstoss zum Newsroom

Anstoss für den Aufbau des BLS-Newsrooms waren die Wiederaufnahme der während Corona unterbrochenen Weiterentwicklungsaktivitäten sowie der Wechsel des CEOs im Herbst 2021. Dieser Wechsel hat zu einem Kulturwandel geführt, der auch die Anforderungen an die interne und externe Kommunikation verändert hat. Dass CEO Daniel Schafer dem Thema gegenüber aufgeschlossen war, hat dem Projektteam den nötigen Goodwill und Raum für die Entwicklung des BLS-Newsrooms verschafft. 

Das bereits gute Setting der Organisation der Kommunikationsabteilung und die Strukturen zu verändern, stand nicht im Fokus. Mit der Organisationsform des Newsrooms sollten vielmehr das Themenmanagement und damit die Wirksamkeit der Kommunikation verbessert werden. Ein klarer Auftrag an die Leiterin Corporate Communications BLS Andrea Schweizer und ihr elfköpfiges Team. 

Ins Thema einfinden

Für Projektleiterin Andrea Schweizer und ihre Stellvertreterin Barbara Weber stellte sich nach dem Go des CEO die Frage: „Wo fangen wir an? Wie schaffen wir den ersten Schritt auf die Brücke?“ Dafür haben die beiden sehr viel gelesen. Dass andere Newsrooms bereitwillig ihre Türen geöffnet und mit Erfahrungen und Tipps nicht gegeizt haben, habe ebenfalls enorm geholfen. Andrea Schweizer betont: „Wir haben schnell bemerkt: Die eine Newsroom-Lösung und das eine Rezept, das für alle funktioniert, gibt es nicht. Diese Erkenntnis hat uns durch die ganze Konzeptionsphase begleitet. Jedes Unternehmen muss seine eigene Form für den Newsroom finden. So haben wir für uns geschaut, welche Elemente für unsere Lösung passen.“

Starthilfe von aussen

Gelesen haben Andrea Schweizer und Barbara Weber auch Beiträge in diesem Blog und sind auf die von mir entwickelten 4 Handlungsfelder des Newsrooms gestossen. Die Handlungsfelder hätten zwar sehr geholfen, das Thema mit der eigenen Realität abzugleichen und Schwerpunkte zu setzen. Allerdings stellten sich mit jeder Frage fünf weitere, so auch zum Aufbau des Projekts. Darum holten sich die beiden Starthilfe von aussen bei meiner Beratungsagentur mcschindler.com. 

Ende April 2022 lernten wir uns bei einem ersten Gespräch am Hauptsitz der BLS in Bern kennen und klärten die Aufgabenteilung. Ab Mai begleitete ich die Projektleitung für die Analyse, das Set-up des Projekts, Workshops, den Aufbau des Konzepts sowie als Beraterin und Sparringpartnerin. Die Projektorganisation, Einbindung des Teams und Verschriftlichung des Newsroom-Konzepts hat die Projektleitung übernommen. 

Strukturiertes Vorgehen

Zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens wussten Andrea Schweizer und Barbara Weber schon einiges. „Wir wollten jene Elemente aus dem Newsroom-Modell herausgreifen, die für unsere Organisation optimal passen. Wir hatten ein Gespür entwickelt, was der Newsroom für uns sein sollte. Und wir wussten klar, was wir nicht wollten. Angelegt hatten wir unglaublich viele Post-it-Kleber und Notizen dazu, woran wir denken wollten. Nur, wie wir bei der Menge an Gedanken und Ideen die ersten Schritte machen sollten, war uns nicht so ganz klar. Da sind wir zum Glück bei dir, Marie-Christine, fündig geworden“, blickt Andrea Schweizer zurück.

Die vier Handlungsfelder des Newsrooms haben sich auch bei der BLS als Denkmodell und Werkzeug bewährt. „Die Handlungsfelder haben uns optimal geholfen, Struktur ins Projekt zu bringen und sechs Arbeitspakete zu schnüren.“ 

  1. Themen und Zielgruppen
  2. Kanäle und Touchpoints
  3. Rollen
  4. Schnittstellen
  5. Planung und Abstimmungsprozesse
  6. Arbeitsinstrumente und Tools

Jedes Arbeitspaket erhielt ein Briefing zu Aufgaben und Lieferergebnissen und unterstand einer Leadperson zur Koordination und als Schnittstelle zur Projektleitung. 

Nicht ohne Team

„Für mich war von Anfang an klar, dass das ganze Team an der Entwicklung des BLS-Newsrooms mitarbeiten soll. Es war von Anfang an involviert und kannte die Richtung, die wir einschlagen wollten. Mir war aber auch klar, dass damals nicht alle eine genaue Vorstellung eines Newsrooms hatten“, beschreibt Andrea Schweizer die gemeinsame Reise. Alle elf Teammitglieder haben, ausgehend von ihren Interessen und Skills, jeweils in mindestens zwei Arbeitspaketen mitgearbeitet

Für Projektleiterin Andrea Schweizer war es in jeder Phase wichtig, ihre Mitarbeitenden nicht nur fachlich ans Thema heranzuführen. Sie wollte spüren, wo die Leute stehen und hat auch regelmässig die Stimmung aufgenommen. Dafür hat sie eine ‘Landkarte der Befindlichkeiten‘ eingesetzt, auf der jedes Mitglied seine aktuelle Stimmung eintragen und Bedenken adressieren konnte. Dies wurde monatlich wiederholt und so sind bis zum Start des Newsrooms zwölf individuelle und nachvollziehbare Reisen entstanden. 

Dieses Vorgehen führte zum ‘Commitment’ des Teams: „Jede und jeder hat am Newsroom mitgearbeitet, sich individuell mit der Theorie des Newsrooms auseinandergesetzt und war schliesslich bereit ‘jetzt loszulegen’.“ 

Agiles und transparentes Projektmanagement

„Für die Umsetzung haben wir uns für ein agiles Vorgehen entschieden, das gab uns auch gleich die Gelegenheit, agiles Arbeiten zu lernen“, so Andrea Schweizer. Entwickelt wurde ein Timing mit zweiwöchentlichen Sprints. Dafür wurden die Arbeitspakete im Microsoft Planner abgebildet. Im Backlog wurden alle Teilaufgaben angelegt und dann pro Sprint in die Liste ‘in Progress’ gezogen. So war immer für alle sichtbar, woran im laufenden Sprint in den Arbeitspaketen gearbeitet wurde. Am Ende des Sprints wurden die Karten in die Phase ‘Review’ zur Freigabe durch die Projektleitung und danach zu ‘Done’ verschoben.

BLS-Newsroom Arbeitspaket in Sprints
BLS-Newsroom-Projekt: Planung der Arbeitspakete in Sprints mit Microsoft Planner

Nicht nur die Einträge im Microsoft Planner waren für alle einsehbar, sondern auch die gemeinsame Projektablage auf SharePoint, die nach Arbeitspaketen strukturiert war. Diese absolute Transparenz wurde auch mir gegenüber gelebt. Ich hatte als externe Beraterin jederzeit Zugriff auf SharePoint und damit die Planung und den aktuellen Stand der Arbeiten. 

„Ursprünglich hatte ich vorgesehen, dass die Resultate aus den Arbeitspaketen alle zwei Wochen im Gesamtteam gespiegelt werden. Das hat so nicht funktioniert, weil es jeweils riesige Diskussionen gab. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem die verschiedenen Teams noch an den Antworten arbeiteten. Darum haben wir das Vorgehen angepasst. Ich habe als Projektleiterin am Ende jedes Sprints die Lieferergebnisse abgenommen. Das Gesamtteam haben wir nur noch punktuell zusammengenommen.“ So fasst Andrea Schweizer ein wichtiges Learning zusammen. „Das hat die ganze Arbeit zwar effizienter gemacht, mich als Projektleiterin aber mehr gefordert. Meine Aufgabe war es, das grosse Ganze im Blick zu behalten und zu sehen, wie die Lieferergebnisse miteinander zusammenhängen. Ich musste entscheiden, was sequenziell und was parallel zu erarbeiten ist.“ 

Mit Konzept startklar

Der Weg bis zur Verabschiedung des Konzepts hat acht Monate gedauert. Im Mai erfolgte der Kick-off zwischen Projektleitung mit mir als externe Beraterin. Bereits im Juni wurde das Team für die Arbeitspakete an Bord geholt. Die Sprints liefen bis Ende Oktober. Ferienabsenzen haben die Arbeitspakete selbst organisiert, dies war ein Vorgeschmack auf die selbstorganisierte Arbeit im Newsroom. Als die Lieferergebnisse im Oktober vorlagen, hat Andrea Schweizer diese in einem Dreierteam ab November in ein Konzept eingearbeitet. In diesem mehrstufigen Prozess haben wir in gemeinsamen Reviews immer wieder Fragen geklärt. 

„Als das Konzept vorlag, war das schon ein schöner Moment“, erinnert sich Andrea Schweizer. Es ist ihr wichtig zu betonen, dass dieses Papier mit den Grundlagen für den BLS-Newsroom lediglich 27 Seiten umfasst – „und keine 200, die für die Ewigkeit geschrieben sind.“ Anfang Dezember hat der CEO das Konzept formell verabschiedet und seine Rückendeckung für den BLS-Newsroom bestätigt. Auch die Geschäftsleitung hat das Konzept zur Kenntnis genommen. Sie hat ausdrücklich die Unterstützung ihrer Bereiche zum Newsroom und damit ihren Beitrag zur integrierten Kommunikation zugesagt.  

Wann ist man bereit, mit dem Newsroom loszulegen? Dazu Andrea Schweizer: „Wichtig ist das Commitment des Teams und dieses hatten wir. Mit den im Konzept definierten Elementen fühlten wir uns startklar. Startklar haben wir für uns definiert als ‘Safe enough to try’“. Das deckt sich auch ausgezeichnet mit dem Rat des CEOs anlässlich der Freigabe des Konzepts: „Eifach mache“, verbunden mit der Aufforderung eher mehr als weniger zu kommunizieren. 

Im Januar hat Andrea Schweizer mit dem Team in vier Workshops nochmals Themen aus dem Konzept vertieft. Im Februar erfolgte der Start des BLS-Newsrooms im Kommunikationsteam und im April wurden die Mitglieder des erweiterten Newsrooms dazu genommen. 

Der BLS-Newsroom im Modell

„Für die Planung und Steuerung der Kommunikation haben wir unser eigenes Newsroom-Modell entwickelt. Es war wichtig, dieses ‘aufs Papier’ zu bringen und im Verlaufe dieses Prozesses zu klären, welche Gremien nötig sind, wo strategische und wo operative Absprachen stattfinden. Wir haben auch alle unsere internen Schnittstellen erhoben und in Bezug auf ihre Wirkung auf die Marke gewichtet. Das gab uns einen Anhaltspunkt, welche Schnittstellen wir über den erweiterten Newsroom oder die Partnerkonferenz näher an den Newsroom anbinden wollen. Struktur zu geben und diese aufs Papier zu bringen hat geholfen“, erklärt Andrea Schweizer und bestätigt ihre frühere Aussage, dass es nicht die eine Lösung und das eine Modell für den Newsroom gibt. 

BLS-Newsroom Modell Steuerungsteam Partnerkonferenz Newsroom
BLS-Newsroom Modell: Struktur geben und diese aufs Papier bringen hilft!

Themenhaus

„Struktur gibt uns heute auch unser Themenhaus“, sagt Andrea Schweizer und kommt auf ein weiteres zentrales Arbeitsinstrument des Newsrooms zu sprechen. Das Team hatte zwar zuvor schon mit einer Themenarchitektur gearbeitet, jedoch implizit, konzeptionell festgehalten war sie nicht. 

Themenhaus BLS AG
Themenhaus der BLS AG

Statt wie bisher abteilungs- oder bereichsorientiert wurden die Themen aus der Strategie und den Markenwerten abgeleitet. So sind drei Säulen entstanden: 

  • Die BLS fährt
  • Die BLS baut
  • Die BLS bewegt

Diese Säulen entstanden nicht von heute auf morgen, sondern sind das Resultat eines intensiven Prozesses der Verdichtung. Alle bisherigen Themen und Beiträge wurden auf Post-its gesammelt. Dann wurde überlegt, was funktioniert und was nicht, gruppiert, priorisiert und aufgeräumt.

Das Themenhaus ist eine Matrix. Neben den grünen Säulen zeigen die in der Grafik abgebildeten rosa Balken die Stossrichtungen der BLS (Legende unter der Grafik). „Jedes Thema im Newsroom muss neben der Themengruppe auch auf mindestens eine Stossrichtung einzahlen“, erklärt Andrea Schweizer. „Regelmässige Reviews sollen Stärken, aber auch Verbesserungspotenzial in der Umsetzung zeigen. Das erlaubt uns eine zielgerichtete und strukturierte Planung“. 

Learnings und Tipps

Ziemlich genau ein Jahr nach dem Kick-off und nach erfolgreich gestartetem BLS-Newsroom fasst Andrea Schweizer ihre Erfahrungen zusammen:

  • Der Informationsbedarf im Team, aber auch von internen Stakeholdern ist nicht zu unterschätzen. Das benötigt Zeit, aber auch den Mut zu sagen, wenn im Entwicklungsprozess eine Antwort noch nicht vorliegt.
  • Eine externe Unterstützung hilft, das vielschichtige Projekt zu strukturieren und dank beratender Stimme und Sparring Sicherheit bei der Umsetzung zu gewinnen. Die Zusammenarbeit mit Marie-Christine Schindler hat die Entwicklung des Newsrooms auf eine andere Ebene gehoben. 
  • Walk the Talk: Bereits in der Entwicklung des Newsrooms mit agilen Methoden, digitalen Anwendungen und Transparenz zu arbeiten, hat das Team auf die Arbeitsweise im Newsroom gut vorbereitet. 
  • Es kann nicht darum gehen, die umfassende Lösung zu konzipieren. Es gilt den Startmoment zu definieren, in dem man sich ‘good enough to try’ fühlt. Ein Newsroom ist nie fertig; umso wichtiger ist es, mit Reviews immer wieder einen Marschhalt einzulegen und zu schauen, was weiter verbessert werden kann.
  • Die Arbeit im Team ist wichtig, eine Person allein kann für die Organisation keine tragfähige Lösung entwickeln.
  • Bei der Besetzung der Rollen sollen die Betroffenen mitreden. Insbesondere bei der Vergabe der neuen Rolle Tageschef/Tageschefin (Chefin vom Dienst) hat es sich bewährt, die Motivation abzufragen. 
  • Rollenbasierte Organisation bedeutet, sich von der Hierarchie zu verabschieden und Verantwortung abzugeben. Für Leitungspersonen ist das ein Lernprozess. 

Andrea Schweizer ist mit ihrem Team in kurzer Zeit einen bemerkenswerten Weg gegangen. Für die weitere Entwicklung wünsche ich dem BLS-Newsroom alles Gute und bedanke mich für die gute, offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

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