Eishockey und Social Media sind die Passion von The_Pinkhair. Als Fast Digital Native verantwortet die 33jährige Fabienne Fisch bei Swiss Ice Hockey SIHF die sozialen Medien. Sie wagt als Autodidaktin im Bereich Social Media und Web gerne Neues, stützt es aber auch fundiert ab, zum Beispiel mit ihrer Ausbildung im CAS Social Media Management an der HWZ (ich bin in diesem Lehrgang Dozentin für Online-PR).
Ins Gespräch gekommen sind wir durch meine Umfrage auf Twitter und Facebook nach Schweizer Organisationen auf Snapchat. Die SIHF hat im April zum Start der Länderspiele mit Snapchat losgelegt und Fabienne Fisch war spontan bereit, ihre Erfahrungen aus dem Hockey Leben auf Snapchat mit meinen Lesern hier zu teilen. Im Anschluss gibt sie sechs Tipps zur Nutzung von Snapchat.
Vielen Dank, Fabienne, dass du dir Zeit für unser Gespräch genommen hast.
Wer ist Swiss Ice Hockey?
Die Swiss Ice Hockey Federation (SIHF) ist die Dachorganisation des Schweizer Eishockeys. Die SIHF vereint den Leistungssport mit den Abteilungen „National Teams“ und „National League“ sowie den Nachwuchs- und Amateursport mit den Abteilungen „Youth Sports & Development“ und „Regio League“.
Wie ist die Kommunikation organisiert?
Wir sind ein Team von drei Personen, welche sich hauptsächlich um die Kommunikation kümmert. Generell laufen offizielle Informationen über den Media Officer beziehungsweise seinen Stellvertreter. Ein Teil dieser Kommunikation wirkt sich natürlich auch auf Social Media aus, welche hauptsächlich von einer Person betreut werden.
Seit wann nutzt ihr Snapchat ?
Wir nutzen Snapchat seit Anfang April. Im Hinblick auf die WM-Vorbereitungsspiele im April haben wir spontan einen Account eröffnet und damit angefangen. Ein Blick über den Teich nach Amerika und Kanada hat uns dazu inspiriert, dort nutzen die Eishockey-Verbände Snapchat schon. Besonders aufgefallen ist uns aber auch der Account der Hockey Junioren aus Tschechien.
Wie oft postet ihr neue Beiträge?
Nach dem aus unserer Sicht erfolgreichen Testlauf war es klar, das Snapchat ein Bestandteil der Social Media-Mix sein soll. Für uns ebenfalls klar ist es, dass Snapchat ein Event-Tool ist, welches nicht regelmässig mit Beiträgen bespielt werden soll, sondern gezielt für bestimmte Events eingesetzt wird.
Während dem Sommer haben wir Storys aus den Trainings-Camps der U20-Mannschaft sowie der U18 Mannschaft geteilt. Die Follower konnten einen Blick ins Trainingslager werfen und teilweise auch die Spiele per Bild und Video verfolgen.
Für das Trainingslager der Frauen U18-Mannschaft und der Schiedsrichter liessen wir die Teilnehmer der Lager unter dem Motto „Snapchat-Takeover“ selber berichten. Die Spielerinnen bzw. die Schiedsrichter erhielten den Zugang zum Account und berichteten selbstständig.
Wie sind die Beiträge aufgebaut Bild/Video?
Während den Vorbereitungsspielen haben wir uns mit Snapchat in den Bereichen bewegt, in welche die Fans normalerweise nicht kommen. Wer uns auf Snapchat verfolgt hat, konnte einen Blick hinter die Kulissen werfen und sehen was da so passiert.
Aktuell haben wir keine bestimmten Vorgaben oder Richtlinien definiert. Wir nutzen je nach Situation Bild oder Video und versehen dies mit Texten und Emojis. Wichtig ist einfach, dass die Snaps spontan und emotional wirken. Snapchat ist ein Tool, das vor allem junge Menschen intensiv nutzen und der Einsatz von Emojis steht da hoch im Kurs.
Welche Beiträge ziehen besonders gut? Was funktioniert gar nicht?
Snapchat selbst bietet keine umfangreichen Analytics an um festzustellen, welche Art von Beiträgen gut funktioniert. Auch das Erhalten von Feedback gestaltet sich eher schwierig, da hier keine direkte Zwei-Weg-Kommunikation möglich ist, ohne dass man den Followern zurückfolgt. Auf den anderen Social Media-Kanälen haben wir bisher kein Feedback zu den Snapchat-Stories erhalten.
Drittfirmen haben in den letzten Wochen jedoch Software entwickelt, mit der gewisse Auswertungen gemacht werden können. Diese nutzen wir jedoch aus Kostengründen aktuell nicht.
Wie kommt ihr auf Snapchat zu Fans?
Wir kündigen den Snapchat-Event jeweils auf unseren anderen Social Media-Kanälen Twitter, Facebook und Instagram an. Wir konnten dadurch die Anzahl Views pro Story auf aktuell rund 1‘100 steigern.
Wie kommt ihr mit den Fans ins Gespräch?
Nach einem ersten Testlauf mit der Begleitung der WM-Vorbereitungsspiele konnten wir nach rund zwei Wochen bereits durchschnittlich 350 Views pro Story zählen. Der Austausch auf Snapchat mit den Fans und Followern gestaltet sich schwer. Snapchat, so wie es jetzt in der Schweiz verfügbar ist, ist vorallem für die Einweg-Kommunikation gemacht. Vereinzelt werden Screenshots gemacht, allerdings nicht so oft, weil wohl die meisten Snapchat-User wissen, dass das dem Kontoinhaber gemeldet wird. Bei Snapchat kann man sich ja auch via Chat austauschen, das funktioniert allerdings nur dann, wenn sich User gegenseitig folgen. Ein Unternehmen sollte sich dessen bewusst sein, dass es dafür seinen “Freunden” zurückfolgen muss. Update: Der Austausch zwischen Fabienne und Jochen in den Kommentaren hat gezeigt, dass der Austausch ohne gegenseitiges zurückfolgen klappt. Das bedingt aber, dass die Einstellungen offen gestaltet sind, wie von Jochen in den Kommentaren angemerkt. Danke dafür.
Verwertet ihr auch User generated Content? Falls ja, wie funktioniert das?
Die Verwendung von User-generated Content gestaltet sich innerhalb von Snapchat sehr schwer. Es gibt Möglichkeiten, die Fans dazu aufzurufen Snaps zu einem Thema/Event zu machen, jedoch bleiben diese innerhalb von Snapchat und sind auch nicht einsehbar, wenn man nicht den entsprechenden Personen folgt. Es gibt nicht die Möglichkeit Content mit einem bestimmten Hashtag zu aggregieren.
Gibt es Hilfsmittel und Tools, die für die Produktion der Beiträge unverzichtbar sind ?
Ein Handy mit einer guten Akkulaufdauer ist ein Must. Snapchat verbraucht sehr viel Akku. Ansonsten vorallem die Lust und die Freude daran, den Kanal zu betreuen und zu bespielen. Den Mut, auf eine Weise zu kommunizieren, die man sonst nur mit seinen Freunden pflegt. Ansonsten haben wir uns verschiedene Tools angeschaut wie zum Beispiel Snaplytics für die Erfolgskontrolle, die Preise liegen aber fernab von dem, was sich ein KMU oder auch eine Nonprofit-Organisation leisten können.
Wie geht ihr als nationaler Verband mit der Mehrsprachigkeit um?
Die Mehrsprachigkeit ist ein schwieriges Thema, jedoch vorallem bei Snapchat eher untergeordnet. Texte auf Snapchat sind eher nebensächlich. Meistens reicht ein Wort oder ein kurzer Satz. Wir nutzen dafür oft englische Begriffe, welche im Eishockey verbreitet sind. Ansonsten halten wir den Text auf Snapchat eher kurz und die Sprache einfach und wechseln zwischen Deutsch und Französisch.
Inzwischen gibt es ja auch Instagram Stories, wir wirkt sich das auf Snapchat aus?
Die Einführung von Instagram Stories war eine Überraschung. Der Unterschied besteht wohl hauptsächlich in der Zielgruppe. Auf Snapchat sprechen wir eher jüngeres und allenfalls auch neues Zielpublikum an. Inhaltlich trenne ich es insofern, dass ich Events ausschliesslich auf Snapchat begleite und auf Instagram eher einzelne Bilder als Story posten werde. Die Vergänglichkeit der Stories passt nicht zum Content, den wir auf Instagram publizieren wollen.
Welche Fragen sollte sich eine Organisation stellen, die Snapchat für sich evaluiert?
Ist meine Zielgruppe überhaupt auf Snapchat und wenn ja, was kann ich bieten. Auch wenn Snapchat inzwischen von der Generation 25+ entdeckt wurde, ist ein Grossteil der User noch sehr jung.
Sechs Tipps zu Snapchat
Gerne gebe ich hier gerne meine persönlichen sechs Tipps aus meinen Erfahrungen weiter:
1. Tu es weil du willst und nicht weil du musst
Bei Snapchat wird am schnellsten deutlich wenn die Beiträge erzwungen sind oder von einer Person erstellt werden, die mit der App nicht wirklich etwas anzufangen weiss. Am Besten lässt man jemanden snappen, der sich dafür begeistern kann und die Möglichkeiten der App auszunutzen weiss. Ob das jetzt der Lehrling oder der Marketingleiter ist, ist völlig egal.
2. Erzähle eine Story – in Echtzeit
Snapchat sollte nur eingesetzt werden, wenn man eine Story erzählen kann. Anders als andere Kanäle, kann ein Snapchat-Account nicht „verwaist“ wirken, daher macht es nichts, wenn über längere Zeit nichts passiert.
Besonders gut geeignet für Snapchat-Stories sind Events, gerne auch nicht öffentliche Events. Mit einer Story kann ein Fan einen Event fast live miterleben und erhält Eindrücke, die er sonst nirgends sieht. Der Vorteil auf Snapchat ist, dass die Snaps chronologisch sinnvoll angezeigt werden und dadurch auch „Späteinsteiger“ den Event in der richtigen Reihenfolge miterleben können. Wichtig: Ein „Willkommens-Snap“ macht deutlich was den Fan erwartet und ein „Goodbye-Snap“ zeigt klar, wann die Story zu Ende ist.
3. Wirf dein CI/CD über Board
Wenig Text, viel Bild und Emojis. Sowas ist wohl in keinem CI/CD oder Wording einer Firma enthalten. Snaps dürfen mit Emojis, Zeichnungen und flotten Sprüchen versehen werden, solange es authentisch wirkt. Auch wenn dem Grafiker dann die Haare zu Berge stehen.
4. Gib die Kontrolle aus der Hand
Wieso nicht mal einen Mitarbeiter aus der Produktion snappen lassen? Ein Snapchat-Takeover ist die ideale Gelegenheit den Fans mal Einblicke aus der Perspektive ausserhalb der Marketing-Abteilung zu geben.
5. Zurück zum Hochformat
Auch wenn oft propagiert wird, dass Videos im Querformat aufgenommen werden sollen, gilt diese Prämisse nicht für Snapchat. Die meisten halten das Handy wie gewohnt aufrecht in der Hand und daher sind Aufnahmen im Hochformat besser geeignet für Snapchat.
6. Erwarte kein Feedback
Snapchat ist eine Einweg-Kommunikation. Es gibt keine Likes, Kommentare und Herzchen. Im besten Falle werden dir deine Fans auf einem anderen Weg sagen, dass es eine witzige Aktion auf Snapchat war. Im Normalfall herrscht aber einfach Funkstille.
Prinzipiell teile ich einige Erfahrungen, aber dem Punkt “Erwarte kein Feedback” muss ich vehement widersprechen. Snapchat ist alles andere als eine Einweg-Kommunikation. Ganz im Gegenteil. Schaut man sich die anderen Netzwerke an, ist es das Netzwerk mit der meisten User-Interaktion. Die Leute schreiben, kommentieren Snaps per Chat oder machen bei Abstimmungen Screenshots. Ich bekomme über Snapchat deutlich schneller und mehr Feedback als über Twitter – und ich habe bei Twitter (noch) mehr Follower als bei Snapchat.
Ist es wirklich so, dass die App-Version in der Schweiz den anderen hinterher hinkt? Denn inzwischen ist es ja doch möglich, mit Leuten zu kommunizieren, die einem nicht folgen – vorausgesetzt, man hat es in den Einstellungen richtig eingestellt (Einstellungen => “Wer darf… Mich kontaktieren” => Jeder).
Hallo Jochen
Bei uns sind die Erfahrungen anders, Screenshots werden eher selten bis nie gemacht und gechattet wird eigentlich gar nicht.
Vielleicht braucht dies einfach auch ein Weilchen, bis unsere Follower sich getrauen. Schade finde ich, dass die Konversationen dann halt immer nur für die beiden Beteiligten einsehbar sind und auch nur solange man den Chat geöffnet hat. Das macht das Kommentieren aus meiner persönlichen Sicht weniger attraktiv als auf einer öffentlichen Plattform.
Was mir bei so etwas hilft: Lange auf den Text im Chat drücken, dann wird der Chat gespeichert und man weiß später auch noch, worum es geht! ;)
Mich wundert das wirklich, weil ich nicht nur ich diese Erfahrung gemacht habe, sondern es schon von vielen – sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen – gehört habe, dass die Interaktionsrate bei Snapchat deutlich besser ist, als auf anderen Kanälen.
Aber trotzdem noch einmal zurück zu meiner Frage: Ist die Snapchat-App in der Schweiz auf einem anderen Stand, als in Deutschland? Also kann man bei euch nur chatten, wenn man sich gegenseitig folgt oder lag das nur an euren Einstellungen?
Danke für den Tipp mit dem Chat speichern. Den kannte ich noch nicht.
Am Anfang gings wirklich nur bei gegenseitigem folgen, aber jetzt gehts generell. Kann gerne mal ein Update geben, wenn wir mal wieder auf Snapchat unterwegs waren.
Vielen Dank für eure Präzisierungen, ich habe den Beitrag dahingehend angepasst.