Wenn es darum geht, für Unternehmen Sichtbarkeit und Reichweite zu generieren, sind Social Media im Krebsgang. Owned Media, also unternehmenseigene Medien und damit Digital Publishing, gewinnen an Bedeutung. Bevor Sie sich also überlegen, wie Sie Ihren Content (mit oder ohne Werbung) auf Facebook, Twitter & Co. sichtbar machen, denken Sie um: Natürlich geht es um relevanten Content, aber im nächsten Schritt folgen die Formate. Davon gibt es Unzählige, doch bewegen sich Unternehmen meist im Dreisprung von Bild, Text und Video, also genau darin, was soziale Netzwerke unterstützen. Owned Media schränken nicht ein, sie lassen viel mehr Freiheiten im Produktionsprozess und bei der Ausgestaltung der Inhalte. Beispiele gefällig? Der Digital Publishing Award 2019 hat dieses Jahr auf der Leipziger Buchmesse zum ersten Mal sechs wegweisende Digital Publishing-Projekte ausgezeichnet.
Innovativ mit owned Media
Ist Ihnen bewusst, dass Sie nicht nur durch die Wahl der Kanäle, sondern insbesondere durch die Formate steuern, wen Sie erreichen? Vor allem haben Sie es in der Hand, Inhalte so zu gestalten, dass sie verfangen und dadurch mehr Wirkung erzielen. Stärken Sie mit Digital Publishing Ihren owned Content so, dass er später von einem interessierten Publikum wiedergefunden wird. Auf eigenen Plattformen klappt das, bei Social Media ist das schwierig. Oder haben Sie schon einmal versucht, einen Beitrag bei Facebook oder LinkedIn wiederzufinden?
Der Digital Publishing Award 2019 zeichnet herausragende Projekte aus, mit denen vor allem Verlage, aber auch verlagsähnliche Akteure wie Unternehmen aus verschiedenen Branchen, Influencer oder Blogger die digitale Transformation meistern. Die Jury, bestehend aus neun Digitalexperten, würdigt herausragende Produkte, Prozesse oder Geschäftsmodelle, mit denen Inhalte publiziert werden, mit dem Branchenpreis für Innovationen im Bereich des digitalen Publizierens. Ins Leben gerufen haben ihn Steffen Meier und Daniel Lenz vom Digital Publishing Report (Beiträge aus meinem Blog sind auch immer wieder in diesem Magazin zu lesen) und Vedat Demirdöven, Organisator des Deutschen eBook-Awards.
Die Preisträger
Das sind die Preisträger sind 2019, die Projekte sind mit den Präsentationsvideos verlinkt:
Book Sprints in der Kategorie Prozess/Technologie: Wer gemeinsam mit anderen ein Buch schreiben und das Projekt effizient gestalten will, findet hier eine Lösung. Der kollaborative Schreibprozess wird einerseits unterstützt durch eine Software für die Anfertigung von Epubs und druckfertigen PDFs. Im Hintergrund arbeitet aber auch ein Team von Illustratoren, Korrektorinnen und Buchdesignern an der Fertigstellung des Buches mit. Bisher wurden via Book Springs um die 150 Fachbücher produziert, dazu gehören auch Corporate Publishing-Bücher.
We Audiobook You von Bookwire in der Kategorie Produkt/Geschäftsmodell B2B: Hier wird der Schritt vom Buch zum Hörbuch leicht gemacht. Wer ein Buch vertonen will, erhält via Soundcloud eine Auswahl von Hörproben aus drei verschiedenen Preiskategorien. Nach einer Offerte zum Fixpreis erfolgt die Produktion. Bookwire stellt für die Verbreitung des Hörbuchs auch ein weltweites Distributionsnetz zur Verfügung. So lässt sich das Hörbuch in allen relevanten Shops und Bibliotheksaggregatoren anbieten, zum Beispiel im Kindle-Shop von Amazon, bei Apple im iBooks Store, auf Tolino oder Divibib. Dazu gehört auch eine Analytics-Software, die zeigt, wo sich das Buch wie gut verkauft.
Blood Sugar Lounge (Verlag Kirchheim) in der Kategorie Produkt/Geschäftsmodell B2C: Allein in Deutschland gibt es über 6 Millionen Menschen mit Diabetes. Diese Menschen haben ein hohes Interesse, sich untereinander auszutauschen. Die Blood Sugar Lounge ist eine vom Verlag gesteuerte Diabetes-Community, welche Betroffene miteinander vernetzt. Online läuft das via Community-Funktionen wie Profile, Rollen-Badges, Chat-Funktionen und Gamification-Elementen. Die Betroffenen treffen sich aber auch persönlich an Veranstaltungen wie Barcamps. Bei diesem Projekt handelt es sich um ein echtes Crowd-Sourcing, denn die User erstellen ihre Inhalte komplett selbst als Texte, Audio und Fotos. Ergänzt wird das Angebot durch Fachartikel aus dem Verlag.
Content Blockchain (content-blockchain.org) aus der Kategorie Startup: Vergleichbar mit traditionellen Identifiern aus der Medienwelt wie ISBN, ISSN oder ISRC sollen in der Content Blockchain über den International Standard Content ISCC digitale Inhalte und Nutzungslizenzen verwaltet werden. Mit ISCC sollen Bilder, Texte und Videos kostenlos und von jedermann generiert werden können. Dabei sind Identifier und Lizenzbedingungen auf einer Blockchain eingetragen, die öffentlich zugänglich und maschinenlesbar ist. Die Jury ist der Meinung, dass dieses Projekt, wenn die Verlage mitziehen, den gesamten Markt positiv verändern wird.
Sound of Magic (Everbyte) in der Kategorie Sonderpreis (Kunst/Literatur/Gaming/…): Der Preisträger kombiniert ein klassisches Hörspiel mit einer vollständig interaktiven Fantasy Spielwelt. Dabei handelt es sich um ein Game, das auf dem Smartphone gespielt wird. Allerdings bleibt der Screen schwarz, denn auf Grafiken wird komplett verzichtet. Mit wischen nach rechts, links, nach oben oder unten navigiert man sich durch die Szenen. Während am Anfang noch Aufforderungen nötig sind, stellt sich das innert kürzester Zeit ganz automatisch ein. Augen zu, Ohren auf und schon taucht man in seine eigene Phantasiewelt ein. Ich geb es zu, aus dem Video hat sich mir das Konzept noch nicht ganz erschlossen, da gibt die Demo deutlich mehr her, die es hier für iOS oder Android gibt.
Michaela Philipzen (Ullstein) in der Kategorie Digital Leader: Sie ist erst seit Mai 2018 die technische Leiterin/CTO bei den Ullstein Buchverlagen, hat in dieser Zeit aber offenbar einiges bewegt. So hat sie bei Ullstein die digitale Transformation angestossen. Mit viel Initiative und wohl auch einer gewissen Portion Hartnäckigkeit hat sie dafür gesorgt, dass bei Ullstein Technologie strategisch eingesetzt wird. Leider führt die Award-Seite ihre Leistungen nicht weiter aus. Unerwähnt lassen wollte ich sie deshalb aber auch nicht.
Diese Projekte sind sehr visionär und zeigen, wohin die Reise gehen. Selbst wenn Sie mit Ihrem Unternehmen noch nicht ganz in dieser Liga spielen können oder wollen, so konnten Sie sich hoffentlich trotzdem ein Bild machen, in welche Richtung Digital Publishing sich künftig entwickeln könnte.