Im Herbst 2023 entschied das UKOM-Team der Berner Kantonalbank AG (BEKB), die Unternehmenskommunikation und das Marketing nach dem Newsroom-Modell zu organisieren. Es folgte ein intensiver, mehrmonatiger Prozess, in den das ganze Team involviert war. Ich durfte ihn als Beraterin und Sparringspartnerin begleiten. Nach der Fertigstellung des Konzepts und des Newsroom-Handbuchs folgte Mitte September 2024 die Pilotphase. Für die themenzentrierte Arbeit stand das neu entwickelte BEKB-Themenhaus am Start. Seit Anfang 2025 ist der BEKB-Newsroom im Vollbetrieb. Wie viel kann man für den Start vorbereiten? Wie wurde das neue Themenhaus in die Prozesse des Newsrooms implementiert?
Das wollte ich von meinen beiden Gesprächspartnern wissen. Dagmar Fässler-Zumstein, Leiterin Unternehmenskommunikation & Marketing und ihr Stellvertreter Marc Wyttenbach, Leiter Sponsoring & Partnerschaften, nahmen sich die Zeit, ihre Erfahrungen mit mir zu teilen.
Gemeinsames Verständnis als Basis
„Grundlegend, aber auch anspruchsvoll war es, von Anfang an ein gemeinsames Verständnis für den Newsroom als Modell und ein klares Zielbild für den BEKB-Newsroom zu schaffen“, sagt Marc Wyttenbach rückblickend.
Was verstehen wir unter integrierter Kommunikation? Welche Ziele wollen wir mit dem Newsroom erreichen? Wie sieht der Kernauftrag des Newsrooms aus und was muss anderweitig abgedeckt werden? Das Team der BEKB hat nicht nur den Newsroom entwickelt, sondern auch die Organisation der Abteilung auf den Prüfstand gestellt.

Bei der Entwicklung des Newsrooms orientierte sich das UKOM-Team an den vier Handlungsfeldern des Newsrooms. Nach einer gründlichen Analyse und Projektklärung machten sich sechs Gruppen an die Arbeit. In breit abgestützten Arbeitspaketen vertieften sie verschiedene Themen und trugen mit ihren Ergebnissen zum Konzept und zum Newsroom-Handbuch bei. Parallel dazu übernahm die Projektleitung das Arbeitspaket interne Kommunikation und Change. So wurden nicht nur wichtige Stakeholder innerhalb der Bank zuverlässig involviert, mit regelmässigen Puls-Checks und Workshops wurden alle Mitarbeitenden des Bereichs ins Boot geholt.
Konzept und Manual als Kompass
Zum Start des Pilotprojekts lag ein Newsroom-Konzept vor, das die wesentlichen Punkte des BEKB-Newsrooms enthält. Es dient als Kompass und erleichtert die interne Kommunikation in der Organisation. Es ist final und bleibt in sich statisch.
Das Newsroom-Manual ist wesentlich detaillierter, dient – wie der Name schon sagt – als Handbuch für alle Beteiligten und wird zudem in festgelegten Zeitabständen aktualisiert. Mit dem Pilot-Start wurde auch die verantwortliche Person für die Aktualisierung des Manuals bestimmt.
Die Grundlagen des BEKB-Newsrooms sind im Handbuch verankert. Neben dem Zielbild und der Definition des Newsrooms vermittelt das Modell das ‚Big Picture‘ des BEKB-Newsrooms. Damit wird sichergestellt, dass alle vom Gleichen sprechen und am gleichen Strick ziehen.

Der Kernprozess des BEKB-Newsrooms
Weiter deckt das Manual diese Themen ab:
- Themenarbeit und Zielgruppenstruktur: Das Themenhaus wird detailliert beschrieben, was für das gemeinsame Verständnis und die Klarheit wichtig ist.
- Kanäle: Die Kanalarchitektur zeigt die Zusammenhänge, und die Kanalgruppen werden detailliert beschrieben und verantwortliche Fachleads sind zugewiesen.
- Rollen: Jede Rolle ist mit Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten definiert (AKV) und die fachlichen Zuständigkeiten sind geklärt. Es ist transparent geregelt, wer welche Rolle übernimmt.
- Gremien: Gefässe für die operative Zusammenarbeit und Schnittstellen für die operative Zusammenarbeit sind geklärt.
- Prozesse: Die Prozesskette aus Haupt- und Teilprozessen ist beschrieben, ebenso die Gefässe für die Koordination und die dafür notwendigen Grundlagen.
- Tools: Alle Hilfsmittel und Tools für die einzelnen Prozessschritte sind aufgelistet und Product Owner zugeordnet.
- Begrifflichkeiten: Damit alle vom Gleichen sprechen, sind zentrale Ausdrücke und Bezeichnungen, die den BEKB-Newsroom prägen, in einem Glossar geklärt.
Das Manual umfasst 55 Seiten: Ist das viel geduldiges Papier oder ein unverzichtbares Werkzeug? Wie aktuell ist es noch nach Abschluss der Pilotphase? Meine Gesprächspartner sind sich einig: Das Manual bewährt sich, auftretende Fragen und Unklarheiten werden überwiegend mithilfe des Handbuchs geklärt. Die Flughöhe stimmt also und der Nutzen wird erkannt. Auch neue Mitarbeiterinnen im Team können damit ausgezeichnet in den BEKB-Newsroom eingeführt werden.
Im nächsten Schritt werden die Erkenntnisse aus der Pilotphase eingearbeitet. Dazu Marc Wyttenbach: „Das Handbuch wird in Track-Change aktualisiert, sodass jeder im Newsroom die Änderungen nachvollziehen kann. Nach einem definierten Zeitraum wird eine neue, saubere Version abgelegt. Wir ändern das Handbuch nicht bei jeder Gelegenheit, sondern sammeln die Änderungen und führen sie in einem festen Rhythmus durch.“
Das Themenhaus im BEKB-Newsroom
Dass das Themenhaus in Bezug auf Aufbau und Inhalt im Manual sehr genau beschrieben ist, hat sich bewährt. Das gibt nicht nur den Themenmanagern ein gutes Briefing.

Im NewsDaily bewahrt es bei kurzfristigen und tagesaktuellen Themen bei allen Beteiligten den Fokus. Es hilft insbesondere dem Lead Newsroom, die eingehenden Themen und Wünsche besser zu gewichten und zu priorisieren. Und in der Redaktionsplanung im Weekly, aber auch in der Quartalsplanung ist allen klar, welche strategischen Themen im Newsroom gespielt werden. Der Kreis für die Quartalsplanung wird in diesem Jahr erstmals um Stakeholder aus anderen Bereichen (Schnittstellen) erweitert und auch für sie ist es hilfreich, das grosse Ganze zu sehen.
Das Themenhaus hängt nicht nur im BEKB-Newsroom. Es ist auch im Redaktionstool Kordiam hinterlegt, das nach der Logik des Themenhauses aufgebaut ist.
Der ganzheitliche Ansatz zeigt positive Auswirkungen. Ein weiterer, sehr erfreulicher Effekt ist: „Da alle stets das gesamte Themenspektrum im Blick haben, können sie sich stärker einbringen. Wenn sich eine Gelegenheit bietet, diskutieren wir gemeinsam und entwickeln das Thema weiter. Bei den aktuellen Themen handeln wir – im Rahmen der Vorgaben – flexibel und agil. Das gemeinsame Nachdenken fördert unsere Kreativität und wir denken stärker vernetzt im Sinne der gesamten Bank“, beschreibt Dagmar Fässler die positive Dynamik. Sie gesteht jedoch auch ein, dass dieser Entwicklungsprozess viel Zeit in Anspruch genommen hat. „Wir haben uns diese Reifezeit bewusst gegönnt, und das war eine gute Entscheidung.“
Nach Pilotbetrieb: positive Rückmeldungen
Wie in der Entwicklungsphase stellte das Leitungsteam auch während des Pilotbetriebs sicher, dass der Feedback-Kanal offen blieb. Am Ende der Pilotphase wurden erneut ein PulsCheck und Feedbackgespräche durchgeführt und in einer Teamveranstaltung reflektiert. Der Vergleich mit den Ergebnissen früherer Befragungen kann sich sehen lassen. Die Zufriedenheit ist deutlich gestiegen, die Mitarbeitenden fühlen sich besser informiert.
Aber auch für das gesamte Team und damit für die Bank ist der BEKB-Newsroom ein Gewinn:
- Die Sicht auf und das Verständnis für die Gesamtbank haben stark zugenommen.
- Die Transparenz innerhalb des Teams hat sich wesentlich verbessert.
- Der Mehrwert der Outside-In-Perspektive ist erkannt – die Lust auf mehr Proaktivität auch.
- Die Aktualität der BEKB-Themen ist, im Vergleich zu anderen KB, innert Kürze markant gestiegen.
- Die Informationsqualität hat sich mit dem Daily wesentlich verbessert – das motiviert grundsätzlich.
- Der Kernprozess sorgt bereits für mehr Klarheit, Zielorientierung und Geschwindigkeit.
All diese positiven Aspekte der Pilotphase sind Ansporn, gemeinsam noch besser werden zu wollen. Es gibt noch viel zu tun, wie die identifizierten Handlungsfelder zeigen.
Handlungsfelder aus der Pilotphase
Es gibt aber auch Handlungsbedarf und dieser zeigt auch das Delta zwischen solider Vorbereitung mit Konzept und Handbuch und der Umsetzung. Das Team hat den Start des Newsrooms vorbildlich vorbereitet. Dennoch gibt es in der Umsetzung Fragen zu klären und Grundlagen zu schärfen.
Drei Handlungsfelder haben sich herauskristallisiert:
Rollenklärung
Die AKV (Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung) sind überwiegend klar, die Rollen werden jedoch unterschiedlich gelebt. Es gibt auch leichte Anpassungen aus der Praxis, die in das Handbuch eingearbeitet werden.
Ein weiterer Punkt, der erst in der Praxis endgültig entwickelt werden kann, ist das Zusammenspiel zwischen den Rollen. Wo hört eine Rolle auf und wo fängt die nächste an und was braucht es für einen reibungslosen Übergang? Gleiches gilt im weiteren Kontext für das Zusammenspiel von Themenmanagement, Produktionsmanagement und Kanalmanagement.
Weitere Themen sind die Abgrenzung, wenn eine Person mehrere Rollen übernimmt, den gezielten Einsatz von Skills und den Umgang mit Flexibilität im Themenmanagement.
Prozessoptimierung
Die Koordination zwischen Themenmanagement und Produktionsmanagement wird weiter verbessert. Das Redaktionstool Kordiam wurde neu eingeführt. Hier sind Anpassungen in der Struktur notwendig, insbesondere bei der Abbildung des Themenhauses, der Einbindung in die Prozesse und der Pflege des Tools.
Themenarbeit
Die strategischen Themen und Fokusthemen sind mit dem Themenhaus gut definiert. Eine Trennung von Themen- und Kampagnenmanagement hat sich im Alltag sehr schnell als nicht notwendig erwiesen. Die Umsetzung vom Themeneingang mit Priorisierung über die Themenentwicklung auch mit Outside-In-Perspektive bis zum Monitoring wird noch Zeit in Anspruch nehmen.
Dagmar Fässler beschreibt ihre Erfahrungen mit den Rollen wie folgt: „Die Arbeit mit klar definierten Rollen, einschliesslich der AKV, war für uns eine bedeutende Neuerung. Zuvor gab es nur ungenaue, teilweise gar keine Stellenbeschreibungen. Jetzt müssen diese Rollen aktiv gelebt werden. Der Beginn eines Newsrooms erfordert Raum für Erfahrungen und eine gewisse Zeit zum Lernen. Diese Zeit haben wir uns bewusst im Rahmen des Pilotbetriebs genommen.“
Und so wird es auch in Zukunft weitergehen: Erfahrungen sammeln, auswerten und Anpassungen vornehmen. Daraus wird klar, dass ein Newsroom kein einmaliges Projekt ist, sondern ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess.
Der BEKB-Newsroom ist hier auf dem besten Weg. Ich danke Dagmar Fässler und Marc Wyttenbach für die Zeit, die sie sich genommen haben.