In einer Zeit, in der Algorithmen die neuen Gatekeeper im Internet sind, gelten Influencer als das neue Heilmittel. Allerdings gibt es neben zahllosen Diskussionen auch ernüchternde Erfahrungen mit externen Beeinflussern. Was liegt da näher, als auf Mitarbeiter als Influencer zurückzugreifen? Oder sie als Expertinnen oder Botschafter aufzubauen? Und schon befinden wir uns wieder in einem Wirrwarr von Begriffen: hier muss Ordnung her! Prof. Dr. Nicole Rosenberger und Markus Niederhäuser haben aufgeräumt. Am diesjährigen Content Strategy Barcamp #cosca18 in Dieburg habe ich ihre Typologisierung mit Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis auf den Prüfstand gestellt.
Die Einordnung
Im Buch Influencer Relations, erschienen bei Springer Gabler, bin ich zum ersten Mal auf die Typologisierung von Multiplikatoren durch Prof. Annika Schach gestossen. Das Buch habe ich kürzlich hier im Blog besprochen. Prof. Nicole Rosenberger und Markus Niederhäuser vom IAM/ZHAW haben daran weitergearbeitet und ihre Überlegungen im Juni am iam live in Winterthur präsentiert. Hier finden Sie ihre Präsentation mit Umfrageergebnissen aus ihrer Online-Befragung von CCOs in der Schweiz als pdf.
Nach der anschliessenden Diskussion haben Rosenberger/Niederhäuser die Übersicht weiter verfeinert. Mit ihrem Einverständnis bin ich mit der hier abgebildeten Einordnung im Gepäck an die #cosca18 gereist.
Meine Session am Barcamp habe ich angeboten unter dem Titel: «Mitarbeitende als Influencer, Botschafter … oder sollen sie nicht einfach ihre Arbeit tun?». Es zeigte sich schnell, dass das Interesse für dieses Thema sehr gross ist. Nach einem kurzen Impuls habe ich das Thema mit den Teilnehmerinnen aus ihrer Perspektive aus der Praxis diskutiert. Im ersten Teil dieses Beitrags stelle ich die Systematik vor, ich zweiten Teil gebe ich Voten aus der lebhaften und fruchtbaren Diskussion weiter.
Themenführer und Markenbotschafter
Strategisch geplante Kommunikation bedeutet, dass auch geprüft wird, inwieweit es sinnvoll ist, auf Multiplikatoren zu setzen. Die Arbeit mit Meinungsführern – oder Opinion Leadern – und Medien sind nichts Neues, sondern altes, bewährtes PR-Handwerk. Mit dem Social Web sind einige Begriffe dazu gekommen. An der Einordnung von Rosenberger/Niederhäuser gefällt mir die Orientierung an der Wirkungslogik, wobei gerade diese zur Diskussion Anlass gegeben hat, wie wir später sehen werden.
Bei den externen Personen unterscheiden Rosenberger/Niederhäuser zwischen zwei Gruppen:
- Influencerinnen mit Themenführerschaft: Zielgruppen finden sich im Social Web über gleiche Interessen zusammen. Eine Person, die mehr weiss und dieses Wissen auch teilt, kann andere weiterbringen, inspirieren oder auch einfach unterhalten. So erhält sie innerhalb einer (Themen-)Community ein grösseres Gewicht. Digitale Medien machen es möglich, Sichtbarkeit und Reichweite zu schaffen. Beides sind Zielsetzungen, die wohl in jedem Online-Marketing-Konzept zu finden sind. Dabei sollte nicht vergessen geben, dass Reichweite allein nicht den Erfolg bringt. So gibt es zahlreiche kleine Communities zu Nischen-Themen. Hier können kompetente und engagierte Micro-Influencer mehr bringen als Persönlichkeiten mit einer rekordhohen Schar von Followern und Fans.
- Markenbotschafter: Sie sind bereits prominent und stehen im Rampenlicht. Diese Aufmerksamkeit können sie auf eine Marke lenken und für einen Imagetransfer sorgen. Das setzt voraus, dass sie mit ihrem Auftritt und ihren Themen zur Marke passen und sich glaubwürdig mit ihr verbinden. Ob das nur primär analog ist, wie in der Einordnung dargestellt, würde ich zur Diskussion stellen.
Drei Gruppen von Mitarbeitenden
Die Mitarbeitenden sind in drei Gruppen eingeteilt, wobei ich hier noch unterscheiden würde zwischen Personen, die aufgrund ihrer Funktion dazu autorisiert sind, für das Unternehmen zu sprechen und solchen, die aus intrinsischer Motivation handeln.
- Interne Botschafterinnen: Der Blick auf die Wirkungslogik zeigt, dass sich die Kultur in manchen Unternehmen am verändern ist. Gerade in Projekten, die neue Lösungen hervorbringen sollen, werden Hierarchien abgelöst durch Leute, die besonders gut Bescheid wissen. So werden heute Projektgruppen zunehmend agil nach Fähigkeiten und nicht nach Funktionen zusammengestellt. Den Kanal «primär analog» würde ich in Frage stellen, weil Unternehmen mit einem funktionierenden Social Intranet auch hier interne Expertinnen und potenzielle Botschafter sichtbar machen. Ob Interne Botschafter die richtige Bezeichnung ist, bin ich mir noch nicht sicher, je nach Aufgabe passen eher Experten oder Change Agents.
- Externe Botschafter: Das ist im Grunde nichts Neues, Mitarbeitende waren schon immer Botschafter des Unternehmens. Am Anfang meiner Berufskarriere war der Umgang auch bewusster: Von der Dame am Empfang bis zum Fahrer des Lieferwagens waren alle in der Pflicht, sich im Namen des Unternehmens konform zu verhalten. Heute feiern diese Mitarbeitenden als Botschafter ein Revival.
- Corporate Influencer: Früher hat bei einer Medienanfrage der Pressesprecher intern den passenden Gesprächspartner ausgemacht und die Auskunft vermittelt. Heute können sich Mitarbeitende selber als Experten positionieren. Entweder durch die Mitarbeit als Autoren im Blog, als Referentinnen oder als Dozenten in ihrem Fachgebiet. Darüber hinaus sind sie auch autonom und können sich über ihre eigenen Profile in sozialen Medien positionieren.
Die dritte Gruppe sind die Medien, wobei diese mit der Veränderung der Medienlandschaft und dem Aufkommen des Internets zunächst ihre Gatekeeper-Funktion eingebüsst haben. Algorithmen und Fakenews führen jedoch dazu, das Konsumenten wieder eher auf professionellen Journalismus und die Einordnung von Fakten vertrauen.
Die Diskussion
Bei der Öffnung der Runde hat sich sofort eine sehr engagierte Diskussion entwickelt. Ich fasse hier wesentliche Aussagen zusammen. Da ich nicht alle Votanten mit Namen kenne, verzichte ich hier auf direkte Zitate. Weil es sich aber besser liest, habe ich mir erlaubt, Gesagtes in der direkten Rede zu belassen. Betrachten Sie die folgenden Aussagen als Denkanstösse und Beiträge zur Diskussion. Sie sind nicht Behauptungen, die in Stein gemeisselt sind.
Schwächere Bindung zum Arbeitgeber
“Früher waren Mitarbeitende ganz natürlich Botschafter, aus einer intrinsischen Motivation, weil sie sich mit dem Unternehmen stark identifiziert haben. Damals war es auch normal, ein Leben lang im gleichen Beruf und fast gleich lang am gleichen Job zu bleiben. Neue Arbeitsmodelle mit Teilzeitarbeit und meist ohne Festanstellung führen dazu, dass die Loyalität zum Arbeitgeber heute weniger gross ist.”
Grad der Einflussnahme des Unternehmens
“Unternehmen können ihre Mitarbeitenden auffordern, ihre Business-Profile aktuell zu halten und ihnen dafür Handlungsempfehlungen und Hilfestellungen anbieten.”
“Auf keinen Fall aber dürfen sie Einfluss darauf nehmen, wie Mitarbeiter ihre Profile auf Twitter, Xing und LinkedIn nutzen, denn diese sind privat. Sie können jedoch Rahmenbedingungen schaffen, in denen sie ermutigen und die Hürden senken. Dazu gehört auch die Klärung der Frage, ob und wie Mitarbeitende Social Media während der Arbeitszeit nutzen dürfen. Ziel des Unternehmens sollte es sein, dass Mitarbeiter nicht gezwungen werden, sondern es aus sich selbst heraus tun, wobei jede und jeder im persönlichen Handeln frei sein soll.”
“Mitarbeiter, die signalisieren, dass sie gerne aktiv werden, brauchen Freiräume und Zeit um zum Beispiel Blogartikel zu schreiben.”
Überwachung der Mitarbeitenden
Die Frage, ob ein Unternehmen beobachten soll oder darf, was seine Mitarbeitenden im Netz tun, hat bei allen Teilnehmenden eine spontane Reaktion ausgelöst: von einem kategorischen nein bis zum «ja aber…» war alles dabei. Schliesslich geht es um eine Abwägung von Interessen, wie diese Frage aus dem Publikum gezeigt hat: “Wie gehen Unternehmen mit dem Risiko um, dass ein Mitarbeiter als Influencer für das Unternehmen unterwegs ist, auf seinen privaten Profilen aber zum Beispiel massiv dafür wirbt, in irgendwelche Kryptowährungen zu investieren?” Auch hier kommen Unternehmen wohl um das Monitoring nicht herum, ohne dabei die Grenzen zur Überwachung zu überschreiten.
Führung, Kultur und Transparenz
Dass die Rahmenbedingungen grundlegend sind, zeigt dieser Themenkomplex, zu dem ein Wort das andere gab:
“Die Diskussion über Mitarbeitende als Meinungsführer und Multiplikatoren blendet im Moment die Rolle der Unternehmensführung komplett aus. Was es braucht ist eine Funktionsgliederung zwischen Corporate Communications, Corporate Governance und neuerdings Corporate Influencern.” …
… “Über dem Ganzen steht die Unternehmenskultur. Ein Beispiel eines Unternehmens bei der diese offensichtlich gut ist, zeigt ist der Otto-Case, weil die Mitarbeitenden da freiwillig mitmachen. Auf der anderen Seite zeichnet sich eine riesengrosse Gefahr ab, dass bald eine Diskussion über Schleichwerbung geführt wird. Ein Mitarbeiter, der gut über die Produkte seines Unternehmens spricht ohne zu deklarieren, dass es sich hierbei um seinen Arbeitgeber handelt, bewegt sich in einer Mischungswelt. Es braucht also im (privaten) Profil eine saubere Deklaration des Arbeitgebers.” …
… “Wenn ein Mitarbeiter schon ausdrücklich sagen muss, dass er etwas privat twittert, dann läuft doch schon im Unternehmen etwas schief. Selbst wenn die Deklaration in der Twitter-Bio steht, in den einzelnen Tweets kommt das dann aber nicht mehr so sehr zum Ausdruck.” “Für einen Sprecher, der offiziell für ein Unternehmen spricht ist es schwierig, einen privaten Twitter-Account zu führen.”
Woher der Run auf die Mitarbeitenden?
Und ein Teilnehmer meinte: “Mich interessiert die Frage, warum Unternehmen Mitarbeiter jetzt plötzlich als Influencer entdecken … und ab wann das übergriffig wird?”
“Wir machen uns seit zehn Jahren Gedanken, wie wir im Medienwandel kommunizieren, es gibt weniger Print, dann kamen Social Media Kanäle dazu, die nicht mehr so ganz so gut funktionieren. Unternehmen machen sich also Gedanken, wie sie weiterhin eine Öffentlichkeit erreichen können. Mit einer ausreichenden Anzahl von Mitarbeitenden kann ein Unternehmen ganz schön viel ausrichten. Die meisten jüngeren Menschen sind schon lange auf Social Media tätig, sie können also ab und zu kleinere Inhalte, zum Beispiel aus dem Medienspiegel, teilen.”
“Es ist kostengünstig, ein kürzerer Weg und die gefühlte Möglichkeit der Einflussnahme. Auch gibt es eine Wirkung für das Employer Branding bei Fachkräftemangel im Unternehmen und Mitarbeitende vermitteln in den Aussagen die grösstmögliche Authentizität.” Gerade zu diesem letzten Punkt gibt es aber auch eine kritische Sichtweise, die etwas später in der Diskussion geäussert wurde: “Wir agieren in bestimmten Rollen. Ich will auch nicht, dass meine Mitarbeiter authentisch sind, die sollen ihren Job machen. Sie sollen nicht aufgeben, wie sie sich gerade fühlen.” “Corporate Influencer sind eine Reaktion, mit der übereifrige Kommunikationsmanager die Kontrollphantasien ihrer Unternehmensführung umsetzen.”
“Viele Unternehmen haben mit externen Influencern schlechte Erfahrungen gemacht. Darum sind sie dazu übergegangen, intern Leute, die ihr Fach verstehen und ihre Arbeit mit Herzblut machen, zu unterstützen.”
Aus dieser letzten Aussage wird aber auch klar, dass nicht jede Mitarbeiterin eine Influencerin sein muss. Allerdings können Mitarbeitende gerade beim Recruiting eine Rolle übernehmen.”Auf Facebook verlieren Unternehmen Reichweite, wenn Mitarbeiter hier im Freundeskreis posten: «Wer will mein Kollege/meine Kollegin werden?» liegt die Kontaktschwelle natürlich tiefer.”
Beispiele und Tools
“Bei Daimler arbeitet eine kleine Redaktion, die eine Auswahl trifft. Bei den Beiträgen geht es in diesem Fall nicht um Daimler Autos oder Mercedes selber, sondern generell um das Thema Mobilität und autonomes Fahren. Allerdings muss sich jeder Mitarbeiter fragen: Bin ich zum Beispiel Experte für autonomes Fahren, bin ich mit diesem Thema glaubwürdig? Eine grosse Anzahl Mitarbeiter haben die Chance, Themen eines Unternehmens, die in der Pressearbeit oder in Social Media nicht mehr so richtig ankommen, über die Mitarbeitenden an die Öffentlichkeit zu tragen.”
Für die «Befütterung» der Mitarbeitenden setzen Unternehmen auf Tools wie zum Beispiel Elevate von LinkedIn, das auch eine grössere Reichweite verspricht. Dazu zitiere ich von LinkedIn: “LinkedIn Elevate kombiniert algorithmische Empfehlungen von LinkedIn Pulse und Newsle und menschliche Kuration, um die Mitarbeiter mit einem fertigen Strom von relevanten Inhalten auszustatten, die sie gemeinsam nutzen können.”
Ebenfalls genannt wurden Hearsay (von engl. Hörensagen), einem Angebot für den Aufbau für eigene und kuratierte Beiträge, die von Mitarbeitenden in ihren Netzwerken geteilt werden können. Vergleichbar ist offenbar Sociabble.
Allerdings gibt es hier auch Grenzen, wie das folgende Votum zeigt: “Problematisch wird es, wenn eine Gruppe von Social Media Heroes bei Xing, LinkedIn und Twitter zur gleichen Zeit exakt die gleichen Posts absetzen.”
Die Frage der Motivation
Im fortgeschrittenen Stadium der Diskussion kam dann diese engagierte Korrektur:
Ich orte ein Riesenproblem in der Frage «Wie schafft man es, dass man die Mitarbeiter dazu kriegt, für das Unternehmen zu posten?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass man irgendeinen Menschen dazu kriegen kann, seine persönlichen Profile in den Zweck des Unternehmens zu bringen, weil das Unternehmen das will. Das macht einfach aus der Art und Weise, wie soziale Netzwerke und wie ein persönliches Netzwerk funktioniert, keinen Sinn. Ein Mitarbeiter muss von der Sache, an der er arbeitet, selbst überzeugt sein. Unternehmen haben den Handlungsdrang, eine Begründung für ihre Mitarbeiter zu schaffen, warum sie sich überhaupt beteiligen sollen. Schliesslich gibt es ja keine monetäre Gegenleistung dafür, dass Mitarbeitende ihr privates Netzwerk als Ambassadoren benutzen.”
Und dann folgt vom gleichen Votanten der Blick nach draussen: “Externe Influencer haben die Themenführerschaft aus einem intrinsischen Antrieb aufgebaut, weil sie dieses Thema besetzen wollen. Ich gehe im Zweifel nicht bei einem Unternehmen arbeiten, weil ich dieses Thema besetzen will, sondern weil ich am Ende des Monats meine Brötchen bezahlen muss. Und so erwarte ich dann auch, dass es, wenn ich als Influencer benutzt werden soll, dafür ein Grund und damit die «Reason why?» gibt.”
“Die Identifikation ist wichtig. Mitarbeiter, die auch in der Freizeit in den T-Shirts ihres Arbeitgebers herumlaufen, fanden das schon immer toll und werden natürlich auch heute als Botschafter für das Unternehmen aktiv.”
Wie externe Botschafter aufbauen?
Die Verantwortlichen müssen helfen, die Identität zu erweitern und zu befähigen: Wenn jemand weiss, was sie kann und was sie darf, kann sie sich auch einbringen.
Dazu kam auch dieses Beispiel aus dem Social-Media-Kontext in einer kleiner sozialen Institution, welches über zwei Jahre in drei Stufen vorgegangen ist.
- Angebot an alle Mitarbeitenden, «dieses Social Media» kennenzulernen.
- Anfrage der Teilnehmenden, ob sie sich inhaltlich einbringen wollen. Auch hier wurde auf Freiwilligkeit Wert gelegt.
- Jene drei, die sich entschieden hatten, erhielten Anleitung zum Handwerk und begannen, mit Redaktionsplan zu arbeiten. Alle drei sind auch heute noch im Team dabei.
“Was es also braucht, ist, die Mitarbeitenden zu befähigen und ihnen die Möglichkeit zu bieten, eine eigene Entscheidung zu treffen und alles andere ist bezahlt. Aus Mitarbeitersicht sollte die Formel lauten: «Wir wollen können dürfen.» Der Perspektivenwechsel und das Rollenverständnis sind wichtig. Wenn ein paar Begeisterte bleiben, dann reicht das schon und wenn es nicht genügend Begeisterte gibt, dann sollte das Thema Influencer ad acta gelegt werden und stattdessen das Thema Unternehmensklima aufgegriffen werden.”
Zum Schluss eine Anregung zur Anpassung der Einordnung
Den Kreis perfekt geschlossen hat diese Anregung zur Einordnung: “Die Tabelle hat für mich einen ganz grossen Fehler. Dass bei den Medien die Wirkungslogik Glaubwürdigkeit sein soll, ist vor der generell veränderten Medienlandschaft und der abnehmenden Bedeutung von Print fraglich. Und warum steht Glaubwürdigkeit nicht bei internen oder externen Botschaftern? Da steht nur Vernetzung und sozialer Status, das entlarvt eigentlich, wie Mitarbeitende benutzt werden sollen. Man sagt, sie sind gar nicht glaubhaft, für das, was im Unternehmen passiert, weil das gar nicht erwünscht ist. Mitarbeitende sollen auch nicht ihre Meinung sagen, sondern nur das sagen und weiterleiten, was ihnen vorgegeben wird.”
Eine gute Überlegung, und ich habe diesen Ball ans Team Rosenberger/Niederhäuser weitergespielt. Ihre Antwort folgt hier:
Wer geniesst die grösste Glaubwürdigkeit?
“Warum wir bei der Wirkungslogik von Medien «Glaubwürdigkeit» gesetzt haben, ist eine sehr gute Frage. Wir haben diesen Punkt bei der (Weiter-)Entwicklung unserer Einordnung sehr intensiv diskutiert. In der Tat ist Glaubwürdigkeit bei allen Multiplikatoren eine zentrale Voraussetzung für deren Wirkung, aber nicht bei allen ist sie als primäre Wirkungslogik zu bezeichnen. Denn wir definieren die primäre Wirkungslogik aus Sicht des kommunizierenden Unternehmens, welches beispielsweise mit Roger Federer als Markenbotschafter dank dessen Prominenz sehr breite Bevölkerungskreise erreicht. Über Medienarbeit hingegen versuchen Unternehmen, ihre Botschaften mit Glaubwürdigkeit aufzuladen und vom Persuasionsverdacht zu entlasten. Ein Interview in der NZZ mit dem CEO eines Unternehmens wirkt glaubwürdiger als eines in der unternehmenseigenen Kundenzeitung.
Diese Wirkungslogik beruht auf der Unabhängigkeit und den professionellen Standards des Journalismus und der daraus resultierenden Glaubwürdigkeit journalistischer Medien in der Öffentlichkeit. Selbst ein kritischer Umgang der Medien mit dem aufbereiteten PR-Material gibt einem Unternehmen zuverlässige – sprich glaubwürdige – Hinweise auf die Akzeptanzfähigkeit der vermittelten Inhalte und Positionen. Das heisst aber auch: wenn Medien in der Öffentlichkeit an Glaubwürdigkeit verlieren, dann büsst auch die Medienarbeit ihren noch immer hohen Stellenwert in der Unternehmenskommunikation ein. Will man diesem Gedankengang nicht folgen, weil Glaubwürdigkeit bei allen Multiplikatoren eine wichtige Rolle spielt, dann könnte man als Wirkungslogik bei Medien auch «Reichweite» nennen.”
Vielen Dank an alle!
Wenn Mitarbeitende als Influencer, Botschafter oder Experten aktiv werden sollen braucht es:
- Freiwilligkeit
- die richtige Kultur
- ein Regelwerk
- Anleitung und Schulung
- ausreichend Zeit und Geduld.
Mir hat die Runde Spass gemacht und mir auch gezeigt, wie wichtig es ist, ein solches Thema mit vielen engagierten Praktikerinnen aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Besonders spannend fand ich es, die Diskussion wieder zu Rosenberger/Niederhäuser zurückzuspielen. Hier öffne ich die Runde wieder: Meinungen und Feedbacks sind in den Kommentaren willkommen.
An dieser Stelle geht auch ein dickes Lob an das ganze #cosca-Team: herzlichen Dank, dass ihr die perfekte Mischung aus Horizonterweiterung, Reflexion und Geselligkeit wieder möglich gemacht habt. Ich komme nächstes Jahr wieder. :-)
Die Tabelle geht für mich nicht weit genug . Man sollte sich in erster Linie den “einfachen” Menschen an den unterschiedlichen Touchpoints anschauen – nicht Influencer, Botschafter, etc. In dieser Tabelle geht es in Wirklichkeit wieder nur um Reichweite. Wenn man erkennt warum an den unterschiedlichen Berührungspunkten – Mitarbeiter, Social Media, Lieferanten, Partner, Agenturen, Presse,.. (und das alles noch ins Detail runter gebrochen) – die Leute einem folgen, einen mögen, dann kann man auf diese Begeisterung aufsetzen und Freiwilligkeit bekommen. Dann sind es ganz “normale” User, Menschen, ja Fans, die für das Unternehmen aktiv werden und so wirklich glaubwürdig sind.
Die Unternehmenskommunikation wird von den Menschen bestimmt, die über das Unternehmen sprechen, nicht mehr vom Unternehmen selbst.
Die Differenzierung der Multiplikatoren nach ihren unterschiedlichen Rollen erfasst diese aus einer Inside-Out-Perspektive. Der Fokus auf die «Touchpoints» der Multiplikatoren gibt den Blick hingegen frei auf deren Motivation und folgt dem Outside-In-Prinzip. Die Verbindung beider Perspektiven sind für die Unternehmenskommunikation zentral. Und dies nicht nur darum, weil Unternehmenskommunikation von Menschen bestimmt wird, die über das Unternehmen sprechen, sondern auch, weil die Wahrnehmung von Unternehmen immer schon sehr viel stärker von der gelebten, effektiv beobachtbaren und erfahrenen Identität als von der kommunizierten geprägt worden ist.
Sie haben natürlich recht. Die Verbindung der Prinzipien sind sicher zentral. Meine Wahrnehmung ist leider, dass noch immer viele Unternehmen eine reine Inside-Out-Perspektive einnehmen, daher fördere ich intensiv den Fokus auf die Touchpoints und arbeite mit der Kraft deren Motivation.
Danke für diese spannenden Insights Marie-Christine! Ich komme nächstes Jahr auch ans #cosca :-)
Na wenn das mal kein guter Vorsatz ist :-)
Es fehlt mir die Bezahlung des internen Influencers als eigenständiger Punkt. Es wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass mit dem Lohn, den der Mitarbeiter ohnehin erhält, die neue Tätigkeit als interner Influencer automatisch abgegolten ist. Das kann, muß aber nicht der Fall sein. Nutzt der Mitarbeiter ein großes privates Netzwerk an Kontakten und sind diese Kontakte auch noch qualitativ hochwertig, hat das einen berechenbaren Marketingwert. Hat sich der Mitarbeiter bereits als Experte auf einem Fachgebiet im Netz positioniert, kann der Wert dieser Positionierung ein anderer sein als der seiner bisherigen Tätigkeit im Unternehmen. Baut der Mitarbeiter durch seine neue Tätigkeit als Influencer für sich einen Expertenstatus im Netz auf, so wächst damit auch der Wert seiner Tätigkeit. Der Mitarbeiter steht als Influencer immer im Zentrum der Kommunikation, die Steigerung von Imagewerten wird daher nicht nur dem Unternehmen, sondern auch ihm zugute kommen. Wenn man diese Punkte vertraglich regelt und den individuellen Wert der Leistung anerkennt wird es einfacher die Verpflichtungen zu definieren, die der Influencer auch im privaten Bereich als Markenbotschafter trägt. Man sollte hier nicht anders verfahren als bei externen Influencern, die als Markenbotschafter eines Unternehmens auftreten. Ein Aufgabenfeld des Unternehmens wird darin bestehen, den Mitarbeiter aus einer neuen ungewohnten Perspektive zu betrachten. Aus dem Hausmeister kann mit der Zeit ein prominenter Experte für Facillity Management werden, der als Influencer einen ganz anderen Wert hat.
Vielen Dank für diese interessante Überlegung, ich muss allerdings zugeben, dass mir die Idee, einen internen Influencer zusätzlich zu honorieren, gar nicht in den Sinn gekommen ist. Meiner Meinung nach entfaltet er seine Aktivitäten im Rahmen der Anstellung (und damit seines Lohnes). Das gilt auch für Beziehungen, die er aufbaut – dazu gibt es ja auch die Diskussion: Wem gehören die Kontakte, die ein Mitarbeiter im Rahmen seiner Tätigkeit für seinen Linkedin- oder Xing-Account aufgebaut hat?
Meiner Meinung nach setzt sich jeder loyale und motivierte Mitarbeiter auch ein Stück weit ausserhalb der Bürozeiten für die Sache des Unternehmens, und insbesondere für sein Themengebiet ein, ohne danach gleich mit Überzeit-Forderungen zu kommen. Sobald das Unternehmen Aktivitäten über die Arbeitszeit hinaus anordnet, muss auch über die Vergütung gesprochen werden. Baut sich ein Mitarbeiter eine besondere Expertise auf, dann sollte diese – soweit sie in der Erfüllung seiner Tätigkeit einen echten Mehrwert bringt, ebenfalls angemessen honoriert werden. Ich bin aber auch der Meinung, dass von allen Mitarbeitenden, egal auf welcher Stufe, verlangt werden kann, dass sie sich in ihrem Fach weiterentwickeln. Ob sie das durch den Besuch einer Ausbildung, lesen oder schreiben von Blogs oder Wissenszuwachs durch Vernetzung tun; Wege gibt es viele. Wir haben es nicht nur mit Interessen von Arbeitgebern zu tun, sondern auch mit dem der Arbeitnehmer, arbeitsmarktfähig zu bleiben.
Es ist ein geben und nehmen. Als Unternehmen stellen wir dem Mitarbeiter kuratierten Inhalt zur Verfügung, mit dem er seine Kanäle bespielen kann. Im Gegenzug stellt er der Firma seine Kontakte und Kanäle zur Verfügung. Für uns (Post CH AG) zentral: es muss freiwillig sein und bleiben.
Wir nutzen bei der Schweizerischen Post bereits seit etwas mehr als einem Jahr die Plattform Smarp (smarp.com) und stellen über diese unseren Mitarbeitenden kuratierte Inhalte zur Verfügung. Einerseits als Newsquelle für Brancheninfos, andererseits natürlich auch zur (freiwilligen) Weiterverbreitung über ihre Social-Netzwerke.
Danke für diesen Tool-Tipp, den auch sicher meine Leser schätzen. Meine Frage: Wie gelingt es Ihnen, die Mitarbeitenden zum Mitmachen zu motivieren? Welche Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein?
Wir stellen das Tool und seine Möglichkeiten regelmässig an internen Veranstaltungen vor, zum Beispiel Welcome-Days oder Inno-Days. Wir suchen nicht Quantität (an User), sondern Qualität. Zudem sprechen wir vom SoMe-Team aktive neue Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen Kommunikation, Marketing oder Verkauf (KAM).
Zudem betrachten wir Smarp / Employee Advocacy als einen regulären Kanal in der digitalen Kommunikation und setzen ihn entsprechend fix auch in der Kommunikationsplanung ein. Gerade bei Special-Interest-Themen.
Vielen Dank für den Artikel! Mein Chef hat mich genau nach dieser Thematik gefragt – ob ich nicht bereit dazu wäre, meine privaten Social Media Profile für die Firma zu nutzen. Ich kenne mich zwar mit Arbeitsrecht nicht aus, aber das hat sich tatsächlich sehr übergriffig angefühlt. Daher kann ich die Sorgen der Teilnehmer definitiv nachvollziehen!
Es wäre interessant zu hören, was dazu geführt hat, dass die Anfrage einen übergriffigen Eindruck hinterlassen hat. Die Nutzung von privaten Profilen für berufliche Zwecke ist ein persönlicher Entscheid, der auf Freiwilligkeit beruht.