
In seinem Podcast Newsroom-Köpfe spricht Prof. Dr. Christoph Moss mit führenden Persönlichkeiten aus Medien, Unternehmen, Organisationen und Hochschulen. In gut zwei Jahren ist ein facettenreiches Bild der Praxis rund um den Corporate Newsroom entstanden. Für die 40. Folge hat mich Christoph Moss eingeladen, mit ihm über die Entwicklung und Perspektiven des Newsrooms zu sprechen. Dabei haben wir uns auch die Zeit genommen, die Rolle von CommTech und künstlicher Intelligenz zu beleuchten. Und wir haben einen Ausblick gewagt.
Zu Beginn jeder Folge fragt Christoph Moss seine Gäste nach ihrem beruflichen Werdegang. So ist – passend zu meinem 15-jährigen Firmenjubiläum im April – auch ein Rückblick auf meine eigene Entwicklung entstanden.
Von der Praxis zur Methode
Christoph Moss hat das Corporate-Newsroom-Modell entwickelt und 2011 bei Siemens zum ersten Mal umgesetzt. Meine Reise nach München in den Siemens Newsroom vor rund zehn Jahren war für mich der Ausgangspunkt einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema. Die Begegnung und die Einblicke in die Praxis haben mich inspiriert, meine eigenen Überlegungen weiterzuentwickeln. Daraus sind die vier Handlungsfelder des Newsrooms entstanden – als Denkmodell und praktisches Werkzeug für die strategische Kommunikation.
Die vier Handlungsfelder des Newsrooms bieten einen klaren Rahmen, um Kommunikation strategisch auszurichten und im Alltag handhabbar zu machen. Sie helfen, Strukturen zu schaffen, Zuständigkeiten zu klären und Prozesse effizient zu gestalten. Themenmanagement, Rollendefinition, Abläufe und Wirkungsmessung stehen dabei im Mittelpunkt.
Wer sich mit dem Aufbau eines Newsrooms beschäftigt, merkt schnell: Es braucht mehr als Tools und Räumlichkeiten. Erst wenn Themen klar priorisiert, Rollen gezielt verteilt und Prozesse aufeinander abgestimmt sind, kann Kommunikation ihre volle Wirkung entfalten. Die Handlungsfelder bieten dafür Orientierung, unabhängig davon, ob ein Unternehmen bereits in einem Newsroom arbeitet oder sich noch auf dem Weg dorthin befindet.
Besonders geholfen haben mir auf diesem Weg die frühe Nähe zur integrierten Kommunikation, das Denken in Zusammenhängen und ein gutes Gespür für Struktur.
Worum es im Gespräch ging
Im Zentrum des Gesprächs stand die Frage, wie sich die Kommunikation im digitalen Raum verändert und welche Rolle der Corporate Newsroom dabei spielt. Wir sprachen über meinen Einstieg in die Kommunikationsbranche und über den Stellenwert von Ausbildung und Wissensvermittlung, die mich bis heute prägen.
Ein weiteres Thema war die Bedeutung sozialer Netzwerke, insbesondere in ihren Anfängen, als sie noch reale Begegnungen und Kooperationen ermöglichten. Wir sprachen über die Chancen, die digitale Technologien für die Kommunikation bieten. Aber auch ihre Grenzen, insbesondere wenn es um strategische Entscheidungen, Wirkungsmessung und menschliche Einordnung geht.
Der Austausch hat gezeigt, wie wichtig es ist, technologische Entwicklungen wie Künstliche Intelligenz nicht isoliert zu betrachten, sondern in bestehende Denkmodelle und Prozesse einzubetten und sie mit Haltung zu verbinden.
Die Podcast-Folge ist am Ende dieses Beitrags verlinkt. Wenn Sie gezielt hineinhören möchten, gebe ich Ihnen hier eine kurze Übersicht:
- Bis Minute 11: Mein Werdegang, was mich als Kommunikationsfrau geprägt hat und wie es vor 15 Jahren zur Gründung von mcschindler.com kam.
- Ab Minute 12: Einstieg ins Thema Newsroom, die vier Handlungsfelder und die Rolle von Künstlicher Intelligenz.
- Ab Minute 18: Der Blick auf die Schweiz und wie die Kommunikationsbranche mit Digitalisierung und KI umgeht.
- Ab Minute 21: Warum Newsrooms scheitern können, welche Alternativen es gibt und wie kleinere Teams mit strategischem Themenmanagement starten können.
Diese Themen prägen mein berufliches Denken – und sie zeigen, worauf es in der Kommunikationsarbeit heute ankommt.
Drei Dinge, die zählen
Das Gespräch mit Christoph Moss war für mich nicht nur ein Rückblick auf prägende Stationen meiner beruflichen Laufbahn, sondern auch eine willkommene Gelegenheit, zentrale Grundsätze meines professionellen Denkens gedanklich neu zu ordnen.
Drei Aspekte sind mir dabei besonders deutlich geworden, weil sie mich schon lange begleiten, weil sie heute aktueller denn je sind und weil sie in der praktischen Kommunikationsarbeit den Unterschied machen.
Der Newsroom ist die Weiterentwicklung der integrierten Kommunikation
Ein Newsroom ist mehr als nur eine Bezeichnung. Viele Unternehmen sprechen vom Newsroom und gehen davon aus, dass sie mit dem Modell arbeiten, ohne die notwendigen Grundlagen geschaffen zu haben. Entscheidend ist nicht das Label, sondern wie die Zusammenarbeit organisiert wird.
Was heute als Newsroom-Modell diskutiert wird, hat seine Wurzeln in der integrierten Kommunikation: Ein Ansatz, bei dem alle Kommunikationsaktivitäten eines Unternehmens auf gemeinsame Ziele ausgerichtet und sorgfältig aufeinander abgestimmt werden, unabhängig von Kanal, Format oder Abteilung. Die Idee, Kommunikation themenzentriert, zielgruppenorientiert und kanalübergreifend zu denken, begleitet mich seit vielen Jahren.
Der Newsroom ist daher kein Bruch mit der Vergangenheit, sondern eine konsequente Weiterentwicklung. Er schafft Strukturen, in denen diese Prinzipien nachhaltig und effektiv umgesetzt werden können, mit klaren Rollen, definierten Prozessen und einem durchdachten Themenmanagement.
Ohne klare Rollen und Prozesse bleibt das Themenmanagement wirkungslos.
Viele Organisationen unterschätzen, wie wichtig definierte Rollen, Zuständigkeiten und Prozesse für den Erfolg im Newsroom sind. Themenmanagement funktioniert nur, wenn alle Beteiligten wissen, wofür sie verantwortlich sind, mit wem sie zusammenarbeiten und wie Inhalte gesteuert werden.
Rollen müssen mehr sein als Jobtitel. Sie benötigen einen Zweck, eine transparente und mit anderen Rollen abgestimmte Aufgabenbeschreibung, definierte Kompetenzen und klare Verantwortlichkeiten. Rollen sollten nicht nur einmalig definiert, sondern regelmässig überprüft und weiterentwickelt werden. Nur so kann das volle Potenzial eines Newsrooms ausgeschöpft werden.
Nicht jedes Unternehmen muss gleich einen voll ausgebauten Newsroom einführen. Gerade kleinere Unternehmen profitieren von einem strukturierten Umgang mit Themen, Zielgruppen und Kanälen. Ein strategisches Themenmanagement, ggf. mit einem Themenhaus, kann dafür einen klaren Rahmen bieten, auch ohne komplexe Tools oder aufwändige Infrastruktur.
CommTech und KI sind Hilfsmittel – keine Ersatzlösungen.
Technologien wie CommTech und künstliche Intelligenz bieten neue Möglichkeiten, Inhalte effizienter zu planen, zu personalisieren und auszuwerten. Sie ersetzen aber nicht das strategische Denken und die redaktionelle Verantwortung der Menschen, die hinter der Kommunikation stehen. Wie wichtig dieser Unterschied ist, zeigt sich gerade bei der Wirkungsmessung: KI kann Daten strukturieren und Muster erkennen; die Interpretation, Bewertung und strategische Einordnung bleiben aber menschliche Aufgaben.
Die Wirkungsmessung beginnt mit klar definierten Zielen, die aus der Unternehmens- und Kommunikationsstrategie abgeleitet werden. Diese müssen in konkrete Themen und Massnahmen übersetzt werden. Begleitet von einem transparenten Prozess entsteht so eine nachvollziehbare Grundlage, um die Zielerreichung verlässlich beurteilen zu können. Entscheidend ist nicht allein die verfügbare Technologie, sondern deren sinnvolle Einbettung und Anwendung mit Haltung.
Schweizer Stimmen im Podcast Newsroom-Köpfe
Ich freue mich besonders, dass im Podcast Newsroom-Köpfe auch weitere Gäste aus der Schweiz zu Wort gekommen sind:
#5 Manuela Marra, Schweizer Paraplegikerstiftung: Newsroom als Kulturschock (2023, 21 Min.) | Spotify | Apple Podcast | YouTube |
#10 Regina Gerdes, Hirslanden Zürich: Weg von der Dienstleistung, hin zur Beratung (2023, 19 Min.) | Spotify | Apple Podcast | YouTube |
#32 Roland Binz, Binz Consulting: Glaubwürdige Krisenkommunikation (2024, 28 Min.) | Spotify | Apple Podcast | YouTube |
#34 Martina Rettenmund, Sonja Kramer, SBB: Strategische Planung im Themenhaus (2024, 32 Min.) | Spotify | Apple Podcast | YouTube |
#40 Marie-Christine Schindler, mcschindler.com gmbh: Vier Handlungsfelder des Newsrooms (2025, 26 Min.) | Spotify | Apple Podcast | YouTube |
Der Blick zurück hat mir gezeigt, wie sehr sich die Kommunikation seit meinem Berufseinstieg verändert hat. Der Blick nach vorn macht deutlich, dass wir nie aufhören dürfen, uns mit den Entwicklungen in der Unternehmenskommunikation auseinanderzusetzen, insbesondere mit den gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen. Ein Podcast wie die Newsroom-Köpfe hilft dabei, Schritt zu halten. In diesem Sinne noch einmal herzlichen Dank an Christoph Moss, dass ich dabei sein durfte. Ich freue mich auf viele weitere Folgen.