Auch wenn gemäss Bernet/ZHAW-Studie Blogs im Online-Kommunikations-Mix eher ins Hintertreffen geraten, so beobachte ich in der Praxis einen anderen Trend. Mein Kunde SBB Cargo hat nach fast sechs Jahren die zweite Generation seines Blogs umgesetzt. Bloggen für B2B war auch ein Thema an der letzten SOMshare-Veranstaltung, bei der Daniela Reinhard, Leiterin Marketing-Kommunikation bei Zühlke über das Blogprojekt sprach und ihre Erfahrungen teilte.
Zugegeben, der Blog ist mit drei Monaten noch sehr jung und es ist wohl noch verfrüht, über „erfolgreiches Bloggen“ zu sprechen, da steht die Bewährungsprobe noch aus. Aber es gibt einiges zu sagen, was es braucht,
bis ein Blog überhaupt steht. Zum Zühlke Blog, der von Namics, basierend auf WordPress, gebaut wurde und am 18. April 2013 live ging, habe ich einige interessante Ansätze gehört, die ich hier gerne teile:
- Die Teppich-Etage muss mitmachen: Das Top-Management kann mit einem stringenten Konzept und guten Argumenten für das Projekt angewärmt werden. Dann aber gilt es umzusetzen und immer wieder mit Resultaten zu überzeugen.
- Basisdemokratie kann helfen: Die Frage der Kultur wurde immer wieder angesprochen. Bei Zühlke arbeiten Fachleute, die in ihrem Unternehmen etwas bewegen wollen. 24 verschiedene Autoren haben allein in den ersten neun Wochen 39 Beiträge geschrieben.
- Ambassadoren statt Zentralismus: Es gibt nicht „die Redaktion“ die bestimmt, was in den Blog kommt. Zühlke hat im Moment 5 Ambassadoren, die für ein Thema einstehen, die Redaktion planen sowie Autoren motivieren und coachen. Die Ambassadoren bringen als Mitglieder des Managements oder als Senior Experten die nötige Entscheidungskompetenz mit.
- Interne Kommunikation als Basis: Zühlke verwendet SharePoint als Kollaborationsplattform sowie Yammer als integrierte Social-Network-Komponente für die Kommunikation. So rücken Standorte näher zusammen und Themen und Experten werden sichtbar. Wertvolles Wissen also, das wiederum für den Blog genutzt werden kann.
- Ein Multitautoren-Blog positioniert die Experten: Zühlke zeigt seine Autoren prominent, und wer schon mehrere Beiträge publiziert hat, bekommt sie auch bei seinem Profil angezeigt. Mit der Anhäufung der Beiträge positionieren sich die Schreiber als Experten und erhalten ihren eigenen Blog im Blog. Die Kehrseite der Medaille? Alle Schreiber tun dies neben den Projekten, die sie betreuen. Wenn es dort brennt, riskiert der Blog, in der Prioritätenliste nach hinten zu rutschen.
- Vertrauen statt Kontrolle: Den Autoren wird das Vier-Augen-Prinzip nahe gelegt, aber nicht vorgeschrieben. Bis heute haben das alle freiwillig beherzigt und ihre Beiträge von mindestens einer weiteren Person gegenlesen lassen. Normalerweise macht der Autor den Ambassador auf seinen Beitrag aufmerksam und bittet ihn um Feedback. (Der Approach ist mutig, die Praxis wird zeigen, wie die Qualitäts-Sicherung in die Prozesse einzuflechten ist.)
- Autoren beantworten Kommentare: Geht auf einen Beitrag ein Feedback ein, wird dieses vom Autor selber, der sein Thema am besten beherrscht, beantwortet. Organisatorisch sicher eine Herausforderung, die Autoren dafür zu sensibilisieren, dass sie zeitnah antworten, aber in der Sache konsequent und logisch.
- Ein Blogprojekt ist auch ein Change Projekt: Das Unternehmen hat mehr „Sprecher“ denn je, es will und muss mehr Freiheiten gewähren. Change Agents heissen die Leute, die breit abgestützt an der neuen Kommunikation mitziehen.
- Ohne Prozesse geht es nicht: Konkret nutzt Zühlke vier Werkzeuge , welche die Prozesse unterstützen:
- Social Media Participation Guide: Wer mitmachen will, soll die Regeln kennen. Die Guidelines legen fest, in welchen Kanälen das Unternehmen mit welchen Zielen präsent ist. Er zeigt auch die Chancen und Risiken wenn sich ein Mitarbeiter in Social Media ganz allgemein bewegt. Grundsätzlich geht es darum die Mitarbeiter zu ermuntern, im Social Web aktiv zu sein.
- Redaktionsplan: Soll ein Agendasetting möglich werden, braucht es eine Planung. In der Startphase ist eine lose Folge von ein bis zwei Beiträgen pro Woche geplant, bis sich die Prozesse eingespielt haben.
- Netiquette und Blogger Guideline: Die Schreiber erhalten Empfehlungen, wie man für das Web schreibt, wie viele Zeichen ein Beitrag idealerweise hat, wie Tags (Verschlagwortung des Artikels) zu handhaben sind. Last but not least gibt es eine klare Anleitung, wie mit Kundennamen umzugehen ist.
- Interaktionsprozess: Autoren kommentieren und interagieren direkt.
Es geht auch ohne Kategorien – oder eben doch nicht: In der Startphase kommt der Blog ohne Kategorien aus, die Orientierung läuft über die Schlagworte. Ein überraschender Ansatz, der – bei genauerem Hinschauen – einfach sehr pragmatisch ist. Wer Kategorien vergibt, ist in der Lage, die Identität seiner Organisation und die Ausrichtung des Blogs in wenigen Worten festzumachen. So etwas geht nicht von heute auf morgen.
Vor dem Blog ist nach dem Blog – es gibt noch viel zu tun
Ein Blog ist nie fertig gebaut, sondern Work in Progress. Das ist sehr wichtig für alle zu wissen, die einen Blog aufbauen. Erst die Praxis zeigt, was von den Lesern gewünscht und vom Unternehmen für die eigene Darstellung als gut betrachtet wird. Der Blog wird über die kommenden Monate da und dort optimiert, wobei die Kategorien ganz oben auf der Liste stehen.
Damit der Schwung der Starphase auch in den regulären Betrieb übernommen werden kann, brauchen die Autoren Unterstützung: Förderung und gegenseitige Vernetzung für den Erfahrungsaustausch stehen auf der to do-Liste.
Die Blogbeiträge werden, zusammen mit weiteren Themen, auf den verschiedenen Social Media Plattformen gestreut. Zühlke kommuniziert auf Facebook , Twitter, Xing, LinkedIn, Slideshare, YouTube und Kununu. So ist es naheliegend, dass als nächste Massnahme ein Social Media Newsroom ins Auge gefasst wird.
Und diese Einladung gebe ich gerne weiter: „Willkommen auf dem Zühlke Blog. Sie finden hier Beiträge von Innovations-begeisterten Menschen. Unsere Gedanken und Ideen kreisen ums Software Engineering, die Produkt-Entwicklung und die Management-Beratung. Diskussionen darüber bringen uns weiter: Daher der unverblümte Aufruf: Join the conversation!“
Daniela Reinhard, der ich auch bei der Unterstützung für diesen Beitrag danke, hat ihre Präsentation auf Slideshare geteilt:
Ich nutze diese Gelegenheit, um Gaetano Mecenaro zu danken. Er ist Gründer und Moderator von SOMshare – der Community für Social Media Experten, Erfahrene, Entwickler und Enthusiasten der Schweiz. Mit den Fachveranstaltungen schafft er Gelegenheiten für Begegnungen und fachlichen Austausch auf hohem Niveau. Mitglieder für die Gruppe, aber auch Berufsleute, die ihr Praxiswissen teilen möchten sind gleichermassen herzlich willkommen.