Unternehmen können sich, aus welchen Gründen auch immer, gegen die Kommunikation im Social Web entscheiden. Nicht entscheiden sollten sie sich gegen das Monitoring (siehe dazu mein früherer Post), denn so abgedroschen es klingt, es ist wahr: Gesprochen wird ohnehin, ob mit oder ohne Mitwirkung. Doch wer spricht denn da? Und sind die Spiesse alle gleich lang?
Das Social Web macht es möglich, dass viele Menschen an verschiedenen Orten im Social Web Vieles sagen. Die Kommunikation verläuft basisdemokratisch, würde man meinen. „Pantha Rei“, alles fliesst, aber ganz so frei ist dieser Fluss bei näherem Hinsehen nicht. Im Social Web gibt es durchaus Strukturen und es sind nicht alle gleich. So wie bei einem frisch gemähten Rasen sehr bald einige Grashalme über die anderen hinauswachsen, so gibt es auch im Social Web Akteure mit einer lauteren Stimme. Zunächst sind es einmal jene, die in der Technographics Leiter auf den obersten Sprossen turnen.
Analyse hilft verstehen
Um die Kräfte und Mechanismen des Social Webs besser einschätzen zu können hilft die Analyse der Netzwerke. Die Knoten in den folgenden Abbildungen stehen für die zu untersuchenden Akteure, wobei es sich hierbei um Menschen in einer Gruppe oder in Abteilungen eines Unternehmens handeln kann. Die akteursbezogene Analyse gibt Aufschluss über die soziale Position sowie die Verankerung von Menschen im Netz. Sie stellt drei verschiedene Sachverhalte ins Zentrum:
1. Degree-Zentralität
Die Degree-Zentralität bemisst die Anzahl Verbindungen, die ein Mensch auf sich vereinigen kann und sagt aus wie gut er demnach vernetzt ist. Für das Internet ist es entscheidend, zwischen ein- und ausgehenden Verbindungen zu unterscheiden.
2. Closeness-Zentralität
Die Closeness-Zentralität beleuchtet die durchschnittliche Distanz zu anderen Menschen und sagt aus, wie stark ein Mensch auf direkte oder indirekte Kontakte zugreifen kann.
3. Betweenness-Zentralität
Die Betweenness-Zentralität analysiert die Vermittlungsleistung eines Menschen und sagt aus, wie stark er ins Netzwerk eingebettet ist.
Entlang dieser drei Formen der Zentralität lässt sich das soziale Kapital eines Netzwerk-Akteurs bestimmen, und zwar als Grad seiner Einbindung, seiner Erreichbarkeit und seiner Vermittlungsleistungen.
Power Law im Social Web
Auch im Social Web regiert das Power Law. Das bedeutet, dass es im Web nur wenige Menschen gibt, die über ein grosses Netz von sozialen Beziehungen verfügen. Sie sind die “Millionäre” im Social Web, geniessen einen entsprechend hohen sozialen Status und
schlagen aus den Verbindungen soziales Kapital. Die meisten Onliner, die einen Account bei Twitter, Facebook, Xing usw. gelöst haben, verfügen dort über eine geringe Aktivität mit wenigen Kontakten. Dies belegen auf eindrückliche Weise die Nutzungszahlen von Twitter, wonach die Hälfte der Kontoinhaber 1 bis 5 Follower hat und nur ein kleiner (zahlenmässig nicht ausgewiesener Teil) mehr als 500 Follower aufweist. Hinzu kommt, dass bereits einflussreiche Menschen oder Seiten immer einflussreicher werden, da es leichter fällt, sich mit Menschen oder mit Seiten zu verbinden, die mit zahlreichen Kontakten bereits gut vernetzt und verankert sind.
Das soziale Kapital ist messbar
Im Gegensatz zum Humankapital bezieht sich das soziale Kapital nicht auf natürliche Personen an sich, sondern auf die Beziehungen zwischen ihnen. Gerade im Social Web gibt es klare Messgrössen für das soziale Kapital. Diese Grössen sind, im Gegensatz zur Statistik einer Website beispielsweise, für jedermann einseh- und nachvollziehbar. Folgende Beispiele zeigen, wie das in der Praxis aussieht:
- Twitter: Die Anzahl der Follower ist allein ist wenig aussagekräftig, denn sie kann vom Account-Inhaber selber stark beeinflusst werden. Viel wichtiger sind die Nennungen durch andere (@ bzw. mentions) und die Weiterempfehlung der Tweets in Form von Retweets (RT). Klout verbindet die wichtigsten Parameter zu einer Formel an deren Resultat sich die Güte eines Twitterers ablesen lässt.
- Facebook Fanseite: Wie viele Fans sind dabei? Wie ist die Summe der Interaktionen in Form von Kommentaren, Pinnwand-Einträgen und „Gefällt mir“-Bekundungen? Seitenbetreiber können diese Zahlen bequem aus der Statistik abrufen, der Besucher erfährt sie durch Beobachtung.
- Xing und LinkedIn: Über wieviele direkte Kontakte verfügt ein Mitglied?
- Blog: Wie viele externe Links verweisen auf den Blog? Wie viele Kommentare werden geschrieben und wie hoch ist die „i like“-Rate? Blogs die dies eingebaut haben können auch Wertschätzung in Form von Flattr-Punkten erhalten. „Flattr ist das neue Technorati“, sagt dazu netzwertig treffend. Manche Blogs legen auch offen, wie viele Abonnenten sie haben. Auch wenn sie von der Bedeutung her etwas abgenommen hat ist die Blogroll ein guter Navigator für geschätzte Blogs.
Wer herausfinden will, wer was spricht sucht sich das nicht wahllos im Netz zusammen sondern nutzt für das Monitoring idealerweise eines der zahlreichen Online-Tools. Plattformen wie Adictomatic, Twazzup und Socialmention sind einige höchst praktische Werkzeuge für das Monitoring. Denn will ein Unternehmen auf Augenhöhe sprechen, muss es wissen, mit wem es es zu tun hat: “Look who’s talking.”
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Ein Kommentar zu “Soziales Kapital: Gibt es Millionäre im Social Web?”