Kommunikation in der digitalen Transformation: Trendstudie 2024 mit Agenda zur KI für die Schweiz

Trendstudie 2024 für die Schweiz:  Kommunikation in der digitalen Transformation

Wie verändert sich die Unternehmenskommunikation und ihre Rolle in der Organisation durch den Einsatz digitaler Technologien? Diese Frage untersucht das Forschungsprojekt “Kommunikation in der digitalen Transformation” seit 2018 alle zwei Jahre für die Schweiz. Kürzlich ist die vierte Ausgabe erschienen. Der Fokus der Trendstudie 2024 liegt auf der generativen künstlichen Intelligenz. Aus den Ergebnissen der Expertinnenrunde und der Online-Befragung ist die Agenda 1.0 für das Fokusthema Generative KI mit sechs Handlungsanweisungen entstanden.


Update vom 23. Oktober 2024: Dank Notebook LM stehen die wichtigsten Erkenntnisse der Studie auch als Audio zur Verfügung. Alles zu diesem KI-Anwendungsfall finden Sie am Ende dieses Artikels.


Für die Trendstudie 2024 wurden 15 Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Schweiz und Deutschland geführt. Auch für die aktuelle Trendstudie wurde ich als Expertin zum Fachgespräch eingeladen. Zudem nahmen 115 Kommunikationsverantwortliche an der Online-Befragung teil.

Dem Bericht zufolge herrscht weitgehend Einigkeit darüber, was unter Generativer Künstlicher Intelligenz zu verstehen ist. Aus verschiedenen Quellen lässt sich folgende Definition ableiten: “Generative KI ist ein Teilbereich der Künstlichen Intelligenz, der sich auf der Grundlage gelernter Daten auf die Erzeugung neuer Inhalte in Form von Text, Bild, Video, Audio oder Codes konzentriert.”

Generative KI im Fokus der Trendstudie 2024

Die Online-Befragung griff die Themen der Vorstudien auf, ergänzt um Fragen zur Anwendung von KI. Die Experteninterviews hingegen konzentrierten sich ausschliesslich auf das Fokusthema Generative KI. Dies ermöglichte vertiefte Erkenntnisse zum Einsatz Generativer KI in Kommunikationsabteilungen.

Ich wollte von Prof. Nicole Rosenberger wissen, was ihre wichtigste Erkenntnis aus der vierten Trendstudie ist: “Die CCOs sind sich sehr bewusst, dass die Generative Künstliche Intelligenz die Transformation der Kommunikationsabteilungen beschleunigen wird. Sie sehen die neuen Tools primär als Chance, das Kommunikationsmanagement weiter zu automatisieren, und dies entlang der ganzen Wertschöpfungskette.”

Das Corporate Newsroom-Modell ist nach wie vor die beliebteste Form der Organisation von Kommunikation. Automatisierung wird nicht nur in den bereits etablierten Anwendungsfeldern Analytics und Content-Übersetzung eingesetzt, sondern zunehmend auch in der Content-Erstellung und -Verarbeitung.


Automatisierung Kommunikationsarbeit im Vergleich. Online-Befragungen von CCOs 2020, 2022, 2024, ZHAW Trendstudie 2024

Mit Blick auf die Zeitachse von 2020 bis 2024 (Abbildung oben) hat sich eine Reihe von Verschiebungen ergeben. Insbesondere die Übersetzung hat an Bedeutung zugelegt: von 37,6 % im Jahr 2020 auf 65,2 % im Jahr 2024. Auch die Content-Erstellung (von 1,2 % auf 15,7 %) und Bearbeitung von Content (von 12,9 % auf 27 %) haben einen Sprung gemacht. Dagegen nutzen 2024 weniger Kommunikationsabteilungen die Möglichkeit der automatisierten Content-Distribution als vier Jahre zuvor (27 % statt 38,3 %).

Die digitale Transformation und der Einsatz von generativer KI verändern nicht nur die Unternehmenskommunikation als Abteilung, sondern auch ihre Rolle im Unternehmen. Dies wird rund eineinhalb Jahre nach der Lancierung von ChatGPT und der seither rasanten Verbreitung von KI-Anwendungen auch für eine breite Nutzergruppe deutlich.

Überraschend ist für Katharina Krämer gegenüber früheren Trendstudien, dass “CCOs den digitalen Reifegrad ihrer Kommunikationsabteilungen 2024 niedriger bewerten als vor zwei Jahren. Dies verdeutlicht den enormen Druck, den der rasante Wandel auf die Kommunikationsabteilungen ausübt. Die Massstäbe verschieben sich kontinuierlich: Was gestern noch als innovativ galt, ist heute bereits überholt.”

Gemäss der Online-Befragung wird Generative KI bereits in einem Drittel der Schweizer Kommunikationsabteilungen systematisch eingesetzt, hauptsächlich bei der Texterstellung und -bearbeitung. ChatGPT von OpenAI ist dabei unangefochtener Spitzenreiter. Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit, klare Richtlinien und Schulungen für den Einsatz von KI-Tools zu entwickeln.

Potenzial und Risiken

Das Thema ist noch jung und wir bewegen uns in einem Spannungsfeld zwischen überzogenen Erwartungen und grosser Skepsis. Bei den Potenzialen erwarten die Befragten vor allem Effizienzgewinne und erhoffen sich kreativere Lösungen und Kosteneinsparungen durch den Einsatz von generativer KI. Die Liste der Risiken ist ungleich länger. 80 Prozent erwarten Probleme durch Fakes und Deepfakes. Aber auch rechtliche und ethische Fragen stehen ganz oben auf der Agenda.

Potenzial und Risiken von Generativer KI, Trendstudie Schweiz 2024

60,9 % der Befragten geben an, in der Experimentierphase zu sein: Generative KI ist also auch in der Kommunikation angekommen. Spitzenreiter in der Anwendung ist die Textgenerierung, Bildgeneratoren werden noch zurückhaltend eingesetzt. Für den Einsatz von Generativer KI rückt die gesamte Wertschöpfungskette der Kommunikation in den Fokus. Mithilfe von KI lassen sich Analyse, Kreation, Produktion und Distribution automatisieren.

Agenda 1.0 für das Fokusthema Generative KI

Die Studie formuliert zwei Agenden, die den für die Kommunikation Verantwortlichen als Orientierung dienen sollen. Die Autoren haben die Agenda für die Kommunikation in der digitalen Transformation aus der dritten Trendstudie nur leicht überarbeitet, die Kernpunkte sind nach wie vor gültig, zu finden in diesem Blogbeitrag.

Eine neue, separate Agenda zum Fokusthema Generative KI mit sechs Punkten soll helfen, den Einsatz dieser Technologie in der Kommunikation zu gestalten. Diese sind hier im vollständigen Wortlaut der Studie entnommen:

  1. Generative KI betrifft die Kommunikationsfunktion im Kern. Um glaubwürdig und relevant zu bleiben, muss die Kommunikation deren Implementierung in der eigenen Abteilung entlang der ganzen Wertschöpfungskette vorantreiben. Sie hat Vorbildcharakter im Unternehmen.
  2. Generative KI verändert das Kompetenzprofil der Kommunikations-Mitarbeitenden. Um die digitale Resilienz zu stärken, braucht es ein systematisches Upskilling, aber auch die gezielte Förderung einer adaptiven Kultur.
  3. Effizienzgewinne durch die Automatisierung des Kommunikationsmanagements sollten aktiv für Strategieentwicklung, Beratung und persönliches Stakeholder-Management genutzt werden. Sonst droht ein Verlust an Akzeptanz und Ressourcen.
  4. Generative KI erlaubt, den Tone of Voice unternehmensweit zu implementieren. Themen, Kernbotschaften sowie Sprach- und Bildwelten in einer unternehmensweiten Kommunikationsplattform zusammenzuführen, hebt die integrierte Kommunikation auf ein neues Level.
  5. Die Kommunikationsabteilung muss eine aktive Rolle in der Sensibilisierung und Befähigung der Mitarbeitenden spielen – im Zusammenspiel mit HR und IT. Idealerweise wird sie zum internen Kompetenzzentrum für den Umgang mit Generativen KI-Tools.
  6. Die Generative KI schafft Chancen und Risiken für die Organisation. Geklärt werden muss der Stellenwert dieser Technologie für die Positionierung der eigenen Organisation. Die Kommunikation ist entsprechend auszurichten. Das sichert Authentizität und schafft intern und extern Vertrauen und Akzeptanz.

Für Markus Niederhäuser ist klar: «Die Effizienzgewinne durch den Einsatz der Generativen KI sollten für die strategische Weiterentwicklung der Kommunikation und für den direkten Stakeholder-Dialog genutzt werden. Ansonsten werden Kommunikations-Ressourcen einfach weggespart.»

Auch für die Agenda 1.0 zum Fokusthema Generative KI war das Framework von Markus Niederhäuser und Nicole Rosenberger leitend, wie es in diesem Beitrag beschrieben ist. Auf der Mikroebene steht die digitale Transformation der Kommunikationsabteilung im Mittelpunkt, auf der Mesoebene die Rolle der Unternehmenskommunikation im Transformationsprozess der Gesamtorganisation und auf der Makroebene die Förderung der Akzeptanz des Transformationsprozesses in Markt und Gesellschaft. Im Bericht sind die Erkenntnisse für jede Ebene vertieft und für die Agenda zusammengefasst.

Markus Niederhäuser, Katharina Krämer, Prof. Dr. Nicole Rosenberger

Die Trendstudie 2024 wurde in der vierten Durchführung von Prof. Nicole Rosenberger, Markus Niederhäuser und Katharina Krämer vom Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM der ZHAW erarbeitet.

Eine Einführung zur Studie finden Sie im Blog Languages Matters der ZHAW und hier den Link zum kostenlosen Download der Trendstudie Schweiz 2024.

Studie als Podcast dank NotebookLM

Auf der Google I/O 2023 wurden eine Reihe von KI-Experimenten vorgestellt, darunter das Projekt Tailwind – ein neuartiges Notizbuch, das Menschen helfen soll, schneller zu lernen. Inzwischen ist aus dem Projekt ein Produkt geworden: Notebook LM, und es schlägt, zumindest in meiner Bubble, hohe Wellen. Zu Recht!

NotebookLM ist ein KI-basiertes Notizbuch von Google, das entwickelt wurde, um Nutzern bei der Interaktion mit ihren Dokumenten zu helfen. Es setzt künstliche Intelligenz ein, insbesondere das Google Gemini-Modell, um Informationen aus hochgeladenen Quellen zu analysieren und zu verarbeiten.

So weit, so gut. Das hatten wir schon. Was aber an dieser Lösung überraschend ist: Es kann Audio. Das heisst, es ist in der Lage, Dokumente in Podcasts umzuwandeln. Diese Funktion erzeugt eine dynamische Diskussion zwischen zwei KI-Hosts über den Inhalt des Dokuments, was zu einem recht ansprechenden Audioclip führt. Und das auf Knopfdruck.

Es werden nur ein oder mehrere Dokumente und ein Prompt benötigt. Es ist selbstredend, dass in den Upload keine vertraulichen Dokumente gehören. Per Default arbeitet NotebookLM noch in englischer Sprache, man kann ihm aber im Prompt mitteilen, dass die deutsche Sprache erwünscht ist. Das kann in diese Richtung gehen, “Richte den Podcast ausschliesslich auf ein deutsches Publikum aus! Generiere nur auf Deutsch.” oder “Hosts can only speak German”. Ich gehe davon aus, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis auch diese spezifische Angabe überflüssig wird.

Gelesen habe ich von NotebookLM zum ersten Mal in einem LinkedIn-Post von Dominik Ruisinger (Buchautor von Das Ende von Social Media). Dann hat Sophie Lüttich Nägel mit Köpfen gemacht. Sie hat die ZHAW-Trendstudie als Test genommen und was dabei herausgekommen ist, ist auch aus Sicht der Studienautoren beachtlich.

So hat Sophie am 22. Oktober gepostet. Der Post ist länger und wird wohl immer wieder um Erfahrungen aktualisiert. Darum ist das folgende Bild mit LinkedIn verbunden. Einfach anklicken.

Sophie Lüttich auf Linkedin (mit Bild verlinkt)
„Wow, das ist wirklich n krasser Unterschied!“

Das habe nicht ich gesagt, sondern die mit Hashtag#KI generierte Stimme in Hashtag#NotebookLM von Google über eines der Ergebnisse der Publikation „Kommunikation in der digitalen Transformation – Trendstudie Schweiz 2024 Mit Fokusthema: Generative Künstliche Intelligenz“

Danke an dieser Stelle an die ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften für diese Studie, die auch für Kommunikationsanteilungen in Deutschland sehr spannend ist. Und danke an Marie-Christine Schindler, die darüber gebloggt hatte: https://lnkd.in/eSEfA5xp.

Hier kann man in die Aufnahme hineinhören:

Ich habe die Studienautoren um ihre Einschätzung nicht nur Podcast-technisch, sondern auch um Inhalt. Markus Niederhäuser hat im Namen des Teams umgehend geantwortet:

Als Co-Studienautor – zusammen mit Nicole Rosenberger und Katharina Krämer – habe ich spontan folgende Bemerkungen dazu:

  • Ich habe vor wenigen Wochen genau dieses Experiment mit unserer Studie und NotebookLM gemacht. Und ich war auch ziemlich baff, was diese KI leisten kann. Wahnsinn, nicht?
  • Danke für den Hinweis, dass man jetzt auch eine deutsche Version machen kann, das wusste ich nicht.
  • Ohne jedes Faktum im Podcast genau geprüft zu haben: Die Leistung der KI ist absolut erstaunlich, sowohl inhaltlich als auch sprachtechnisch. Wenn ich da an den Produktionsaufwand von realen Podcasts denke…
  • Das Beispiel weist aber auch auf die Gefahren der KI hin: Sophie Lüttich hat ja in diesem Experiment die Quelle und die benutzte KI offengelegt. Setzt man die KI einfach unbedarft oder gar absichtlich böswillig ein, so eröffnen sich viele Möglichkeiten von Missverständnissen oder gar des Missbrauchs. Man muss nur daran denken, dass ja auch die Stimmen von Personen mittlerweile gut generierbar sind.
  • Zum Schluss: Dass die KI unsere gute alte ZHAW als ZHawaii ausspricht, fand ich ausgesprochen kreativ 😀.

Dass es zwischen den Sprachen Qualitätsunterschiede gibt, zeigt der Nachtrag von Markus Niederhäuser auf LinkedIn:

  • Ich habe die Aufnahme noch einmal genau angehört. Die Version, die ich vor zwei Wochen von NotebookLM von unserer Studie machen liess (auf Englisch), war inhaltlich besser. Es ging bei jener Version wirklich nur um die Inhalte der Studie. Bei der vorliegenden Version geht es gegen Ende des Podcasts plötzlich sehr stark um lebenslanges Lernen, was wir so in der Studie gar nicht thematisiert haben. Man könnte sagen, eine Spielart des Halluzinierens: Die KI redet plötzlich über Dinge, die sie sich eher zufällig aus ihrem unendlichen Datenfundus zusammenreimt. Aber zum Thema passt und auch inhaltlich korrekt ist.

NotebookLM, wie wir es heute kennen, und ich meine wirklich heute, wird morgen nicht mehr so sein. Wir können davon ausgehen, dass sich auch die Sprache noch einmal deutlich verbessern wird. Heute klingt sie manchmal noch etwas holprig und man hört, dass die Sprecher eingedeutscht wurden. Aber ähnlich wie bei der bildgenerierenden KI wird auch hier die Qualität sprunghaft ansteigen.

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