Wie oft darf eine Firma auf ihrer Fanseite neue Beiträge veröffentlichen, ohne dass diese als SPAM empfunden werden? Meine Umfrage, lanciert über Twitter und Facebook, hat ein doppelt erfreuliches Echo gebracht (Die genauen Resultate stehen am Ende dieses Beitrags). Zum ersten haben 146 Personen in der Zeit vom 21. bis zum 27. Februar die Umfrage ausgefüllt. Zum anderen haben sich viele zu Wort gemeldet, die diese Frage nicht rein quantitativ beantworten wollten.
Gut die Hälfte der Befragten, nämlich 55%, sind der Meinung, dass täglich ein Eintrag bis hin zwei bis zu fünf Posts pro Tag drin liegen. 45% finden einen bis zu fünf Einträge pro Woche angebracht. Wir haben also fast eine 50:50 Situation. Zahlen sind etwas Relatives und ohne Interpretation bleiben sie wertlos. Auf Facebook fand eine höchst angeregte Diskussion statt, aus der ich die wichtigsten Punkte hier zusammenfasse:
Relevanz entscheidet
Aber was ist relevant? Das was das Unternehmen als wichtig betrachtet muss noch lange nicht relevant für den Fan sein – und umgekehrt. Die scheinbar triviale Frage des Schweizer Detaillisten Migros wie „Wie viele Ice Tea-Packungen hast Du in Deinem Kühlschrank“ können eine Flut von Kommentaren auslösen. Wer eine Fanseite betreibt musst sich also vortasten und herausfinden, was seine Fans mögen, worauf sie ansprechen und mit mehr als einem „gefällt mir“ reagieren. Dies ist umso wichtiger, als „gefällt mir“ auf der Fanseite nicht mehr im Profil des Fans angezeigt wird, Kommentare hingegen schon. Trial und Error muss drin liegen, aber nicht ohne eine regelmässige kritische Betrachtung der Resultate und die Bereitschaft, den Kurs anzupassen.
Informationsfluss sicherstellen
Ein Unternehmen, das nur immer dann postet, wenn es „big news“ hat, wird den Fluss nicht mehr sicherstellen können. Ein Post ist immer ein Informationsangebot und der Fan entscheidet, ob er dieses annimmt, oder nicht. Dieses Angebot sollte regelmässig, meiner Meinung nach zwei bis
dreimal pro Woche, erfolgen und auch hier geht es darum herauszufinden, was der Fan erwartet. Die Fanseite ist vergleichbar mit dem Blog oder mit dem Twitter-Account: Damit eine Bindung entstehen kann, müssen regelmässig Beiträge veröffentlicht werden – die Kommunikation im Social Web ist kein schnelles Geschäft sondern verlangt Geduld und Ausdauer. Hinzu kommt, dass Unternehmen nicht nur selber sprechen wollen, sondern ein vitales Interesse daran haben, im Gespräch zu bleiben. Das schaffen sie im Social Web mit einem regelmässigen Fluss an nutzwertigen Informationen.
Das Ziel muss definiert sein
Eine Seite, die ein klares Ziel verfolgt wie beispielsweise Kundensupport bei Swisscom und Swiss oder den Fans „Schnäppchen“ zur Jagd frei zu geben wie DayDeal, hat es einfacher. Eine Organisation, die sich das berühmte menschliche Gesicht geben und informieren will, hat es etwas
schwieriger. Wichtig ist, dass nicht nur das eigentliche Produkt im Mittelpunkt steht, sondern das was der Kunde damit tut, was es in ihm auslöst, wie es seinen Alltag verändern oder erleichtern kann. Gut gelöst ist das bei Ovomaltine oder Hear the World von Phonak. Es geht darum, aus dem Zusatz- und Nebennutzen von Produkten Geschichten zu erzählen.
Wann sind Beiträge Spam?
Spam steht für Abfall oder Plunder. Wenn eine Fanseite ihr Versprechen nicht einlöst und nur für Broadcasting, Werbung sowie Beiträge ohne Nutzwert missbraucht wird, kann sie von den Fans als Spam empfunden werden – obschon sie abonniert wurde. Die Gestaltung von nutzwertigen Inhalten ist eine Gratwanderung, denn was dem einen wichtig ist, findet der andere nutzlos. Die einen mögen täglich mehrere Posts, anderen reicht ein oder zweimal pro Woche ein neuer Beitrag. Wir sprechen im Web 2.0 davon, dass wir mit Menschen direkt und authentisch kommunizieren. Dass jeder Mensch anders ist, und wir von Unternehmen einen schier unmöglichen Spagat verlangen, es allen recht zu tun, muss hier auch einmal gesagt sein. Ein Unternehmen muss – nicht nur in Facebook – die Zielgruppe, die es ansteuert, definieren und die Kommunikation auf diese Menschen ausrichten. Zusätzlich muss es aber auch beobachten, denn durch die öffentliche Kommunikation können sich Menschen dazugesellen, die bisher noch gar nicht auf dem Radar erschienen sind. Hier gilt es, flexibel abzuwägen, ob, wie und ab wann man auf neue Gesprächsteilnehmer und Themen eingeht und einen Kurswechsel einleitet.
Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Jemand, der tagsüber bei der Arbeit auf Facebook Informationen sucht wird für andere Inhalte empfänglich sein wie jemand, der sich am Abend in seiner Freizeit zum Zeitvertreib noch etwas auf dem blauen Sofa, räkelt, wie Marcel Bernet Facebook getauft hat. Auch wenn inzwischen Unternehmen Facebook stürmen, so bleibt es ein Freizeitmedium. Dan Zarella hat festgestellt, dass Beiträge, die am Wochenende gepostet werden, am meisten geteilt werden. Morgens um 8 Uhr und abends um 18 Uhr haben Nachrichten zudem die beste Chance, wahrgenommen zu werden. Aber auch hier muss dies den Zielen der Seiten angepasst sein.
Wie entsteht ein Dialog?
„Für einen Dialog braucht es offene Fragen, keine schlagenden für sich selbst sprechende Informationen. Erfolgreiche Dialoge sind emotional und brauchen – je nachdem etwas mehr oder weniger viel – Zeit, sich zu entwickeln.“, hat Stefan Schär in der Facebook-Diskussion eingebracht. Und er hat auch gleich angefügt, dass eine zu hohe Kadenz der Tod jeder Diskussion ist, mehr als zwei bis dreimal pro Woche, würde er keinen Dialog anstossen. Das stimmt für Menschen, die nicht nur konsumieren, sondern bereit sind mitzusprechen, und zwar nicht nur über ein „gefällt mir“, sondern in eigenen Worten im Kommentarfeld. Ich würde den Wunsch, dass Fans à priori mit dem
Unternehmen sprechen wollen, nicht überbewerten, dafür muss die Zeit noch reif werden. Die 90-9-1-Regel spielt auch in Facebook, wir haben es mit einer zwar schweigenden, aber aufmerksamen Mehrheit zu tun. Sprechen werden sie dann, wenn sie einen Nutzen sehen, also entweder Hilfe brauchen, etwas gewinnen können oder durch ihren Beitrag Anerkennung gewinnen. Sprechen werden sie auch, wenn sie nicht mit einem Unternehmen sprechen, sondern mit den verantwortlichen Menschen, möglichst sogar mit dem Chef himself. Und sprechen werden sie auch, wenn die von Stefan Schär angeregten offenen Fragen einfach zu beantworten sind, wie beispielsweise jene nach dem Eistee.
Was nicht drin liegt
Firmen, die nach dem Motto „Wir brauchen Facebook“ eine Seite eröffnen, ohne sich weiterführende Gedanken zu machen, werden scheitern. So geschehen bei TelDaFax, ein Unternehmen bei dem man mit einer Google-Suche schon feststellen kann, dass es einen problematischen Umgang mit den Kunden pflegt, eröffnet einen Facebook-Account. Ein Statusfeld, in dem sich die Fans äussern können, gibt es nicht. Das Unternehmen gibt klare Regeln vor: Hier wird unterhalten und informiert, aber nicht reklamiert. Dieses Vorgehen hat in Facebook und Twitter harsche Reaktionen ausgelöst. Inzwischen hat TelDaFax das Infofeld angepasst und freut sich über den Dialog, dieser kann aber weiterhin nur erfolgen, wenn Fans einen Beitrag von TelDaFax kommentieren. Was ich auch als schlechtes Signal werte ist, wenn eine Fanseite als erste Anzeige nur die eigenen Beiträge anzeigt, und jene der Fans ausblendet. Auch wenn der Gedanke, ein klares, vom Unternehmen geprägtes Bild zu vermitteln verlockend ist, so signalisiert das Unternehmen doch: Hier sprechen erst mal wir.
Ein Drittel der Schweizer ist mittlerweile auf Facebook – so kompliziert kann das doch nicht sein! Und genau darin liegt eine grosse Fehleinschätzung. Die ersten Schritte im Social Web, das Eröffnen einen Profils, einfügen des Fotos und die ersten wohlüberlegten Posts sind einfach. Anspruchsvoll wird PR im Social Web dann, wenn man begreift, dass sie in die Gesamtkommunikation integriert werden muss. Und dass der Königsweg der Kommunikation über diese drei K’s verläuft: Kontinuität, Konsistenz und Konsequenz.
Toller Artikel, ich denke darauf aufbauend kann man sehr gut und einleuchtend Unternehmen in die richtigen Wege leiten. Der nächste Schritt ist dann der Umgang mit dem entstandenen Feedback – wo wird das gewonnene Wissen eingesetzt, um nicht nur die Marketingmaßnahmen zu verbessern, sondern auch Produkt, Dienstleistung und das Erlebnis drumherum. Wichtig finde ich persönlich dann die Identifikation der einzelnen Gruppierungen innerhalb der Crowd und eine Fortsetzung des Dialoges auf anderem Wege: persönlicher Emailkontakt zur Problemlösung mit Bestandskunden, vernetzte Fans postalisch mit kleinen Geschenken aktivieren, Ex-Kunden telefonisch interviewen etc. pp.
Vielen Dank. Mit dem Dialog ist es wie mit den Ideen: Wenn daraus nichts gemacht wird, haben wir es mit einer wertlosen Materie zu tun. Und hier setzt auch der grosse Wandel in der Kommunikation ein: Gefragt ist nicht mehr nur die Kommunikationsabteilung, sondern viele weitere Bereiche des Unternehmens. Künftig wird es wichtig sein, Impulse ins Unternehmen zu tragen, wo sinnvoll und nötig umzusetzen und der Community das Resultat auch wieder zu zeigen. Und richtig: Der Dialog kann natürlich durchaus auch auf anderen, klassischen Kanälen fortgesetzt werden.