Es gibt es keinen Zweifel: Nie hatten wir mehr Zahlenmaterial zur Verfügung um die Resultate unserer Aktivitäten zu messen, wie heute. Und so werden Listen wie 100 Ways to Measure Social Media erst einmal dankbar in die digitale Westentasche gestopft und reflexartig gebookmarkt im Glauben, man hätte nun die ganze Weisheit im Sack. Es muss nur einmal ein Ziel um die Ecke kommen, das dann sogleich mit der Messklappe erschlagen wird. Wirklich?
Zugegeben, das tönt etwas zynisch. Das kommt aber auch nicht von ungefähr. Wie die Stecknadel im Heuhaufen suchen wir nicht erst seit gestern nach der Lösung, wie wir die Resultate unserer PR-Aktivitäten messen. Das ist auch in Social Media nicht anders und jene, die erst einmal Ziele definieren, bevor sie den obligaten Facebook-Account eröffnen, spielen schon mal in einer höheren Liga. Am PR 2.0 Forum haben mein Co-Autor Tapio Liller und ich im Seminar „Social Media Kommunikation systematisch planen“ die Teilnehmer darauf sensibilisiert, wie wichtig es ist, erst greifbare Ziele festzusetzen. Greifbar bedeutet messbar nach dem Motto: „nur was man messen kann, kann man auch managen“. An der gleichen Veranstaltung war ich mit Wolfgang Lünenburger-Reidenbach im gleichen Panel und er hat die bemerkenswerte Aussage gemacht, dass er keine Mandate für Kommunikation im Social Web annimmt, ohne dass die Ziele und deren Messbarkeit vereinbart sind. Diese Konsequenz hat mich beeindruckt, aber auch nachdenklich gestimmt. Wie legt man realistische und nachvollziehbar messbare Ziele fest?
Mit PR verfolgen wir Kommunikationsziele, die sich in drei Kategorien einteilen lassen:
- Informationsziele
- Wissensziele
- Verhaltensziele
Diese wiederum gruppieren wir nach quantitativen und nach qualitativen Kriterien. Wie übrigens Ziele für Social Media griffig gesetzt werden können, zeigt die Agentur Storymaker, die Carl Zeiss kommunikativ im Social Web begleitet. Da wo es um quantitative Werte
geht, ist die Welt noch in Ordnung, denn Zahlen sind ja zuhauf vorhanden. Beachten müssen wir, dass wir die Werte
- in einen Bezug setzen: Prozentzahlen ohne die Angabe der Gesamtmenge sind wertlos.
- an einem Ziel ausrichten: Werte, die nicht aufzeigen, auf welche Weise sie sich über eine bestimmte Zeit in Richtung Ziel verändert haben, bleiben statisch.
Jeremiah Owyang von Altimeter gibt zudem mit seiner ROI-Pyramide eine Wegleitung, wie innerhalb einer Organisation Ordnung in diesen Zahlenhaufen gebracht werden kann.
Aber auch er bleibt mir in seinem sehr empfehlenswerten Beitrag die Antwort auf zwei Fragen schuldig:
Frage Nummer 1: Wie packt man die vorhandenen Ergebnisse in eine griffige Formel (oder einfach Form) die sich eignet, nachvollziehbar auszusagen, wie weit die gesteckten Kommunikationsziele sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht erreicht wurden? (Und zwar auch für jemanden nachvollziehbar, der kein Statistik-Studium absolviert hat).
Frage Nummer 2: Kann und soll man Ergebnisse aus dem Social Web in ein Verhältnis zu bezahlter Kommunikation (z.B. Facebook-Anzeigen oder Ad Words) setzen und das Resultat in Franken oder Euro umrechnen? Wir kennen diese Frage aus der Umrechnung von Format und Position von Clippings vs. Werbeanzeigen.
Owyang hält zu Frage Nummer 1 fest, dass jedes Unternehmen letztlich für sich selber herausfinden muss, wie es dies für sich löst. Ich bin der Meinung, dass wir alle weiter kommen, wenn wir diese Lücke gemeinsam schliessen, indem wir uns zu diesem Thema mit Erfahrungen und Meinungen austauschen. Gelingt es uns, eine Art Standard zu entwickeln, erhalten alle eine wertvolle Orientierung. Und ist diese Frage zudem einmal beantwortet, gelingt es, im Umkehrschluss, künftig noch besser, auch für die Kommunikation im Social Web, wirklich sinnvoll messbare Ziele zu definieren und vergleichbare Werte zu schaffen, die helfen, die Erwartungshaltung zu steuern.
Ich eröffne die Runde und freue mich auf möglichst konkrete Lösungsvorschläge.
Update:
- Es ist einmal mehr spannend zu beobachten, wo sich die Diskussion entwickelt und wieder ist Facebook der Kommentierungsort der Wahl. Allerdings haben wir hier es mit etwas schwerer Kost zu tun, die erst einmal verdaut werden muss, der Austausch kann also noch kommen.
- Maren Martschenko hat in der Diskussion bei Facebook einen interesseanten Link eingebracht zur Social Media Balanced Scorecard von Roland Fiege, den ich sehr aufschlussreich finde, auch wenn auch hier weiteres Diskssionspotential drin steckt.
Ich denke, wenn man in einem 1. Schritt so weit kommt, Verständnis für die Notwendigkeit von Zielen auch im Socialmedia-bereich zu wecken, dann ist schon mal viel gewonnen. Irgendwie habe ich in Gesprächen sehr häufig den Eindruck, dass Socialmedia als etwas total Neues wahrgenommen werden und “Altes bzw. Bewährtes” nicht mehr gilt. Dabei bieten die BWL, die (strategische) Unternehmensplanung und nicht zuletzt auch das Marketing ein recht umfangreiches Instrumentarium, dass “nur”auf die Socialmedia angepasst werden müsste. Beispiel: In der angloamerikanischen Literatur befasst man sich schon seit Längerem mit der Messung des “Word-of-Mouth”-Effektes. Das wäre doch mal ein klasse Einstieg, diesen auch für Socialmedia nutzbar zu machen…
Kommunikation im Social Web ist lediglich eine Verlängerung der Möglichkeiten der klassischen Kommunikation, aber es gibt andere Parameter, die gemessen werden können. “Word-of-Mouth”-Effekt: wie lässt sich dieser messen? (ich habe mich damit noch nicht näher beschäftigt).