Von allen Formen der Online-Publikation bietet der Corporate Blog einem Unternehmen die grösste Freiheit, die Kommunikation nach den eigenen Präferenzen und dennoch authentisch zu gestalten. Ein Corporate Blog vermittelt dem Leser Einblicke in die Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie Hintergrundinformationen und Meinungsbilder zu spezifischen Themen und trägt so zur Profilierung des Unternehmens bei. Mit einem eigenen Blog erzeugen Unternehmen einen kontinuierlichen Informationsfluss.
Im Gegensatz zur Medienmitteilung muss ein Blogpost nicht immer zwingend Informationen von grosser Tragweite enthalten, und es darf durchaus auch einfach das Ziel haben, Atmosphäre zu vermitteln. Mit einem Corporate Blog nehmen Unternehmen die Chance wahr, direkt und unvermittelt mit interessierten Kreisen zu kommunizieren. In unserem Buch PR im Social Web zeigen wir als Beispiele Amflora von BASF, Daimler und Das Saftblog. Fast im gleichen Atemzug werden als vorbildliche Blogs auch Frosta und Manomama genannt. Um den Kreis der „üblichen Verdächtigen“ etwas zu vergrössern, habe ich mich auf die Suche nach weiteren guten Corporate Blogs gemacht, den Fokus legte ich auf Auftritte, die nicht als primäres Ziel Marketing betreiben, sondern das Blog umfassender als PR-Instrument begreifen. Die folgenden Beispiele können durchaus Ideen für den eigenen Auftritt geben, ganz nach dem Motto “Nachahmen ist erlaubt – kopieren lässt sich ein Blog ohnehin nicht”.
Agenturblog gut im Rennen
„Ein guter Blog ist präzise auf ein definiertes Zielpublikum abgestimmt. Im Falle des Rennradblogs sind dies Kilometerfresser, Gümmeler, Velophile.“ Mit diesem Einstieg zur Vorstellung des Rennradblogs bei Bernet PR schlagen wir gleich zwei Fliegen auf einen Streich. Das Rennradblog ist zwar von ein privates Blog von Christof (ohne Nachname), Unternehmen können sich davon aber ein Stück abschneiden. Zudem bietet es eine breite Plattform für die Promotion von Angeboten rund ums „Gümmele“ jeder Art und schlägt die Brücke vom privaten Freizeitvergnügen in die Business Welt. Keine Eintagsfliege ist das Bernetblog: Bernet_PR bloggt seit 2005 zu Themen rund um PR, Kommunikation, Medien, Social Media. Neben wertvollen Beispielen, Studien, Tipps und Checklisten findet man hier die Serie „Blogger im Profil“. Der Fundus an gut gemachten Blogs ist also weit grösser wie die hier Vorgestellten. Insbesondere in der Kommunikations- und Tech-Branche gibt es viele gut gemachte Blogs und auch meine Blogroll ist längst nicht vollständig. Wer wissen will, welche Blogs lesenswert sind, schaut bei Tim Krischak‘s Blogparade zu „Rettet die Blogroll“ vorbei.
Der schlaue Fuchs baut auf das Blog
Bereits 1975 hat Schwäbisch-Hall erkannt, dass sich eine Bausparkasse mit einem vergleichsweise trockenen Thema schwierig mit Menschen unterhalten kann. Seit über 35 Jahren ist der Fuchs Sympathieträger und Identifikationsfigur, inzwischen hat er den Schritt in die Generation 2.0 geschafft. Der Autor des Bausparfuchs-Blogs ist Sven Nitsche – “wie der Fuchs Jahrgang 1975 und leidenschaftlicher Jeansträger und freier Journalist.” Das Blog kommt optisch leicht daher, der Fuchs präsentiert die Inhalte als übersichtliche Menükarte. Für den Leser erfrischend sind die ansprechenden Titel und kurzen Anrisse. Auffällig ist die Ich-Form des Schreibers: “Sommer finde ich gut. Wenn es dabei noch um Häuser und Architektur geht, um so besser. Das war meine Antwort auf die Einladung von Tina …”. Der Leser fühlt sich durch diesen erzählenden Plauderton mit einbezogen. Gut gelungen ist auch der Themenmix, der sich durchaus mal etwas vom Kernthema von Schwäbisch-Hall entfernen kann. Sehr schön gelöst ist die regionale Verankerung: Der Fuchs geht auf Reise und jeder Ort, den er besucht hat, ist auf einer Karte mit einer bebilderten Geschichte mit zahlreichen Links zur Region verknüpft. A propos Links: Was ich nicht verstehe, sind die unsäglich langen, nicht nachvollziehbaren Links der jeweiligen Posts, aus SEO-Sicht gibt es hier sicherlich Verbesserungsbedarf. Am 30. Juli darf man übrigens gratulieren, dann wird das Blog ein Jahr alt.
Blick hinter die Kulissen der Geflügelhaltung
Neue Wege in der Kommunikation geht der Wiesenhof, Deutschlands Geflügelmarke Nr. 1. Immer mehr Verbraucher wollen wissen, unter welchen Bedingungen Geflügel aufwächst und sie haben Fragen: Wie sieht die Ernährung aus? Auf welche Weise werden die Tiere gehalten? Welche Massnahmen werden gegen Krankheiten getroffen. Dafür hat sich der Wiesenhof mit einem Mix aus Bilderstrecken, Video-Clips, Grafiken und Links zu aktuellen Veröffentlichungen breit aufgestellt. Herzstück und verbindendes Element zwischen allen Mitteln ist das Blog, das direkt in den Newsroom integriert ist. Hier sprechen Experten, Tierärzte, Mitarbeiter aus dem Unternehmen. Viele Beiträge haben denn auch eher das Gewicht eines mit Zahlen und Fakten gespickten Fachartikels und dürften nicht für jedermann gleichermassen leicht verdaulich sein. Neben dieser schweren Kost haben auch leichtere Beiträge, beispielsweise zur Grillweltmeisterschaft Platz. Das angepeilte Publikum ist breit, von Journalisten bis zu – im Falle einer Dioxin-Debatte – verunsicherten Konsumenten. Diese Herausforderung versucht der Wiesenhof zu meistern mit sachlicher Kommunikation, ergänzt mit Nähe und Emotionen durch Videos im eigenen YouTube-Channel und Bildwelten in Flickr.
Kommentare gibt es noch wenige, schön wäre es jedoch, wenn bei Antworten vom Wiesenhof nicht admin, sondern eben Wiesenhof und im Idealfall sogar der Name einer Person stehen würde. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen ist bei einigen Beiträgen die Kommentarfunktion deaktiviert, dies nimmt der Ankündigung den Dialog mit den verschiedenen Anspruchsgruppen aufbauen zu wollen, von ihrer Glaubwürdigkeit. Vergleicht man die ersten Blogposts mit den aktuelleren Beiträgen fällt die stärkere Verlinkung mit externen Seiten und damit eine breitere Abstützung positiv auf. PR im Social Web ist Learning by doing und auf diesem Weg ist der Wiesenhof indem er sich anstrengt, der Forderung vieler Verbraucher nach mehr Transparenz in der Lebensmittelbranche zu entsprechen.
Das knusprigste Blog der Welt
„Das Hans Freitag-Blog wird von Mitarbeitern der Keksfabrik Freitag und unserer Chefin gemacht. Wir möchten offen, ehrlich und ein bisschen so, wie uns der Schnabel gewachsen ist, über die Marke Hans Freitag, unsere Produkte und den Alltag aus der Keksfabrik berichten. Unsere Blog-Beiträge sind nicht von PR-Profis erstellt und formuliert, sondern fließen uns direkt aus der Feder. Ein Blog lebt von der Kommunikation – wir freuen uns also sehr über Anregungen, Kommentare, Fragen und Wünsche!“ Eine sympathische Begrüssung, die auch vom Schreibstil her absolut glaubwürdig rüberkommt.
In diesem Blog leben Menschen und der Leser wird sogleich „ins Boot“ geholt: „Wir möchten Euch diesen Beruf etwas näher bringen, vielleicht den ein oder anderen sogar für diesen begeistern.“ Bei dieser munter lockeren Sprache, die sich in diesem Beitrag an Berufseinsteiger richtet, drückt man auch bei einem Schreibfehler ein Auge zu und nimmt mit Schmunzeln die Emoticons als zur Zielgruppe passendes Stilmittel zur Kenntnis. Das Blog ist im März dieses Jahres mit vollem Elan gestartet und bereits sind 80 Beiträge im Archiv. Locker, fröhlich, schwungvoll aber dennoch informativ wie es daher kommt, hat es das Zeug dazu, eine treue Leserschaft um sich zu scharen.
Ebenfalls ums Backen geht es bei der Juchem Gruppe, die unter anderem Backmischungen herstellt. Da liegt es nahe, mit einem Blog die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten und Themen rund ums Gebäck zu beleuchten. Ein Blick in die Tag Cloud von Schlauerbacken.de zeigt die Breite der Themen: von A wie Apfel bis Z wie Zöliakie gibt es hier jede Menge zu lesen, zum Beispiel zu Hochzeit, Bräuche, Fasching, Warenkunde und Weihnachtsbäckerei. Auch hier rücken die Schreiber sehr nahe an den Leser und nehmen ihn mit: „Kennen Sie auch das Problem, wenn Sie süsse Figurkuchen backen wollen, dass die Rezeptzutaten von einem Kuchen viel zu viel sind für diese kleine Form? Wir hatten folgende Idee…“ Die Sprache ist gut gewählt, denn sie greift auf den alltäglichen Wortschatz zurück, lässt aber dennoch nichts an Sorgfalt vermissen. Die Beiträge sind zudem angenehm kurz, oft mit übersichtlichen Zutatenlisten oder informativen Videos versehen.
Und noch mehr: Reisebüro, Kulturunternehmen, Verlag
Weitere schöne Blogs sind STA Travel, das den Blick ins Unternehmen und in die weite Welt frei gibt und zudem die Leser mit einbindet, indem immer wieder Gastautoren zu Wort kommen. Aufgefallen ist mir auch das Blog von Asisi Visual Culture GmbH aus Berlin. Das Kulturunternehmen steht weltweit für die Schaffung von Illusionsräumen und genau dies kommt im Blog, das von einer reichen Bildsprache lebt, auch zum Ausdruck. Die Ulmer-Verlage, führen zwei verschiedene Themenblogs: Garten2null und Haustiere2null (beide Blogs gibt es so nicht mehr. Update vom 7.6.16). Das 2.0 in beiden Blognamen ist Programm: Die Social Media-Integration ist mit „gefällt mir“, Twitter-Buttons, Xing-Empfehlung und Share-Möglichkeiten umfassend gelöst; Ulmer ist auf eine starke Verbreitung ihrer Beiträge bedacht.
Für alle, die sich schon während der Lektüre gewundert haben, ob es nun der Blog oder das Blog heisse nur so viel: Duden lässt beide Bezeichnungen zu. Ich habe mir nach anfänglichem “der” nun unter dem Einfluss meiner Zusammenarbeit mit meinen deutschen Kollegen für PR im Social Web, das “das” angewöhnt.
In einem Folgebeitrag bringe ich eine Checkliste für einen guten Blogpost und – genau so wichtig – Anleitungen und Tipps für die Distribution.
Ich habe einen Bankblog vermisst. Vielleicht könnt Ihr hier mal einen Blick drauf werfen ;-)
http://www.berliner-volksbank-blog.de
Aber klar doch, absolut. Ich bin für jeden Hinweis dankbar. Welche Rolle spielst du bei diesem Blog?
Ich bin Mitarbeiter der Berliner Volksbank und Bestandteil des “Social Media Teams” … und naja, der Blog ist auf meinen Mist gewachsen (technisch zumindest). ;)
Ich wollt aber keine Werbung machen, würde es aber schön finden auch, wenn auch mal ein kritischer Blick von außen drauf geworfen wird.
Danke für die Klärung. Ich betrachte das übrigens nicht als Werbung, sondern als wertvolle Information. Ich schaue mir den Blog gerne an und melde mich nochmals. Für jegliche Tipps zu Unternehmen aus der Finanzbranche die PR im Social Web machen, bin ich dankbar. Hier fehlt mir noch etwas der Durchblick.
Warum bei Wiesenhof noch nichts los ist erklärt sich ganz einfach: Letztes Jahr ist folgende Meldung massiv durch die Medien gegangen: http://www.swr.de/report/presse/-/id=1197424/nid=1197424/did=5840754/nk65m9/index.html . Im niedersächsischen Twistringen waren Mitarbeiter der Firma gefilmt worden, die dort die bereits unter katastrophalen Bedingungen gehaltenen Tiere aufs Schwerste und mit voller Absicht misshandelten. Ich will nicht sagen dass es nicht Möglichkeiten der Läuterung gibt, schließlich hat die Firma selbst angekündigt Konsequenzen aus der Situation zu ziehen. Dennoch hat die Marke Wiesenhof auf diesem Wege zumindest in Deutschland schweren Schaden erlitten, der bis heute andauert. Das Internet vergisst nicht.
Wir freuen uns riesig, dass unser Blog Gnade vor den Augen eines Profis gefunden hat. Wir betreiben ihn wirklich mit viel Herzblut und bemühen uns viele Themen zu behandeln.
Auch die anderen vorgestellten Blogs sind wirklich großartig. Vor allem natürlich die Safttante, vor der ich den allergrößten Respekt habe. Und der Keksblog hat als Neuling wirklich voll eingeschlagen und ist absolut lesenswert.
Ein super Beitrag und vielen Dank für das nette Feedback . Mir und dem ganzen
Social Media Team der Bausparkasse Schwäbisch Hall macht das Bausparfuchs-Blog großen Spaß.
Wir freuen uns schon auf unseren 1. Geburtstag und blicken auf ein spannendes Jahr zurück:
Wir sind noch ganz am Anfang unserer “Erlebnisreise” in Social Media und lernen jeden Tag dazu.
Mit Feedbacks, wie von Ihnen, geht es auf jeden Fall leichter weiter auf diesem Weg. So werden auch die langen Links bald Geschichte sein. Hoffentlich :-)
Lieben Gruß aus Schwäbisch Hall vom Bausparfuchs
@Berthold: Ich kenne die Internas nicht, gehe aber davon aus, dass das Unternehmen aus dem Zwischenfall und den Vorwürfen gelernt hat. Jeder (und dazu gehören auch Unternehmen) hat die Chance verdient, sich zu bessern. Nur ist es mit der PR im Social Web so, dass Verhalten und Kommunikation mehr den je zusammenpassen müssen, weil eben viel mehr Transparenz herrscht.
@Andrea Juchem: Aber gerne doch. Wobei ich nicht von “Gnade” sprechen würde, das ist mir definitiv zu hoch angesiedelt. Schön ist bei Ihrem Blog übrigens zu beobachten, wie da und dort richtige Gespräche zustande kommen. Wunderbar. Und ja, die Safttante macht das auch sehr gut.
@Bausparfuchs: Genau diesen Spass liest man aus dem Blog heraus. Gunther Dueck spricht im Interview auf eurer Seite von Freude, und genau das ist erfüllt. Ein Punkt mehr und ein Feld vorrücken ;-) Weiterhin viel Spass und Erfolg.
Ein schönes Thema, ist doch ein Corporate Blog quasi die “Königsdisziplin” moderner PR. Richtig gemacht kann er “Gold” wert sein für ein Unternehmen, oder zu einem Kommunikations-Desaster führen.
Leider habe ich in Marketing-Abteilungen oft erleben müssen, dass Corporate Blogs unterschätzt und stiefmütterlich behandelt werden.
Dann heißt es schnell: “Marketing-Mitarbeiter(In) xy, mach mal einen Blog, ob du willst oder nicht, und hab gefälligst schnell Erfolg”
Das kann leider (oder besser: zum Glück) nicht funktionieren..
@ Michael das würde ich so voll und ganz unterschreiben ich denke, dass sich die vorgestellten Blogs genau auch hier profilieren.