Bereits seit 2009 ist die Swisscom mit Facebook, Twitter und YouTube im Social Web engagiert. Seither hat das Telco-Unternehmen seine Präsenz und insbesondere den Dialog mit den Stakeholdern kontinuierlich ausgebaut. Über den Weg dahin, Herausforderungen und Chancen habe ich mit Patrick Moeschler (Verantwortlicher für Social Media) und Sara Wyss (Verantwortliche PR Privatkunden) gesprochen.
Wie viele Mitarbeiter sind in die Kommunikation in Social Web eingebunden?
Es arbeiten ungefähr 30 Mitarbeiter aus diversen Abteilungen mit. Diese tun dies aber nicht vollamtlich sondern sie sind in anderen Bereichen wie beispielsweise Customer Care tätig. Es sind also effektiv nur einige wenige Mitarbeiter, die ihre volle Kapazität für die PR im Social Web einsetzen. Die Kommunikation stützen wir bewusst sehr breit ab und integrieren sie in die verschiedenen Fachbereiche. Wir wollen mit unserer Kommunikation nahe an der Front, das heisst nahe am Kunden sein und haben unsere Organisation entsprechend ausgerichtet. Aus diesem Grund kam für uns auch ein von der Linie losgelöstes Team für diese Aufgaben nie in Frage – Kundennähe ist unser wichtigstes Kriterium. Social Media ist zudem so unmittelbar, dass jene Personen, die hier kommunizieren, genau wissen müssen, was der Kunde wünscht und welches seine Bedürfnisse sind. Wir arbeiten zwar mit einer dezentralen Organisation, sichern aber durch die zentrale Leitung durch Patrick Moeschler die Koordination, aller Aktivitäten in bezug auf Inhalte, Timing und Kanäle. Dafür nutzen wir die Schnittstellen sehr bewusst und stimmen uns auf vielfältige Weise ab mit Abstimmungsmeetings, -Tools und Dokumenten. Diese Abstimmung erlaubt es uns auch, uns über Learnings in den verschiedenen Abteilungen auszutauschen und vom gegenseitigen Know how zu profitieren.
Welche Ziele verfolgt die Swisscom im Social Web?
Der Initialansatz für die Kommunikation im Social Web war es, den Brand zu kommunizieren. Unsere Zielgruppe verbringt ihre Freizeit im Social Web und wir wollten dort einen weiteren Touch Point schaffen. Unsere Kernkompetenz ist es, Kunden zu verbinden und so war der Schritt ins Social Web naheliegend. Mit der Zeit hat sich herauskristallisiert, dass der Support ebenfalls wichtig ist, dieser bildet neben dem Branding das zweite starke Bein. Inzwischen kommen laufend neue Themen dazu beispielsweise aus Human Relations, Sales. Mittlerweile ist klar, dass Social Media nicht nurMarketing ist, sondern in der Kommunikation weiter geht.
In bezug auf den Angebotsmix bauen wir auf das Dreieck Information, Unterhaltung und Support und alle drei Bereiche richten wir konsequent auf den Dialog aus. Der Kunde soll mit uns interagieren können, denn dies kann er an anderen Touchpoints nicht im gleichen Ausmass tun. Für uns ist dieser Austausch wichtig und auch Kritik bedeutet einen Mehrwert. Diese Art des ungefilterten Feedbacks ist eine der grossen Stärken von Social Media. Mitarbeiter bei uns, die bisher andere Themen betreut haben, staunen über das 1:1-Feedback, das sie im Social Web von den Kunden erhalten.
Auf welchen Kanälen ist Swisscom im Web?
Das ist eine lange Liste wir sind auf allen wichtigen Plattformen vertreten. Die klassischen drei sind Facebook, Twitter und YouTube, mit denen wir bereits 2009 begonnen haben – damals bestand das Social Media Team notabene noch aus drei Personen. Wir haben eine eigene Support-Community, aber auch Themen-Communities wie Xtra-Zone für Jugendliche, Snowfriends für Wintersport-Begeisterte – eine Verbindung zu unserem Wintersport-Sponsoring. Zudem führen wir einen Blog für Kunden im Alter von 55+ unter dem Namen “Rundum Digital”, der von einem pensionierten Mitarbeiter betreut wird. Ferner bloggen wir zum wichtigen Thema Corporate Responsibility und sehr wichtig sind natürlich auch die Swisscom Labs, der Ort, wo Early Adopters und Technik-Interessierte Beta-Versionen testen und Produkt-Ideen einbringen.
Diese Communities sind zwar z.T. etwas kleiner, dafür ist hier das Involvement grösser. Viele verschiedene Plattformen zu unterhalten ist aber nicht immer nur von Vorteil, auch wenn jede einzelne von ihrer Reichweite oder vom Thema her ihre Daseinsberechtigung hat. Ein Unternehmen mit vielen Themen, Produkten, und Kundensegmenten steht so schon vor der Herausforderung, einen klaren Brand zu kommunizieren. Eine grosse Anzahl von Touch Points kann dem Kunden die Orientierung erschweren und einer klaren Profilierung im Weg stehen. Wir versuchen den Spagat zwischen einer überschaubaren Anzahl Touchpoints und klar zugewiesenen Kanälen zu schaffen. Auf Twitter betreiben wir 14 Kanäle, dies ist allein schon durch die drei Landessprachen gegeben, hinzu kommen noch Themenschwerpunkte wie Customer Care oder Medienarbeit.
Gibt es bei diesen Medien eine Gewichtung? Worauf würdet ihr nicht verzichten?
Das hängt natürlich von den Interessen ab. Für die Reichweite sind für uns Facebook für Mainstreamthemen und Twitter für IT- und Early Adopters-Themen unverzichtbar. Bezüglich Involvement sind die Support Community oder die Swisscom Labs sehr wichtig.
Im Social Web herrscht die Meinung vor, dass der Support auf Twitter schneller sei wie über die Hotline, was sagt ihr dazu?
Es kommt natürlich drauf an, was man vergleicht. Bei der Hotline kann es sein, dass man mal wartet, aber auch mal sofort dran kommt. Bei Twitter kann man die Frage sofort loswerden, wartet aber danach auf die Antwort. Ein Anliegen kann also bei der Hotline – trotz Wartezeit – schneller erledigt sein, als über Twitter. Wichtig ist, dass unsere Kunden nun über den Kanal ihrer Wahl mit uns Kontakt aufnehmen können und hier hat jeder wieder andere Präferenzen.
Wie läuft bei der Swisscom das Monitoring?
Hier unterscheiden wir zwischen unseren eigenen Kanälen und den allgemeinen Gesprächen im Social Web. Die eigenen Kanäle verfolgen und pflegen die verantwortlichen Personen mit Hootsuite. Für das klassische Social Media Monitoring arbeiten wir mit Sysomos. Es war für uns bei der Wahl das Tool, das unseren Bedürfnissen am besten entgegenkommt. Grundsätzlich ist es aber so, dass bisher noch kein Monitoringtool auf dem Markt ist, das alle Bedürfnisse, wie beispielsweise die Sentiment-Analyse, verlässlich abdeckt. Beim Social Media Monitoring verlegen wir uns auf das Zuhören, und haben diese Aufgabe mit dedizierten Personalressourcen versehen. Wir wollen ein
Stimmungsbild erhalten; in die Diskussion mischen wir uns, wenn Swisscom nicht direkt angesprochen wird, höchst selten ein, es sei denn, es würde eine wirkliche Falschinformation verbreitet und wir können dem User helfen. Ganz wichtig ist, dass wir ein monatliches Reporting haben. Das bedeutet, dass wir die wichtigsten Feedbacks auch in die verschiedenen Fachbereiche zurückspielen. Diese Dienstleistung erfreut sich einer steigenden Nachfrage aus den Abteilungen. Wir hören also nicht nur zu, sondern versuchen aus dem Gehörten das Maximum zu machen.
PR im Social Web wirkt sich auf die Strukturen im Unternehmen aus, ist das bei Swisscom auch der Fall? Und wie zeigt sich dies?
Neu ist die Integration von PR in die Marketingkommunikation und eine Tool-übergreifende Denkweise in Richtung der integrierten Kommunikation. Dann waren und sind aber auch primär kulturelle Anpassungen nötig. Das erwähnte Kernteam aus 30 Personen besteht aus bereits sehr Social Media-affinen Mitarbeitern aber wir sind uns bewusst, dass unsere kleine Welt nicht die Unternehmensrealität abbildet. In vielen Abteilungen ist das Wissen um die Möglichkeiten und den Wert als Feedback-Kanal noch klein. Unsere Aufgabe ist es, die Verantwortlichen zu sensibilisieren und den Nutzen von Social Media im Unternehmen breiter bekannt zu machen. Momentan gehen wir in jene Bereiche, die thematisch noch nicht so nah am Thema sind und versuchen sie zu öffnen indem wir vorstellen, worum es geht. Im Stufenmodell: 1. Zuhören, 2. Interagieren, 3. Feedback in die Firma tragen stehen wir jetzt vor dem dritten Schritt; Stichworte hierzu sind Zusammenarbeit und Crowdsourcing. Unter „Öffnen“ verstehen wir übrigens, das Unternehmen beziehungsweise die Mitarbeiter affin zu machen für die Chancen, die in diesem Bereich liegen.
Hat sich die interne Kommunikation verändert?
Auf die Inhalte bezogen haben wir Social Media Guidelines erstellt, die wir positiv formuliert haben, das bedeutet, dass wir die Mitarbeiter ermuntern mitzumachen, sie aber für einen bewussten Umgang sensibilisieren. Dafür haben wir einfache Handlungsanweisungen erstellt die helfen sollen, das Potential der 18’000 Mitarbeiter zu nutzen. Die Einführung von Guidelines ist eine Herausforderung, wir unterstützen sie mit der Mitarbeiterzeitschrift, dem Intranet und Roadshows. Wir müssen bisher aber selten Mitarbeiter ermahnen, sich an die Regeln zu halten. Swisscom ist
übrigens eines der wenigen grossen Unternehmen in der Schweiz, das Facebook und Social Media während der Arbeitszeit zulässt. Gerade aus dem technischen Bereich engagieren sich viele unserer Mitarbeiter in Foren und geben dort ihren fachlichen Input. Der Mitarbeiter muss verstehen „Ich darf kommunizieren, es ist aber nicht mein Job, dafür haben wir im Unternehmen Profis“. Gerade bei unseren eigenen Auftritten wie Facebook und Twitter haben wir klare Zuständigkeiten, wer im Namen von Swisscom spricht. Was unseren Mitarbeitern sicher hilft ist zu wissen, dass sie für Fragen eine Anlaufstelle haben.
Auf technologischer Ebene bewegen wir uns in Richtung Enterprise 2.0, das bedeutet, dass wir bereits heute im Intranet Funktionen, die Social Media genannt werden könnten, es ist aber klar, dass wir uns auch hier weiter verbessern können und wollen.
Mit zur internen Kommunikation gehört, dass wir immer wieder zeigen, was wir tun und was wir erreicht haben. So haben wir kürzlich den CRM Innovation Award gewonnen und im Social Media-Ranking der Bilanz belegt die Swisscom den ersten Platz.
Gibt es bei der Swisscom Change Agents? Wodurch zeichnen sie sich aus?
Ja, die haben wir. Besonders Leute im technischen Bereich sind auf Foren sehr aktiv und leisten dort qualitativ hochwertige Arbeit. Dies würden wir gerne – auch in Richtung Crowdsourcing – ausbauen. Sie zeichnen sich aus durch hohe Fachkompetenz, Sendungsbewusstsein und grosse Loyalität gegenüber dem Unternehmen, verbunden mit einem guten Bewusstsein für die Bedürfnisse der Kunden.
Eine solche Funktion haben auch die Mitarbeiter der Kommunikation übernommen. Sie haben die ersten Schritte ins Social Web gemacht. Klar braucht dies irgendwann den Support des Managements, das war aber nie ein Problem, wir wurden sogar ermuntert, neue Wege auszuprobieren.
Was gebt ihr anderen Unternehmen, die den Schritt ins Social Web wagen, auf den Weg?
Sie müssen wissen warum sie das tun und welche Funktionen im Unternehmen sie unterstützen wollen. Social Media soll kein Selbstzweck sein, sondern Unternehmensziele unterstützen. Sie müssen sich also im Klaren sein über ihre Ziele, Zielgruppen aber auch mit welchen Ressourcen sie arbeiten wollen. Diese abzuschätzen ist im Übrigen sehr schwierig, bei Swisscom steigert sich die Dynamik mit immer mehr Fans und zunehmender Interaktion, was sich wiederum auf die Ressourcen auswirkt. Konkret würden wir mit Monitoring starten um herauszufinden, ob es schon Diskussionen gibt, welche Themen besprochen werden und wo es Anknüpfungspunkte gibt, oder ob es zusätzliche Aspekte zu präsentieren gibt für die es bei den künftigen Usern auch ein Bedürfnis gibt.
Worauf seid ihr besonders stolz?
(Nach längerem Nachdenken) Wir sind stolz, dass der Bereich wächst und dass wir sowohl von innen wie auch von aussen Support erhalten. Das Bilanz-Rating macht uns natürlich sehr stolz und spornt uns an. Als wir im Juni den CRM-Award erhielten, war die Freude beim Leiter Customer Support und seinem Team riesig. Die Bestätigung eine gute Arbeit zu machen und den richtigen Weg zu gehen ist ein unheimlich wichtiger Antrieb. Auf den verschiedenen Plattformen haben wir immer mehr User und wir bekommen viel Lob für unsere Arbeit, was uns auf unserem Weg bestätigt und Elan gibt für die weiteren Schritte.
Ich bedanke mich bei Patrick Moeschler und Sara Wyss für dieses Gespräch.