
Gute Inhalte reichen nicht, sie müssen auch gefunden werden. Darum gehören PR und SEO zusammen und sollten Hand in Hand gehen. Simon Griesser, Head of SEO & Content bei Dept Digital Marketing in Zürich, beschreibt die Aufgabenteilung im Medienrot-Podcast treffend: „Die Kommunikation steuert, wie die Marke wahrgenommen wird, die Suchmaschinenoptimierung, welche Themen über welche Inhalten gefunden und wie sie dargestellt werden.“ Kommunikations-Profis müssen also mit der Rolle von SEO vertraut sein, wenn sie ihren Job gut machen wollen.
Zum Start ins neue Jahr gibt uns Simon Griesser für diesen Blog einen Überblick über die Chancen und Herausforderungen der Suchmaschinenoptimierung; er blickt auf BERT, „Zero-Click-Searches“ und auf das Zusammenspiel von Themenfindung und SEO.
Du bist der Vater der #365SEOTipps und hast ein Jahr lang jeden Tag einen Tipp zu SEO geteilt. Das braucht einen langen Atem. Warum hast du dir das angetan und was hat dir das gebracht?
Ja, diese Vaterschaft ging teilweise ganz schön an die Nerven. Das Projekt zwang mich, auf den für mich relevanten Social Media-Plattformen ein Jahr lang täglich aktiv zu sein. Hauptziel war, mit dieser Regelmässigkeit sowohl Reichweite als auch Bekanntheit auszubauen. Durch das Projekt haben sich neue Bekanntschaften ergeben und wertvolle Türchen geöffnet – wie übrigens schon bei der ersten Durchführung der Tipp-Serie vor ungefähr vier Jahren. Damals war mein Fazit nach dem letzten Tipp: Nie wieder! Mit etwas Abstand haben aber die Vorteile überwogen und ich entschied mich vor eineinhalb Jahren zur zweiten Edition.
Du betonst im Medienrot-Podcast, dass es wichtig ist als Marke Vertrauen, Expertise und Autorität aufzubauen. Einverstanden! Aber sag uns bitte mehr zur Rolle von SEO in diesem Zusammenhang.
Google selber verwendet E-A-T (Expertise, Authoritativeness und Trustworthiness) in ihren Search Quality Guidelines als Qualitätskriterium. Anders ausgedrückt steht E für Fachkenntnis, A für Kompetenz und T für Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit. In der SEO-Szene wurde in letzter Zeit viel darüber geschrieben, gerade auch im Zusammenhang mit grösseren Google Core-Updates. Beim Aufbau von E-A-T für eine Marke gehört natürlich viel mehr dazu als nur SEO: Das Kundenerlebnis über die gesamte Customer Journey fällt ins Gewicht.
Auf Suchmaschinenoptimierung bezogen bringt es das folgende Verständnis von SEO auf den Punkt: man sollte SEO als Kürzel für «Search Experience Optimization» ansehen. Es geht also nicht um eine Optimierung für Suchmaschinen («Search Engine Optimization»), sondern um den vollen Fokus auf den User. Das heisst: Keine SEO-Tricks und Abkürzungen wie unpassende Backlinks oder billige SEO-Blabla-Texte, sondern die Suchenden mit den für sie relevanten Themen und Fragen bestmöglich abholen. Dies gelingt zum Beispiel mit hochwertigen, hilfreichen Inhalten, schnell ladenden Seiten und einer auf das Device optimierten Darstellung.
Eine Suchmaschine wird als Qualitätskriterien für Vertrauen und Expertise überdies Dinge wie Faktenchecks, Rechtschreibung, Verlinkungen von und zu vertrauenswürdigen Quellen oder die Reputation von Autorinnen und Autoren ins Feld führen können. Oder zur Auswertung von Autorität Brand-Suchanfragen, Direct Traffic und das Benutzerverhalten berücksichtigen. SEO kann also ganz offensichtlich nicht mehr als isolierte Disziplin betrachtet werden.
Wer ist BERT und wie wird er die Kommunikation verändern?
BERT ist ein grösseres Google-Update, das Anfang Dezember 2019 weltweit ausgerollt wurde. Die Abkürzung BERT steht für Bidirectional Encoder Representations from Transformers. Etwas vereinfacht: Google versucht mit BERT Suchanfragen noch besser zu verstehen und die einzelnen Wörter im Zusammenhang zu deuten. Es ist dies also ein weiterer Schritt nach Panda, Humming Bird und Rank Brain zur besseren maschinellen Interpretation von Suchanfragen sowie zur gezielteren Ausspielung von passenden Antworten. Führt man sich vor Augen, dass 15% aller tagtäglich gestellten Suchanfragen noch nie in der Form bei Google eingegeben wurden und daher neu interpretiert werden müssen, ist diese Interpretationsfähigkeit von matchentscheidender Bedeutung – nicht zuletzt für Voice Search.
BERT wird die Kommunikation nicht direkt verändern. Sein Einfluss kann nicht einfach gemessen und damit einhergehend Handlungsaufforderungen abgeleitet werden.
Google «plaudert» in den Suchresultaten meist schon das Wichtigste aus und immer weniger User klicken weiter zur Website. Wie sollen Unternehmen damit umgehen?
«Immer weniger» – wie in deiner Frage formuliert – ist in diesem Zusammenhang relativ. Google weist klar die Tendenz zur Antwortmaschine auf. Und das ist für Webmaster und SEO durchaus problematisch – oder zumindest herausfordernd. Interessante Untersuchungen zu den organischen Klickraten in Suchergebnissen von Google sind zum Beispiel bei Rand Fishkin von SparkToro zu finden. Wichtig bei der Interpretation ist zu wissen, dass die absoluten Zahlen von organischen Klicks (noch) steigend sind, da die Anzahl der Suchanfragen weiterhin zunimmt. Hingegen sind die Klickraten sinkend. Das heisst: Ein prozentual immer kleinerer Anteil der Suchenden klickt auf ein organisches Suchergebnis und landet auf den entsprechenden Websites. Insbesondere auf Mobile ist diese Tendenz eklatant: Gemäss SparkToro lagen die sogenannten «Zero-Click-Searches» bei Google auf mobilen Geräten im Browser im September 2019 bei 56%. Zu Klicks auf organische Suchresultate führten lediglich ungefähr 40% der Suchanfragen.
Zum Umgang mit dieser Tendenz sehe ich zwei wichtige Ansätze:
- «On-SERP-SEO»: Man sollte sich damit abfinden, dass mehr als die Hälfte der Suchanfragen zu keinem Klick auf die Seite und damit nicht zu organischen Suchergebnissen führt. Diese zunehmenden «Zero-Click-Searches» sollte man aber für Branding-Effekte nutzen, indem man mit der eigenen Marke möglichst prominent und positiv in den Suchergebnissen in Erscheinung tritt. Dies gelingt zum Beispiel in sogenannten Featured Snippets (Antworten auf Suchanfragen inklusive Erwähnung/Verlinkung der Website), mit Maps-Einblendungen oder dem Knowledge Graph, um die Wichtigsten zu nennen.
- SEO grösser denken und diversifizieren. Es gibt nicht nur Google und die eigene Website mit organischem Potenzial. Es sollte die gesamte organische Customer Journey in Betracht gezogen und somit der Handlungsraum für organische Optimierungen ausgedehnt werden. Bei Google gibt es nicht nur die klassische Suche, es gibt Bilder, Videos, Maps, News, Knowledge Graph etc. Zudem gibt es gibt weitere Suchmaschinen wie Bing oder das aufstrebende DuckDuckGo. Zudem gibt es reichweitenstarke Plattformen wie YouTube, Pinterest oder Bewertungsplattformen. Auch Audio-Formate und -Features wie Podcasts, Voice Assistants und Voice Search liegen im Trend…
Bei vielen Suchresultaten erscheint rechts eine Box mit Informationen. Wie kommt man dazu? Kann man die Inhalte beeinflussen?
Die Einblendung des Knowledge Panels unterliegt einem Algorithmus und die Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen. Das Panel gibt es in diversen Darstellungsformen, abhängig von der jeweiligen Suchanfrage. Gewisse Daten des Knowledge Panels rund um den eigenen Brand sind beeinflussbar, so zum Beispiel Maps-Einträge der Standorte (in Google My Business editierbar), gewisse Daten von der Website (zum Teil mit strukturierten Daten steuerbar) oder Auszüge von Wikipedia. Zudem können Google Änderungswünsche am Knowledge Panel vorgeschlagen werden.
Content-Marketing ist noch immer ein grosses Thema. Welche Bedeutung misst du ihm aus SEO-Sicht zu?
Eine riesige. Ohne gute Inhalte ist SEO nichts wert. Umgekehrt sind gute Inhalte ohne SEO weniger wert. Um organische Sichtbarkeit aufzubauen, ist Content unverzichtbar: Für jedes relevante Thema muss hochwertiger Inhalt her – und zwar quer durch die Customer Journey. Storytelling kann dabei helfen, komplizierte Themen greifbar zu machen. Wie oben erwähnt ist hochwertiger, umfassender Inhalt zu den Kernthemen des Business auch ein wichtiger Baustein beim Aufbau von E-A-T. Content Marketing erhöht zudem die Sichtbarkeit der Inhalte und sorgt so für mehr Social Signals, Backlinks, Branding, Autorität – was wiederum SEO beziehungsweise der organischen Sichtbarkeit in Suchmaschinen zugutekommen kann.
Sichtbarkeit und Reichweite sind in der Kommunikation die halbe Miete. Macht es Sinn, für die Suchmaschinen zu schreiben? Was kommt zuerst: Die Themenfindung oder SEO?
Wie bereits erwähnt sollte beim SEO unbedingt der User im Fokus stehen, der erreicht werden soll – auch beim Schreiben. Die Suchmaschine ist nur das Medium.
Erfahrungsgemäss entstehen viel bessere Inhalte, wenn eine gute Texterin ein SEO-Briefing erhält, als wenn ein klassischer SEO sich im Texten versucht.
Ich empfehle, bei der Themenfindung organische Kennzahlen (wie Suchvolumen) unbedingt zu Rate zu ziehen. Aber es müssen ja nicht alle Inhalte für alle Kanäle funktionieren: Es kann Content geben, der für die organische Sichtbarkeit superwichtig ist und solcher, der auf Social Media einschlagen soll.
Als Basis für die organische Sichtbarkeit von Inhalt ist ein solides technisches Setup der Website wichtig. SEO-Inputs für die Content-Erstellung bei der Themenfindung, beim Detailbriefing sowie bei Reviews ergänzen das Zusammenspiel.
Ich bin der Meinung, dass Backlinks unterschätzt werden. Was denkst du, sollten sie Teil der Strategie sein? Was muss man beachten?
Ich nehme eine grosse Verunsicherung rund um Backlinks wahr: Welche Backlinks werden toleriert, welche sind fürs Ranking hilfreich, welche werden ignoriert oder führen womöglich zu einer Abstrafung?
Qualitativ hochwertige Backlinks (Verlinkungen von anderen Websites) sind auch heute für das Google-Ranking ausschlaggebend. Im Vergleich zu vor einigen Jahren kann Google seine Richtlinien ziemlich gut und einfach umsetzen und dort heisst es: Keine Backlinks zum Zwecke der Ranking-Manipulation.
Der Ansatz sollte auch hier sein, die User-Experience in den Fokus zu rücken. Also nicht Backlinks um der Backlink willen aufbauen. Sondern Verlinkungen dort platzieren, wo es thematisch Sinn macht. Wenn über die Verlinkungen Besucher auf die Website kommen und zudem die gewünschten Interaktionen durchführen, dann macht das Ganze übergreifend Sinn.
Der Aufbau von Backlinks sollte Teil einer umfassenden Strategie und abgestimmt mit dem Content Marketing sein.
Voice Search und Visual Search werden immer wichtiger. Wie muss Content beschaffen sein, damit er künftig überhaupt gefunden wird?
Ich denke, hier kommt zusammen, was wir bereits diskutiert haben: der Fokus auf die Search-Experience. So entstehen hochwertige Inhalte mit Nutzen für die User. Dabei entsteht E-A-T, was auch bei Voice Search und Visual Search wichtig sein wird, da eine Suchmaschine sich entscheiden muss, welche Domain sie bei der Inhaltsausgabe bevorzugt. Zudem sollten die entsprechenden Inhalte für Maschinen gut auslesbar sein. Stichwörter dazu sind: html-Basics, strukturierte Daten, Bilder-SEO, maschinell erkennbare Sujets auf den Bildern. (PR und SEO verbinden sich hier dann gut, wenn man dafür einen Profi ins Haus holt – Anm. d. Red. :-)).
Ein Kunde von Dept ist Betty Bossi, das Online-Portal für Kochen & Geniessen: Kannst du uns ihr SEO-Geheimrezept verraten?

In groben Zügen sieht das SEO-Rezept – den Aspekt «geheim» lassen wir mal aussen vor – bei Betty Bossi folgendermassen aus:
Zutaten:
- Übergreifende Marketingstrategie
- Know-how
- Ressourcen
- Geduld
Zubereitung:
- SEO in die Redaktionsplanung integrieren
- SEO in den Contentprozess integrieren
- Thematischen Fokus schärfen
- Duplicate Content vermeiden
- Texterinnen und Texter schulen
- Regelmässige Face-to-Face Zusammenarbeit
- Technisches SEO umsetzen
- KPIs definieren, monitoren & auswerten
- mit weiteren Zutaten je nach Begebenheit & Ressourcen abschmecken
Zubereitungszeit: Konstant seit vielen Jahren
Sehr cool, danke Simon! Kannst du bitte meinen Leserinnen und Lesern noch Tipps geben. wie man sich mit SEO am besten vertraut macht?
Es gibt heute viele hervorragende Quellen um sich ins Thema SEO einzuarbeiten oder am Ball zu bleiben: Bücher, Magazine, Blogs, Podcasts, Meetups, Konferenzen. Eine der besten Ressourcen für Einsteiger ist der Beginner’s Guide von Moz. Neben diesem theoretischen Wissen sind der Aufbau eines Netzwerkes zum Austausch sowie eine selber betreute Website, um praktische Erfahrungen zu sammeln, hilfreich.
Ich danke dir, Simon, für die Zeit, die du dir genommen hast um die Rolle von SEO in der Kommunikation zu verdeutlichen. Gerne empfehle ich zur weiteren Vertiefung auch deine #365SEOTipps, in denen du Inputs für die Praxis und wertvolle Quellen teilst.