Was macht Kuoni im Social Web? Welche Ziele verfolgen Sie? Gibt es Unterschiede zwischen Kuoni Schweiz und Kuoni Gruppe?
Wir nutzen Social Media als Teil der integrierten Kommunikation, vor allem für unsere Branding & Marketing-Projekte. Aus Sicht der Gesamtkommunikation aber auch als Informationskanal. Dann ist Social Media auch für die Krisenkommunikation vorgesehen weil wir hier am schnellsten und direktesten zu unseren Anspruchsgruppen kommen. Für einen Teil der Länder ist Social Media auch ein weiterer Kanal um ihre Reiseangebote zu pushen. Customer Support und Feedback gibt es hin und wieder, dies hat aber momentan nicht überall Gewicht.
Bei Kuoni Schweiz ist ein stärkerer Ausbau in Richtung Reise-News ab Herbst geplant. Dies zwingt uns dann natürlich aktuell am Geschehen dran zu bleiben – Social Media ist sowieso nicht einfach ein nine-to-five-Job – bei Bedarf müssen Informationen auch am Feierabend und am Wochenende publiziert werden.
Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen internationalen Aktivitäten des Kuoni-Konzerns und der Schweiz beziehungsweise den verschiedenen Einheiten wie England, Skandinavien und weiteren Ländern; schliesslich ist Kuoni weltweit tätig. Wir unterscheiden aber auch zusätzlich zwischen Marketingkommunikation und der Unternehmenskommunikation die von Quotes des CEO’s bis hin zu aktuellen Meldungen wie z.B. einem Hurricane gehen kann.
Kuoni Schweiz ist primär auf Facebook und Twitter, weil wir diese Kanäle für unsere Zwecke für am besten geeignet halten. Natürlich variiert die Gewichtung: Während in der Schweiz Facebook sehr stark ist, hat in England, und Asien Twitter ein grosses Gewicht.
Das Social Media-Engagement für die Kuoni-Gruppe begannen wir vor fast zwei Jahren als Informations- und Image-Channel aufzubauen. Hier sprechen wir über Themen, welche die ganze Gruppe betreffen und beleuchten Trends der Reisebranche. Dazu nutzen wir neben Twitter und Facebook auch YouTube und unsere beiden Blogs; den Kuoni Group Blog und den The Detourist 100.
Welche Zielgruppen wollen Sie ansprechen?
Wir wollen unsere Kunden ansprechen, Medien und weitere interessierte Kreise. Wir sprechen im Prinzip die ganze Gesellschaft an, denn jeder macht mal Ferien, im Social Web fokussieren wir aber vor allem auf die Digital Natives, Trendsetter, Life-Style-Journalisten, grundsätzlich Reiseinteressierte und „Fans of the Brand“.
Journalisten nutzen Social Media auch immer intensiver, teils führen sie sogar ihr eigenes Blog oder twittern, insbesondere in diesem Jahr beobachten wir eine starke Zunahme. Mittlerweile sind sogar auch vereinzelt Analysten im Social Web unterwegs.
Das ist eine sehr breite Gruppe, gibt es bestimmte Kanäle die Sie für einen bestimmten Teil der Zielgruppe nutzen?
Innerhalb der einzelnen Kanäle machen wir eine Unterscheidung. Bei Facebook betreiben wir zum Beispiel eine Seite für Helvetic Tours, die auf den Brand mit Angeboten, Schnäppchen, Mehrwert und Diskussionen ausgerichtet ist. Kuoni Schweiz hingegen beinhaltet die wichtigsten Highlights auf Unternehmensebene, Aktualität, Krisenkommunikation und Trends.
Dann unterscheiden wir auch punkto Frequenz: Facebook nutzen wir nur dann, wenn wir wichtige Informationen haben, wir wollen die Leute nicht nerven sondern ihnen Mehrwert bieten. Wenn es nichts zu sagen gibt, dann posten wir auch nicht. Twitter dient eher als Channel für kurze News.
Bei Helvetic Tours geht mit bald 12‘000 Fans „die Post ab“, bei Kuoni Schweiz ist es eher ruhig. Ist Facebook für Kuoni Schweiz der richtige Kanal?
Bei Kuoni Schweiz haben wir nicht den Anspruch, jeden Tag eine neue Diskussion anzustossen – dafür haben wir die anderen Brand-Seiten, z.B. Helvetic Tours auf Facebook. Bei Kuoni Schweiz haben wir die Chance schnell zu informieren. Dasselbe gilt auch für Kuoni Group. Wir denken, dass man an eine Informations- und Imageseite ganz andere Erwartungen richten muss wie an eine Angebotsseite mit Specials, die auf ein jüngeres Zielpublikum ausgerichtet sind. Kuoni ist zudem nicht als Marke ausgelegt, die als „Marktschreier“ auftritt; Helvetic Tours hingegen darf schon dafür sorgen, dass „die Post abgeht“.
Facebook hat mit bald 800 Mio. Ein Publikum, das sich über alle Altersgruppen erstreckt, viele Fans möchten sich aber nur informieren, ohne gleich ihre Meinung dazuzugeben, darum glauben wir auch, dass wir mit Kuoni bei Facebook am absolut richtigen Ort sind.
Man sollte nicht ausser Acht lassen, wie die Fanbasis gewachsen ist. Bei Kuoni Schweiz setzen wir auf ein organisches Wachstum. Bei der Lancierung von Helvetic Tours haben wir dies mit einem attraktiven Wettbewerb getan. Ein organisches Wachstum braucht Geduld und Ausdauer, die Fanbasis ist dafür umso beständiger.
Wie gehen Sie als weltweit tätiges Unternehmen mit der Vielsprachigkeit um?
Für die Schweiz ist das zur Zeit noch ein Problem, wir sollten als Schweizer Unternehmen über kurz oder lang auch auf Französisch in den Social Media-Kanälen kommunizieren, der Aufwand ist jedoch im Verhältnis sehr gross, gerade so lange man noch wenige Fans und Follower hat. In der Gruppe ist das einfacher, hier ist die Sprache Englisch. Dies ist auch unsere Corporate Sprache, denn weniger als 10% unserer Mitarbeiter sprechen Deutsch. Auf dem Twitter Account von Kuoni Group haben wir gemischte Sprachen, weil wir ja auch Tweets aus den verschiedenen Ländern retweeten.
Der Blog Detourist ist zweisprachig deutsch und englisch, damit setzen wir fort, was wir mit dem Geschäftsbericht und dem Brand Report tun. Die Mehrheit der Posts wird aber auch in Zukunft eher englisch sein.
Der Detourist Blog ist ein sehr visionäres Projekt, welche Ziele verfolgen Sie damit?
Im Brandreport vom März dieses Jahres haben wir über das Reisen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gesprochen. Diese Diskussion möchten wir über Social Media weiterführen und haben hierfür vor bald fünf Monaten den Detourist Blog ins Leben gerufen.
Und wie läuft der Blog an?
Er läuft gut an, aber langsam. Sie haben den Blog visionär genannt und es ist in der Tat ein zukunftsorientiertes Projekt, das nicht sehr einfach konsumierbar ist. Mit diesem Blog bieten wir nichts was „kurz & schmerzlos“ gepostet ist, was ja in Social Media oft anzutreffen ist, man muss sich intensiver damit befassen und es ist sicher anspruchsvoller. Das ist aber auch eine Herausforderung, die wir kommendes Jahr im Hinblick auf den nächsten Geschäftsbericht anschauen müssen. Denkbar ist, dass wir den Blog eine
Stufe herunterbrechen um im Leserkreis etwas mehr Breite zu erreichen. Die Idee ist, dass unsere Leser mitschreiben und ihre eigenen Beiträge beisteuern, die Posts sollen also nicht primär von Kuoni kommen. Kuoni sieht sich eher als Gastgeber für eine Diskussionsrunde über das Reisen der Zukunft. Wir peilen in diesem Blog übrigens eher kurze Beiträge mit einem Umfang von 150 bis 200 Wörtern an. Social Media fordert ja, dass man mit einer klaren Aussage schnell auf den Punkt kommt. Daraus kann sich dann eine Diskussion entwickeln.
Der Twitter Account SwissKuoniNews hat 418 Follower und 51 Followees: Nach welchen Kriterien folgen Sie zurück?
Mit Twitter haben wir noch nicht den Dialog wie mit Facebook. Wir werden mit dem neuen Konzept stärker zurückfolgen. Dazu muss man aber sehen, dass dies in bezug auf die Ressourcen Herausforderungen an das Monitoring stellt. Wir folgen heute dort zurück, wo wir einen echten Mehrwert erwarten. Wir haben viele Follower, die selber nicht posten, hier folgen wir nicht zurück.
Viele Reisende konsultieren vor der Buchung Bewertungsplattformen wie TripAdvisor, Holiday Check oder Trivago). Was bedeutet das für Kuoni?
Viele der Hotelbewertungs-Portale haben gefakte oder bezahlte Einträge. Wir haben auf unserer Homepage bereits Trip Advisor. Wir arbeiten aber daran, dass auf unserer Page nur jene posten können, die auch mit uns gereist sind. So stellen wir authentische und richtige Bewertungen sicher.
Geht diese Einschränkung bei TripAdvisor überhaupt? Und wie gehen Sie mit Kritik auf anderen Plattformen um?
Bisher ist das technisch noch nicht möglich. Aber wir haben die Vision, dass unsere Hotelangebote von Reisenden bewertet werden, die auch wirklich da waren. Solche Hotelbewertungen müssen ja nicht zwingend mit TripAdvisor funktionieren.
Auf allen Social Media Plattformen gehen wir sehr offen mit Kritik um. Gerade aus der Kritik kann ein Unternehmen ja lernen. Wir suchen sehr schnell den Dialog mit dem Kritiker, sei es direkt oder auf der Plattform. Zensur gibt es nicht, ausser wenn beleidigende und moralisch verwerfliche Inhalte gepostet werden.
Wie läuft bei Kuoni das Monitoring?
Mit dem Namen Kuoni haben wir das Glück, dass wir wenig verwechselbar sind, das bedeutet, dass wir recht genaue Resultate bekommen. Momentan arbeiten wir mit Meltwater News und Netbreeze – kommendes Jahr entscheiden wir uns definitiv für eine der beiden Lösungen. Mit Meltwater Buzz sehen wir was in Twitter, Blogs usw. über uns geschrieben wird. Wir erhalten via Monitoring zahlreiche wertvolle
Informationen, die wir auch mal weiter ans Management geben können. Als börsenkotiertes Unternehmen müssen wir auch beobachten, wie sich unsere Managing Directors weltweit äussern. So können wir im Bedarfsfall sehr schnell mit der betroffenen Person Kontakt aufnehmen und korrigierend einwirken, was aber sehr selten vorkommt. Diese sind dann hin und wieder überrascht, dass wir wissen, was sie gesagt haben. Vom Studenten in Jakarta, der ein Visa sucht bis zum General Manager der sich in einem Land gegenüber der Fachpresse äussert erfahren wir fast alles.
Wie organisieren Sie die PR im Social Web? Mit Mitarbeitern rund um den Erdball ist auch die interne Kommunikation gefordert. Wie stimmen Sie sich konkret zwischen den Ländern ab?
Facebook und Twitter sind am Arbeitsplatz offen, das gehört zur Kultur der heutigen Gesellschaft, wir wollen, dass unsere Mitarbeiter diese Tools nutzen. Grundsätzlich nicht privat während der Arbeitszeit. Hier setzen wir auf die Eigenverantwortung und die Führungskompetenz in den Abteilungen. Im Intranet bilden wir unsere eigenen Facebook- und Twitterstream ab, damit die Mitarbeiter wissen, was wir tun. Wir haben Guidelines für das ganze Unternehmen erarbeitet, wobei die Verantwortung für die Umsetzung im jeweiligen Land liegt. Wir haben schon immer so gearbeitet, daran ändert das Social Web nichts. Kuoni ist in jedem Land etwas anders, das fängt bei den Konsumenten und den Produkten an und hört bei der Positionierung im Markt auf. Natürlich sehen wir, was andere Länder tun und können notfalls eingreifen wenn es Aktivitäten gibt von denen wir glauben, dass sie dem Gesamtimage schaden oder den Börsenrichtlinien zuwiderlaufen.
Wir informieren die Länder über unsere Aktivitäten und Pläne und geben ihnen auch Beispiele zu lokalen Adaption auf den Weg. Das funktioniert natürlich auch in die andere Richtung: Wir tauschen regelmässig Inhalte und geben uns Tipps.
Stellen Sie im Unternehmen kulturelle Unterschiede in der Auffassung von PR im Social Web fest?
Ja, bei den Engländern und Amerikanern geht Kommerz über alles und auch bei den Konsumenten ist die Hemmschwelle an einem anderen Ort wie vielleicht bei einem Mitteleuropäer. Der asiatische Markt ist vergleichbar mit dem angelsächsischen Markt, er ist aber etwas zurückhaltender. Der Schweizer wird nicht gerne geflutet und gespamt mit irgendwelchen Angeboten und zu offensichtlicher PR, es sei denn er hat einen klaren Benefit. Darum machen wir für Social Media auch kein Gruppenkonzept, sondern die Guidelines, für die Inhalte sind die Länder zuständig, damit das Kulturelle zum Tragen kommt.
PR im Social Web wirkt sich auf die Strukturen im Unternehmen aus, ist das bei Kuoni auch der Fall? Und wie zeigt sich dies?
Nein, bisher hat sich an den Strukturen noch nichts verändert, wir rechnen aber damit, dass dies noch kommen wird. Zurzeit ist PR im Social Web bei jenen Bereichen angesiedelt, die mit Kommunikation zu tun haben: Unternehmenskommunikation, Marketing und bei den Webservices. Momentan bewältigen wir die Aufgaben im Rahmen unseres aktuellen Jobs, das Volumen nimmt jedoch zu und beansprucht einen grösseren Zeitraum im Arbeitstag. Immer wieder kommt es vor, dass wir auch am Abend nochmals posten. Über kurz oder lang brauchen wir Leute, die sich vollamtlich um die Social Media-Kommunikation kümmern.
Was geben Sie anderen Unternehmen, die den Schritt ins Social Web wagen, auf den Weg?
Es braucht ein klares Konzept, der Entscheid „Wir eröffnen mal einen Account“ reicht nicht. Sie müssen sich klar darüber sein, in welchem Kanal sie was für welche Zielgruppen tun wollen. Und sie müssen ein zeitliches Kommittent eingehen und personelle Ressourcen vorsehen – je nach Grösse des Unternehmens – gar einen eigenen Mitarbeiter. Ausprobieren, herausfinden was funktioniert und was nicht gehört dazu; ein fixfertiges Rezept für die PR im Social Web gibt es nicht. Zu meinen, man könne eine Facebook Seite eröffnen, dort die Produkte einstellen und der Umsatz explodiere dann, kann man vergessen. Wichtig ist, dass das Management überzeugt ist. Dies hilft besonders dann, wenn zum Beispiel die Ressourcenfrage geklärt werden muss. Social Media muss Teil der integrierten Kommunikation sein.
Worauf sind Sie stolz?
Dass wir vor zwei Jahren aus persönlichem Interesse einfach mal gestartet sind, dass wir ausprobiert haben, dass wir Fehler gemacht haben, dazu gestanden sind, daraus gelernt haben und dran geblieben sind. Stolz sind wir, dass wir uns von Jahr zu Jahr verbessern, mehr tun und gewisse Dinge offenbar richtig tun. Wir tun dies für ein Unternehmen, das bis vor vier oder fünf Jahren noch eher als verstaubt galt und mit dem Rebranding und den aktuellen Aktivitäten – etwas überspitzt gesagt – ein Apple der Reisebranche sein kann.
Wir sind in kurzer Zeit auf verschiedenen Channels gut organisch gewachsen. Dieses Wachstum haben wir mit wenigen und innovativen Dingen erreicht ohne riesige Investition in Ad-Kampagnen oder dem Zukauf von Fans (z.B. Facebook mit Never Stop Moving mit Maurice Lacroix zusammen von 2000 auf über 4000 Fans). Mit Detourist haben wir auf Twitter unsere Followerzahl in kurzer Zeit von 500 auf über 1‘000 Followers gesteigert und der Trend geht weiter nach oben.
Ich bedanke mich bei Lucia Tallo und Peter Brun für dieses Gespräch.